1. Ein Anspruch auf Verlängerung einer nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erteilten Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG besteht nicht, wenn der mit dieser Regelung verfolgte Zweck bereits durch ein fiktives Verweilrecht nach § 81 Abs. 4 AufenthG erreicht worden ist.
2. Die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG erfordert grundsätzlich die Erfüllung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG.
3. Verhindert eine Ausländerbehörde die mögliche Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, kann hierin dann ein atypischer Sachverhalt gesehen werden, der ein Absehen von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG rechtfertigt, wenn der Ausländer nachweist, dass ihm die Aufnahme einer seinen Lebensunterhalt sichernden Erwerbstätigkeit möglich gewesen wäre, er sich um die Erteilung einer erforderlichen Beschäftigungserlaubnis nachdrücklich bemüht oder eine etwaige Versagung einer solchen Erlaubnis (erfolglos) angefochten hat.
(Amtliche Leitsätze)
[...]
Dieser Antrag ist indes unbegründet.
Hat ein Rechtsbehelf kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung, so kann das Verwaltungsgericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO anordnen. Ein solcher Antrag hat Erfolg, wenn die vorzunehmende Abwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes vorerst verschont zu bleiben, einerseits und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung andererseits zugunsten des Antragstellers ausfällt. Ein solches überwiegendes Interesse kann in den Fällen, in denen dem Rechtsbehelf – wie hier nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG – schon von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung zukommt, nur dann angenommen werden, wenn der Rechtsbehelf des Antragstellers offensichtlich oder doch zumindest mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird oder wenn sonstige Umstände gegeben sind, die es rechtfertigen, ausnahmsweise – in Abweichung von der gesetzlich getroffenen Wertung – dem Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.10.2003 – 1 BvR 2025/03 – juris Rn. 21 f.; BVerwG, Beschl. v. 14.4.2005 – 4 VR 1005/04 – juris Rn. 10 ff.).
Unter Zugrundelegung dieses Entscheidungsmaßstabes überwiegt bei der im gerichtlichen Aussetzungsverfahren vorzunehmenden Interessenabwägung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Ablehnungsbescheides. Denn es ist nach der im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen und nur möglichen summarischen Prüfung weder offensichtlich noch überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller einen Anspruch auf die begehrte Verlängerung seines Aufenthaltstitels nach § 31 AufenthG hat.
Ein Anspruch auf Verlängerung auf der Grundlage des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG besteht, wie es das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, nicht, weil der mit dieser Regelung verfolgte Zweck bereits durch die seit Bestandskraft der Befristungsentscheidung vom 2. März 2007 bestehende Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 4 AufenthG erreicht worden ist (vgl. GK-AufenthG, Stand: Januar 2010, § 31 Rn. 219 und zur Vorgängerregelung in § 19 AuslG: BVerwG, Urt. v. 24.5.1995 - 1 C 7.94 -, BVerwGE 98, 313, 317; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 1.2.2000 - 18 B 1120/99 -, NVwZ 2000, 1445, 1446).
Ein Anspruch auf Verlängerung auf der Grundlage des § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG besteht ebenfalls nicht. Nach dieser Bestimmung wird nach Ablauf der Jahresfrist des § 31 Abs. 1 AufenthG die Aufenthaltserlaubnis nach Ermessen verlängert (vgl. zur Vorgängerreglung in § 19 AuslG: BVerwG, Urt. v. 24.5.1995 - 1 C 7/94 -, BVerwGE 98, 313, 317). Zudem sind nach § 8 Abs. 1 AufenthG grundsätzlich die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG zu erfüllen (vgl. eingehend Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 8.02.2007 - 4 ME 49/07 -, juris Rn. 3; VG Osnabrück, Urt. v. 31.5.2006 - 5 A 28/06 -, juris Rn. 29 ff.; GK-AufenthG, Stand: Januar 2010, § 31 Rn. 220 ff.). Daran fehlt es hier zumindest im Hinblick auf die sich aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ergebende Voraussetzung. Der Antragsteller hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht hinreichend glaubhaft gemacht (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 921 ZPO), dass sein Lebensunterhalt gesichert ist.
Der Lebensunterhalt des Ausländers ist gesichert im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann (§ 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthG). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Der Antragsteller bezieht seit Januar 2009 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (vgl. Bescheid der Antragsgegnerin vom 12.2.2009). Dem entgegnet der Antragsteller lediglich, die Antragsgegnerin handele treuwidrig, wenn sie sich zur Begründung ihrer ablehnenden Entscheidung auf den Bezug von Sozialleistungen berufe. Denn der Antragsteller beziehe diese nur deshalb, weil die Antragsgegnerin seine wiederholten mündlichen Anträge auf Erteilung von Arbeitsgenehmigungen abgelehnt und ihm so die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit unmöglich gemacht habe. Abgesehen davon, dass der Antragsteller diese bloße Behauptung, die zudem anhand der Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin nicht nachzuvollziehen ist, nicht glaubhaft gemacht hat, steht sie der Annahme, die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG sei nicht erfüllt, nicht entgegen. Verhindert eine Ausländerbehörde die mögliche Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, kann hierin zwar unter Umständen ein atypischer Sachverhalt gesehen werden, der ein Absehen von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG rechtfertigt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 10.9.2001 - 11 S 2212/00 -, juris, Rn. 5). Ein solcher Sachverhalt ist hier aber nicht glaubhaft gemacht. Der Antragsteller hat weder konkret vorgetragen, dass ihm die Aufnahme einer seinen Lebensunterhalt sichernden Erwerbstätigkeit möglich gewesen wäre, er sich um die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis (vgl. § 10 BeschVerf) nachdrücklich bemüht oder eine Versagung dieser Erlaubnis (vgl. § 11 BeschVerf) angefochten hätte. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, die Antragsgegnerin habe allein oder maßgeblich die Erfüllung der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG verhindert. Im Übrigen war der Antragsteller schon aufgrund der nach § 81 Abs. 4 AufenthG fortgeltenden, mit Bescheid vom 26. August 2005 nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erteilten Aufenthaltserlaubnis berechtigt, eine Erwerbstätigkeit auszuüben (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 AufenthG).
Auch ein Absehen von der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nach § 5 Abs. 3 AufenthG hat die Antragsgegnerin zu Recht abgelehnt. Dass der Antragsteller einen Anspruch auf Erteilung der in § 5 Abs. 3 Satz 1 AufenthG genannten Aufenthaltstitel hätte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Nach dem Beschwerdevorbringen kommt auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG, die ein Absehen von der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG in das Ermessen der Antragsgegnerin stellen würde, nicht in Betracht. Denn aus dem Vorbringen des Antragstellers ist nicht ersichtlich, dass seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist. Zwar kann sich aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) ein inlandsbezogenes Abschiebungsverbot und damit eine rechtliche Unmöglichkeit im Sinne des § 25 Abs. 5 AufenthG ergeben. Ein Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens lässt sich aber nicht schon allein mit dem Argument bejahen, ein Ausländer halte sich bereits seit geraumer Zeit im Vertragsstaat auf und wolle dort sein Leben führen (vgl. EGMR, Urt. v. 7.10.2004 - 33743/03 -, NVwZ 2005, 1043, 1044, das eine Familie betraf, die seit 14 Jahren ihren Aufenthalt im Bundesgebiet hatte). Hinzukommen muss vielmehr, dass der Ausländer sein Privatleben, das durch persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen charakterisiert ist, faktisch nur noch im Aufenthaltsstaat als Vertragsstaat der EMRK führen kann (vgl. Senatsbeschl. v. 16.3.2010 - 8 ME 34/10 -). Anhaltspunkte hierfür bestehen nach dem Beschwerdevorbringen nicht, denn der Antragsteller hat lediglich auf die lange Dauer seines Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland hingewiesen. Scheitert damit die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis schon am mangelnden Vorliegen der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, kann der Senat hier dahinstehen lassen, ob der Antragsteller auch die Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erfüllt bzw. erfüllen muss.