Im Strafverfahren hat jeder Angeklagte das Recht, seine Taten zu bestreiten. Dies gilt auch für einen Verurteilten, der zuerst ein Geständnis abgelegt hat. Ebenfalls erscheint es nicht nachvollziehbar, aus diesem Verhalten eine negative Legalprognose hinsichtlich einer Aussetzung des Rests der Freiheitsstrafe nach Verbüßung von zwei Dritteln zur Bewährung herzuleiten.
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Der Antrag des Verurteilten auf Aussetzung des Strafrestes ist begründet. Gemäß § 57 Abs. 1 StGB ist die Vollstreckung des Restes der zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn
1. zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch 2 Monate, verbüßt sind,
2. dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann und
3. die verurteilte Person einwilligt.
Zwei Drittel der verhängten Freiheitsstrafe wird der Verurteilte am Tagesende des 19.01.2010 verbüßt haben. Die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung hat er beantragt. Unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit kann auch seine Entlassung verantwortet werden.
Der Verurteilte befindet sich im Erstvollzug. Er hat sich am 19.03.2009 selbst zum Strafantritt gestellt und entsprechend der Aufnahmeempfehlung der JVA für eine Teilnahme an einer schulischen Maßnahme im Grundkurs beworben. Seit Juli 2008 nimmt er an entsprechenden Maßnahmen teil, die zur Verbesserung der Deutschkenntnisse, insbesondere der Schriftkenntnisse dienen. Weiter heißt es in der Stellungnahme der JVA:
"Im Haftalltag zeigt sich Herr ... als ruhiger und unauffälliger Gefangener, der den Weisungen und Anordnungen der Bediensteten nachkommt. Das innervollzugliche Verhalten ist beanstandungsfrei. Nach Abschluss der schulischen Maßnahme haben sich die Deutschkenntnisse stark verbessert. Zudem ist Herr ... seit Frühjahr 2009 als Hausmaler in der Schul- und Sportabteilung eingesetzt. Er renoviert dort die Hafträume. Bei diesen Arbeiten zeigte sich der Verurteilte als sehr zuverlässig und fleißig.
Am 12.08.2009 wurde Herr in die VA 3/56 zurückverlegt zwecks Arbeitseinsatz in der Bauinstandhaltung. Auch in diesem Bereich kommt der Verurteilte seiner Arbeitspflicht beanstandungsfirei nach - Hinweise auf Suchtgefährdung liegen nicht vor. Im Mai 2009 hat der Verurteilte an einer Info-Veranstaltung für Spielsüchtige teilgenommen. Im Anschluss daran halt Herr ... an mehreren Treffen der internen Anonymen Spielergruppe teilgenommen. Zurzeit findet diese Maßnahme nicht statt. Vollzugslockerungen werden derzeit nicht gewährt."
Aus welchen Gründen Vollzugslockerungen nicht gewährt werden, ist aus der Stellungnahme der JVA nicht ersichtlich. Dies erscheint zunächst unverständlich, denn weiter wird. ausgeführt, dass der Verurteilte ab Kontaktperson seine Ehefrau angegeben habe, mit der er zwei gemeinsame Kinder hat. Die Ehefrau des Angeklagten erscheint regelmäßig mit den Kindern zum Besuch in der JVA.
Beanstandet wird von der JVA lediglich - und damit die positive Legalprognose verneint -, dass der Verurteilte die Straftaten "leugne bzw. bagatellisiere". Daneben bestreite er, an allen ihm zur Last gelegten Taten beteiligt gewesen zu sein. Das Geständnis sei lediglich auf Rat des Verteidigers "aus prozesstaktischen Gründen" abgegeben worden. Zu den Taten äußere sich der Verurteilte "nur ausweichend"', die Tatabläufe und die Motivation für die Taten blieben "völlig offen".
Diese Gesichtspunkte sind nach Überzeugung der Strafvollstreckungskammer nicht ausreichend, eine positive Legalprognose zu verneinen. Der Verurteilte ist nicht verpflichtet, seine Taten im Strafvollzug einzuräumen oder sie in irgendeiner Weise zu erklären, um damit deutlich zu machen, dass er zu seinen Taten stehe und sie bedauere. Im Strafverfahren hat jeder Angeklagte das Recht, seine Taten zu bestreiten. Dies muss auch für einen Verurteilten gelten, selbst wenn er ein Geständnis abgelegt hat. Jedenfalls erscheint es nicht nachvollziehbar, aus diesen Verhalten des Angeklagten eine negative Legalprognose herzuleiten. Vielmehr deuten die anderen genannten Gesichtspunkte auf das Gegenteil hin. Es kommt hinzu, dass der Angeklagte nach seiner Entlassung zu seiner Familie ziehen kann und auch eine Bescheinigung vorgelegt hat, aus der sich ergibt, dass er, eine Arbeitsstelle bekommen wird. [...]