BVerwG

Merkliste
Zitieren als:
BVerwG, Beschluss vom 19.01.2010 - 1 B 25.09 - asyl.net: M17054
https://www.asyl.net/rsdb/M17054
Leitsatz:

Der Umstand, dass der im Bundesgebiet geborene und aufgewachsene Kläger weder über einen Schulabschluss noch über eine Berufsausbildung verfügt und seinen Lebensunterhalt bislang nahezu ausschließlich aus öffentlichen Sozialleistungen bestritt, reicht für sich allein nicht aus, um ungeachtet aller anderen Besonderheiten des Falles eine Verwurzelung des im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht 20 Jahre alten Klägers zu verneinen.

Schlagwörter: Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen, außergewöhnliche Härte, Verwurzelung, Integration, wirtschaftliche Integration, Verhältnismäßigkeit
Normen: AufenthG § 25 Abs. 4 S. 2, EMRK Art. 8, GG Art. 2 Abs. 1, GG Art. 6 Abs. 1
Auszüge:

[...]

Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg, da sie nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt. [...]

Auch die weitere von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob trotz vollständigen Fehlens bzw. allenfalls noch zu erwartender beruflicher und wirtschaftlicher Integration eines Ausländers von einer Verwurzelung bzw. gelungenen Integration eines Ausländers im Bundesgebiet ausgegangen werden kann mit der Folge, dass eine Aufenthaltsbeendigung eine außergewöhnliche Härte im Sinne von § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG darstellen kann, rechtfertigt keine Zulassung der Revision. Auch in diesem Zusammenhang zeigt die Beschwerde keine grundsätzlich klärungsbedürftige Rechtsfrage auf, die in dem angestrebten Revisionsverfahren verallgemeinerungsfähig beantwortet werden könnte. Allein der Umstand, dass der im Bundesgebiet geborene und aufgewachsene Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts weder über einen Schulabschluss noch über eine Berufsausbildung verfügt und seinen Lebensunterhalt bislang nahezu ausschließlich aus öffentlichen Sozialleistungen bestritt, reicht für sich allein nicht aus, um ungeachtet aller anderen Besonderheiten des Falles eine Verwurzelung des im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht 20 Jahre alten Klägers zu verneinen. Insoweit ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass die Beurteilung, ob die Beendigung des Aufenthalts eines hier aufgewachsenen Ausländers eine außergewöhnliche Härte im Sinne von § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG darstellt, in erster Linie eine tatrichterliche Aufgabe darstellt. Dabei sind das Ausmaß der Verwurzelung bzw. die für den Ausländer mit einer "Entwurzelung" verbundenen Folgen unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG sowie der Regelung des Art. 8 EMRK zu ermitteln sowie unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu gewichten und mit den Gründen, die für eine Aufenthaltsbeendigung sprechen, abzuwägen (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2009 - BVerwG 1 C 40.07 - BVerwGE 133, 73 Rn. 20). Dies ist hier geschehen. Nichts anderes ergibt sich im Übrigen aus der von der Beschwerde angeführten Entscheidung des Senats vom 30. April 2009 - BVerwG 1 C 3.08 - (NVwZ 2009, 1239), in der der Senat lediglich unter den dort gegebenen Umständen des Falles im Ergebnis eine schützenswerte Verwurzelung abgelehnt hat. [...]