VGH Hessen

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Zitieren als:
VGH Hessen, Beschluss vom 24.11.2009 - 10 A 1419/09.Z - asyl.net: M17122
https://www.asyl.net/rsdb/M17122
Leitsatz:

Für die Ausbildungsförderung (BAföG) kommt es hinsichtlich der Erwerbstätigkeit der Eltern des Berechtigten nicht darauf an, ob Lohnsteuerpflicht besteht oder Sozialversicherungsbeiträge in der Bundesrepublik Deutschland gezahlt werden (hier: Sozialversicherungsabkommen vom 25.4.1973 zwischen Deutschland und Polen).

Schlagwörter: Ausbildungsförderung, Polen, Erwerbstätigkeit, Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträge
Normen: BAföG § 8 Abs. 3 S. 1,
Auszüge:

[...] Auf den Umfang des während der gesetzlich geforderten Dauer der Erwerbstätigkeit erbrachten Beitrags zum Sozialprodukt, aus dem nach der Intention des Gesetzgebers die Sozialinvestition Ausbildungsförderung geleistet werden kann, kommt es nicht an. Daher kann auch eine dauernde Erwerbstätigkeit, die nur eine minimale oder gegebenenfalls überhaupt keine Lohnsteuerpflicht zur Folge hat, durchaus die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG erfüllen; insoweit ist dem Gesetz keine Einschränkung zu entnehmen (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 23. September 1980 - IX OE 112/79 -). Dies gilt vorliegend gerade auch unter Einbeziehung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföGVwV), die eine gleichförmige Gesetzesanwendung sicherstellen soll. Nach Satz 1 der Nummer 8.2.6 BAföGVwV ist erwerbstätig eine Person, die eine selbständige oder nicht selbständige Tätigkeit ausübt und in der Lage ist, sich aus dem Ertrag dieser Tätigkeit selbst zu unterhalten. Diese Voraussetzungen waren bei dem Vater der Klägerin erfüllt.

Weder dem Gesetz noch der BAföGVwV ist ferner zu entnehmen, dass eine Erwerbstätigkeit im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG nur gegeben ist, wenn der Arbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge in der Bundesrepublik Deutschland zahlt. Der Umstand, dass Sozialversicherungsbeiträge in der Bundesrepublik Deutschland nicht entrichtet werden, kann keine Relevanz erlangen, wenn er - wie vorliegend - nicht aus dem geringen Umfang oder der kurzen Dauer der Erwerbstätigkeit resultiert, sondern daraus, dass die Bundesrepublik Deutschland mit dem Entsendestaat vereinbart hat, dass der entsandte Arbeitnehmer hinsichtlich der Sozialversicherung den Rechtsvorschriften des Entsendestaates untersteht, als wäre er in dessen Gebiet beschäftigt (vgl. Art. 2 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 des Abkommens vom 25. April 1973 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Sozialversicherung von Arbeitnehmern, die in das Gebiet des anderen Staates vorübergehend entsandt werden - BGBl. II 1974 S. 926 -). Die vom Gesetzgeber befürchtete missbräuchliche Inanspruchnahme von Ausbildungsförderung, die durch § 8 Abs. 3 BAföG verhindert werden soll, ist bei dieser Konstellation nicht zu besorgen. [...]