OVG Saarland

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Zitieren als:
OVG Saarland, Beschluss vom 01.04.2010 - 2 A 486/09 - asyl.net: M16952
https://www.asyl.net/rsdb/M16952
Leitsatz:

Zum Umfang der Mitwirkungspflicht bei der Passbeschaffung.

Schlagwörter: Aufenthaltserlaubnis, Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen, Rückübernahmeabkommen, Pakistan, Mitwirkungspflicht
Normen: AufenthG § 25 Abs. 5, AufenthV § 5, AufenthG § 48 Abs. 3 S. 1, AufenthG § 82 Abs. 1 S. 1, AufenthG § 82 Abs. 4
Auszüge:

[...]

Der Vortrag begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), mit der das Begehren des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen auf der Grundlage des § 25 Abs. 5 AufenthG und eines Reiseausweises gemäß § 5 AufenthV abgewiesen wurde. [...]

Dem vom Kläger nicht weiter thematisierten Hinweis des Beklagten auf den Abschluss eines Rückführungsabkommens mit der Islamischen Republik Pakistan (vgl. dazu den Schriftsatz vom 24.9.2009, Bl. 91 der Gerichtsakte, wo von einer vorgesehenen Ratifizierung zum Jahresende 2009 die Rede ist) und der dadurch aufgeworfenen Frage, inwieweit in diesen Fällen überhaupt noch von einem dauerhaft fortbestehenden Ausreisehindernis im Sinne des § 25 Abs. 5 AufenthG ausgegangen werden kann (vgl. dazu zuletzt OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.1.2010 – 2 A 447/09 –, betreffend das "Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Arabischen Republik Syrien über die Rückführung von illegal aufhältigen Personen" vom 14.7.2008, BGBl. II 2008, 812), braucht nicht nachgegangen zu werden.

Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach § 25 Abs. 5 AufenthG setzt voraus, dass einem zur Ausreise verpflichteten Ausländer eine – auch freiwillige – Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen, die er nicht zu vertreten hat, objektiv unmöglich ist oder ihm, beispielsweise mit Blick auf grundrechtliche Gewährleistungen in Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK, subjektiv unzumutbar ist (vgl. zur Entwicklung der Auslegung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung Storr/Wenger/Eberle/Albrecht/Harms, Zuwanderungsrecht, 2. Auflage 2008, § 25 AufenthG Rn 24, BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 – 1 C 14.05 –, DVBl 2006, 1509). Das Ausreisehindernis darf nicht nur für einen überschaubaren Zeitraum bestehen, sondern muss absehbar dauerhaft sein. Auch der Umstand, dass das Hindernis entweder vom Ausländer selbst geschaffen wurde oder dass er die Möglichkeit hat, dieses zumutbar selbst zu beseitigen, steht dem Anspruch gegebenenfalls zwingend entgegen. Insoweit ist die Frage, ob die seine aktuelle Ausreiseunmöglichkeit begründende Passlosigkeit des Klägers auf einem vorwerfbaren eigenen Verhalten beruht, auch im Zulassungsverfahren zentraler Gegenstand des Vorbringens der Beteiligten.

Das wurde in dem angegriffenen Urteil zu Recht angenommen. Dem Verwaltungsgericht ist insbesondere insoweit zuzustimmen, dass sich bei dem Kläger nach Aktenlage aufdrängt, dass er im Grunde nicht daran interessiert ist, die Bundesrepublik zu verlassen und so seiner mit dem negativen Abschluss seines Asylverfahrens vollziehbar begründeten Ausreisepflicht (§§ 50 Abs. 1 und 2 AufenthG, 67 Abs. 1 Nr. 6 AsylVfG) nachzukommen. Insofern stellt es allenfalls eine vornehme Umschreibung dar, wenn der Kläger im Zulassungsantrag ausführt, er bemühe sich "in Kooperation mit dem Beklagten seit Jahren um die Erlangung eines für die Ausreise erforderlichen Pass- oder Passersatzpapiers". In dem erstinstanzlichen Urteil wird zutreffend herausgestellt, dass der Kläger aktenkundig belegbar – und etwas anderes behauptet er auch nicht im Zulassungsantrag – ausschließlich im Wege der vorher förmlich durch Verwaltungsakt angedrohten Vorführung (§ 82 Abs. 4 Satz 1 AufenthG) im Februar 2007 mit der Vertretung seines Heimatstaats persönlich in Kontakt getreten ist. Nach Ergehen des angegriffenen Urteils wurde der Kläger am 6.11.2009 inzwischen ein zweites Mal "vorgeführt". Das Verwaltungsgericht hat in dem Zusammenhang zu Recht festgestellt, dass der Kläger ersichtlich nie von sich aus Veranlassung gesehen hat, sich mit dem Generalkonsulat in Verbindung zu setzen oder dort vorzusprechen, um sein Anliegen nach Ausstellung von Papieren für die Rückreise zu fördern. Insoweit muss sich der Kläger daran erinnern lassen, dass die ihn treffende gesetzliche Pflicht zur "Mitwirkung" bei der Passbeschaffung nach § 48 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nicht dadurch erfüllt wird, dass er ausländerbehördliche Aufklärungsversuche nicht behindert und gewissermaßen "über sich ergehen lässt". Nach § 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG hat der Ausländer vielmehr allgemein für den Vollzug des Ausländergesetzes notwendige Unterlagen "beizubringen", wobei die Behörde allenfalls Hinweis- und gegebenenfalls Unterstützungspflichten treffen. Dass der Beklagte beziehungsweise das insoweit früher zuständige Landesamt für Ausländer- und Flüchtlingsangelegenheiten diesen Verpflichtungen genügt hat, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden. Der Kläger wurde seit Jahren vielfach aufgefordert, sich um seine Angelegenheiten zu kümmern und der Beklagte ist im gleichen Zeitraum ständig bemüht gewesen, dieses Anliegen durch eigene Maßnahmen sinnvoll und zielführend zu fördern. In Verfahren auf Erlangung eines aufenthaltsrechtlichen Titels gehört es im Übrigen, ohne dass dies hier nach den konkreten Fallumständen vertieft werden müsste, nach der Rechtsprechung des Senats nicht zu den Pflichten der Ausländerbehörde, zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts eine zwangsweise Vorführung nach § 82 Abs. 4 AufenthG zu veranlassen (vgl. dazu OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 23.7.2008 – 2 A 151/08 –, SKZ 2009, 130, Leitsatz Nr. 57, insbesondere zur Verpflichtung des einen Anspruch nach § 25 Abs. 5 AufenthG reklamierenden Ausländers, sich – konkret zum Zwecke der Klärung der Staatsangehörigkeit – mit der jeweiligen Auslandsvertretung in Verbindung zu setzen und gegebenenfalls auch dort selbst vorstellig zu werden, und vom 2.12.2009 – 2 A 444/08 –, SKZ 2010, 73, Leitsatz Nr. 68, zum Umfang der Mitwirkungspflicht des Ausländers bei Ermittlungen zu persönlichen Verhältnissen auch im Heimatland). [...]