1. Die "International Sikh Youth Federation" (ISYF) ist eine Organisation im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG, die den Terror unterstützt.
2. Eine derartige Qualifizierung ist auch dann möglich, wenn aktuell keine terroristischen Aktivitäten mehr festgestellt werden können, die Organisation aber nach wie vor existent ist und sich von den früheren terroristischen Aktivitäten nicht glaubwürdig distanziert hat.
3. Mit den Bestimmungen des § 25 Abs. 3 AufenthG und des § 60 Abs. 2 AufenthG wurden die Vorgaben der Art. 15 lit. b, Art. 17 Abs. 1 und Art. 24 Abs. 2 RL 2004/83/EG nicht ordnungsgemäß umgesetzt.
4. Es bleibt offen, ob die Aufnahme einer Organisation in die VO (EU) 1285/2009 in der Weise Bindungswirkung entfaltet, dass auch in einem Ausweisungsverfahren bezüglich eines Mitglieds davon auszugehen ist, dass es sich bei der Organisation um eine terroristische Organisation handelt.
(Amtliche Leitsätze)
[...]
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung und begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. [...]
Der Kläger war nach den Feststellungen des Senats mehrere Jahre bis Ende 2007 Vorsitzender der ISYF Baden-Württemberg und ist in der Folgezeit weiter einfaches, aber aktives Mitglied und nimmt auch in dieser Stellung an vielfältigen Aktivitäten der Organisation in der Bundesrepublik Deutschland teil. Mitgliedschaft sowie Aktivitäten wurden im Berufungsverfahren vom Kläger ausdrücklich nochmals bestätigt.
Es steht auch für den Senat hinreichend verlässlich fest, dass die ISYF eine Organisation ist, die nach den dargestellten Grundsätzen und dem hiernach nicht zu eng zu verstehenden Unterstützungsbegriff den Terrorismus "unterstützt". Sie ist als Auslandsorganisation der "All India Sikh Student Federation" (AISSY) nach den vorliegenden Erkenntnismitteln zwar nicht ausschließlich, aber doch vorwiegend außerhalb Indiens tätig. Die ISYF war möglicherweise nicht selbst unmittelbar an terroristischen Aktivitäten beteiligt gewesen und hat insbesondere nicht zur Begehung solcher gerade in der Bundesrepublik Deutschland aufgerufen (vgl. Bundesamt für Verfassungsschutz v. 20. Juli 2004; BKA v. 1. April 2010; vgl. aber BND v. 13. April 2010, wonach gerade auch Mitglieder der ISYF nach 1984 an Anschlägen beteiligt gewesen und noch im Dezember 2006 militante Aktivisten der ISYF in Indien verhaftet worden seien; vgl. zudem das South Asia Terrorism Portal, Stand 1. März 2010, das von einer unmittelbaren Beteiligung spricht). Die Organisation sah und sieht, was ihre Auslandsaktivitäten betrifft, eine wesentliche Aufgabe und Funktion darin, Gelder zu sammeln, um damit zumindest auch die wirtschaftlichen Grundlagen der Bewegung zur gewaltsamen Loslösung eines unabhängigen Khalistan zu stärken, deren integraler Bestandteil jedenfalls in der Vergangenheit auch die Begehung terroristischer Akte war (vgl. Südasieninstitut v. 8. Juli 2008 und 26. April 2004; Bundesamt für Verfassungsschutz, Verfassungsschutzbericht 2008; BND v. 13. April 2010; South Asia Terrorism Portal, Stand 1. März 2010). Dass Gelder möglicherweise auch zur Unterstützung der Familien von "Märtyrern" verwendet wurden (vgl. hierzu die Äußerungen des Klägers im Asylerstverfahren und hierzu noch im Folgenden) steht dem nicht entgegen, da sich die Organisation nach den verwerteten Erkenntnismitteln keineswegs als karitativ versteht. Daneben ist die Organisation in vielfältiger Weise, insbesondere durch die Abhaltung sog. Märtyrergedenktage ideologisch und informatorisch tätig (vgl. hierzu die vorgenannten Erkenntnismittel). Zwar mag sie allein damit noch nicht den Tatbestand der Unterstützung erfüllen (vgl. hierzu und zu möglichen Bedenken BVerwG, U. v. 15. März 2005 – a.a.O. Rdn. 41). Diese Aktivitäten sind aber geeignet, das Gesamtbild abzurunden. Die AISSY wurde demgegenüber nach allen vorliegenden Erkenntnismitteln bis in die jüngste Vergangenheit als eine Organisation beschrieben und beurteilt, die personell und materiell selbst mit dem Sikh-Terrorismus in Indien, der auch in Pakistan einen sicheren Rückzugsraum gefunden hat und findet, in unmittelbarer Verbindung steht (vgl. Südasieninstitut v. 8. Juli 2008 und 26. April 2004; Bundesamt für Verfassungsschutz, Verfassungsschutzbericht 2008; Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg, Verfassungsschutzbericht 2008; Jamestown Foundation v. 9. Januar 2009; UNHCR v. 22. März 2006; Immigration und Refugee Board of Canada v. 16. April 2009; The Mackenzie Institute, 2006; South Asia Terrorism Portal, Stand 1. März 2010). [...]
Allerdings setzt der Tatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG voraus, dass der unterstützte Terrorismus überhaupt noch aktuell ist und nicht etwa der Vergangenheit angehört. Dieser einschränkende Aspekt folgt schon aus der Wertung des § 54 Nr. 5 Hs. 2 AufenthG und nicht zuletzt aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Vorschrift sanktioniert – anders als möglicherweise Art. 1 F lit. c) GFK bzw. Art. 17 Abs. 1 lit. c) QRL (vgl. hierzu unter II) – nicht etwa in der Vergangenheit liegende Verhaltensweisen, die sich auf terroristische Organisationen und deren Taten bezieht, die nicht mehr existent, überholt und ohne Gegenwartsbezug sind. Aus dem Umstand, dass nach den vom Verwaltungsgericht eingeholten bzw. verwerteten Stellungnahmen des Auswärtigen Amtes (vgl. insbesondere Stellungnahme vom 14. September 2009) seit etwa 2000 die den militanten Sikh-Organisationen zugerechneten terroristischen Gewalttaten nahezu zum Erliegen gekommen sein sollen und diesbezüglich in dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung auszugsweise vorgelegten Jahresbericht 2009/2010 des Ministry of Home Affairs of India nichts Entsprechendes mehr erwähnt wird (vollständig abzurufen unter www.mha.nic.in), kann jedoch gegenwärtig nicht geschlossen werden, im vorliegenden Fall könnte ein solcher Sachverhalt ohne den erforderlichen Gegenwartsbezug gegeben sein. Denn dieser vom Auswärtigen Amt konstatierte Zustand kann vielerlei Ursachen haben und lässt keinen hinreichend verlässlichen Schluss darauf zu, dass das terroristische Gewaltpotential endgültig aus der Welt sein könnte. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - maßgebliche Akteure des Terrors nach wie vor existieren. Denn der Umstand, dass gegenwärtig keine Aktivitäten zu beobachten sind, kann namentlich darauf beruhen, dass die finanziellen wie auch die personellen Ressourcen defizitär sind bzw. auch die Sicherheitsvorkehrungen entsprechend effektiv sind. Der BND (v. 13. April 2010) geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass jedenfalls die Strukturen des Sikh-Terrorismus in Indien zumindest weitgehend zerschlagen sind und ihm eine ausreichende Basis in der Bevölkerung fehlt, um gegenwärtig effektiv arbeiten zu können. Zudem ist zu bedenken, dass es auch in der jüngsten Vergangenheit durchaus zu Terrorakten gekommen ist, wie etwa der Anschlag im November 2008 in Mumbai (vgl. Jamestown Foundation v. 9. Januar 2009), die nicht zuverlässig zugeschrieben werden können.
Von wesentlicher Bedeutung für diese Einschätzung und die vom Senat zu treffende Feststellung eines noch hinreichend aktuellen Gegenwartsbezugs ist auch, dass in jüngster Zeit verschiedentlich darüber berichtet wurde, es gebe aktuelle Restrukturierungsbestrebungen des Sikh Terrorismus und insoweit insbesondere auch der Auslandsbetätigungen der ISYF (vgl. etwa Jamestown Foundation v. 9. Januar 2009; Immigration and Refugee Board of Canada v. 16. April 2009; South Asia Terrorism Portal Stand 1. März 2010; BND v. 13. April 2010). So wird von verstärkten Kontakten zum pakistanischen Geheimdienst berichtet und von Regruppierungen in Pakistan (vgl. Jamestown Foundation v. 9. Januar 2009; Immigration and Refugee Board of Canada v. 16. April 2009). Jedenfalls angesichts dieser Entwicklungen wäre es verfehlt und wenig lebensnah, wollte man verlangen, dass es erst wieder zu konkreten neuen terroristischen Akten kommen muss, bevor man von einer relevanten terrorismusbezogenen Unterstützung sprechen kann.
Unter diesen Umständen wäre das durch § 54 Nr. 5 AufenthG vorausgesetzte und vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 15. März 2005 näher beschriebene und, wie oben ausgeführt, keinesfalls zu hoch anzusetzende Gefährdungspotential allerdings dann entfallen, wenn eine glaubwürdige öffentliche und auch praktizierte Distanzierung von jeglichen terroristischen Praktiken von Seiten der ISYF erfolgt wäre. Dafür ist jedoch nichts ersichtlich (vgl. hierzu auch BKA v. 1. April 2010, das ausdrücklich eine erfolgte Distanzierung und entsprechende öffentlich bekannt gewordene Verlautbarungen verneint). Namentlich hat der Kläger auch auf entsprechende Hinweise im Berufungsverfahren keine diesbezüglichen Informationen geliefert, im Gegenteil: Er ist gerade in diesem Zusammenhang bemerkenswert einsilbig und unpräzise geblieben.
Zwar wird von in der Vergangenheit erfolgten Spaltungen der AISSY bzw. der ISYF berichtet (vgl. etwa UNHCR v. 22. März 2006; South Asia Terrorism Portal Stand 1. März 2010; Immigration and Refugee Board of Canada v. 16. April 2009; BND v. 13. April 2010). In diesem Zusammenhang wird aber schon nicht einmal deutlich, dass sich zumindest eine hinreichend abgegrenzte und abgrenzbare Fraktion herausgebildet haben könnte, die überzeugend und glaubwürdig endgültig und ohne "wenn und aber" dem Terrorismus die Gefolgschaft verweigert hätte und auch weiter verweigern würde. Abgesehen davon bestehen gerade auch nach dem Vorbringen im Berufungsverfahren keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass sich der Kläger – so es denn eine solche Fraktion überhaupt geben sollte – eindeutig und glaubwürdig gerade dieser zugewandt haben könnte und sich mit dieser identifizieren würde (vgl. zu diesem Aspekt im Kontext des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG BVerwG, U. v. 2. Dezember 2009 – 5 C 24.08), sodass von einem Wegfall der Voraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG auszugehen wäre. Auch hier hat der Kläger unübersehbar jede klare Stellungnahme und Einlassung vermieden und hat im Grunde alles offen und im Ungefähren gelassen. In diesem Zusammenhang ist hinsichtlich des Berufungsvorbringens noch darauf hinzuweisen, dass aus den verwerteten Erkenntnismitteln keine Anhaltspunkte abgeleitet werden können, dass nur die Babbar Khalsa dem Terrorismus zugerechnet werden kann, nicht jedoch die ISYF.
Bei der Würdigung der Person des Klägers und seiner politischen Betätigung sowie der persönlichen Einlassungen im Verfahren kann der Senat auch nicht außer Acht lassen, dass er bei seiner Anhörung durch das Bundesamt im Asylerstverfahren bestätigt hatte, an der Verteilung von Geldern an bedürftige Familien, die ihren Ernährer bei gewaltsamen Auseinandersetzungen in Indien verloren hatten, beteiligt gewesen zu sein. Weiter hatte er davon gesprochen, dass er geheime, ihm allerdings unbekannte Nachrichten als Kurier überbracht haben will. Schließlich hatte er die Anwendung von Gewalt bei der Schaffung eines unabhängigen Khalistan ausdrücklich gebilligt. [...]
Gleichwohl hat der Beklagte zusätzlich unterstellt, dass – nach Entfallen der Foltergefahr – es zu einer Trennung der Familie kommen könnte, insoweit dann aber mit Rücksicht auf die überragende Bedeutung des öffentlichen Interesses an einer konsequenten Bekämpfung des internationalen Terrorismus, das, wie dargelegt, insbesondere seine Rechtfertigung in den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland findet, einer Trennung der Familie den Vorzug eingeräumt. Insoweit handelt es sich um eine zwar nicht zwingende, gleichwohl rechtlich mögliche Ermessensentscheidung. Der Umstand, dass die Ausweisung nicht vollzogen werden kann, solange die Feststellung nach § 60 Abs. 2 AufenthG Bestand hat und kein aufnahmebereiter Drittstaat in Sicht ist, macht die Ausweisung – entgegen der Auffassung des Klägers - nicht ermessensfehlerhaft, insbesondere auch nicht unverhältnismäßig. Denn immerhin wird mit dieser zum einen konsequent jeder Aufenthaltsverfestigung entgegengewirkt, zum anderen werden dadurch die Aufenthaltsbeschränkungen des § 54a AufenthG ausgelöst. [...]
Dem Kläger steht auch keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG zu.
Der Senat kann letztlich offen lassen, ob der Bundesgesetzgeber mit der in § 25 Abs. 3 AufenthG gewählten Regelungsstruktur die Vorgaben der Richtlinie 2004/83/EG v. 29. April 2004 (sog. Qualifikationsrichtlinie - QRL) ordnungsgemäß und sachgerecht umgesetzt hat. Diese Umsetzung war hier bereits zum 1. Januar 2005 durch das Zuwanderungsgesetz und damit vor dem Verpflichtungsurteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26. Mai 2006 erfolgt.
Eine ordnungsgemäße Umsetzung ist allerdings nach Auffassung des Senats nicht erfolgt. Denn die in § 25 Abs. 3 Satz 2 Variante 3 AufenthG genannten Ausschlussgründe, sind nach den bindenden unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 17 Abs. 1 QRL solche, die bereits zwingend der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach Art. 15 lit. b) QRL entgegenstehen. Darüber hinaus ist das nationale Recht auch deshalb defizitär, weil der unionsrechtlich in Art. 18 QRL ausdrücklich auch für subsidiär Schutzberechtigte vorgesehene, dem Flüchtlingsstatus (vgl. Art. 13 QRL und insoweit ordnungsgemäß umgesetzt in § 3 Abs. 4 AsylVfG) vergleichbare förmliche Schutzstatus nicht eingeräumt wird, an den unmittelbar unionsrechtlich die (zahlreichen) Gewährleistungen der Art. 20 ff. QRL anknüpfen. Dass unionsrechtlich dieser Schutzstatus von essentieller Bedeutung ist, kommt auch darin zum Ausdruck, dass nach Art. 19 Abs. 3 QRL die Mitgliedstaaten andererseits verpflichtet sind, diesen Status unter den dort im Einzelnen bezeichneten Voraussetzungen wieder zu entziehen, um damit deutlich zu machen, dass Unionsrecht derartige Rechte nicht vermitteln kann und sich die Betroffenen nicht mehr auf diese Rechte berufen können. Soweit § 60 Abs. 2 AufenthG daneben und zugleich den völkervertraglichen Abschiebungsschutz nach Art. 3 EMRK zum Ausdruck bringt und absichert, ist dagegen aus unionsrechtlicher Sicht allerdings nichts zu erinnern. Diese Differenzierung zwischen dem nationalen bzw. völkervertraglichen Abschiebungsschutz und dem unionsrechtlichen subsidiären Schutz und daraus fließenden Schutzstatus ist jedoch, wie dargelegt, von zentraler und nicht zu vernachlässigender Bedeutung und hätte vom nationalen Gesetzgeber nachgezeichnet werden müssen.
Der Ausschlussgrund des Art. 17 Abs. 1 QRL hat hiernach schon im Ansatz systematisch und strukturell unionsrechtlich nichts mit der Frage des aufenthaltsrechtlichen Status nach Einräumung des Schutzstatus zu tun, weshalb dann auch nach Art. 24 Abs. 2 QRL - vorbehaltlich entgegenstehender zwingender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung - ein unbedingter Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht. Aus der Tatsache, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit einer Feststellung nach § 60 Abs. 2 AufenthG zugleich unter Verstoß gegen das Unionsrecht und entgegen Art. 17 Abs. 1 lit. c) QRL das Vorliegen der Voraussetzungen des unionsrechtlichen subsidiären Schutzes nach Art. 15 lit. b) QRL feststellt, folgt jedoch unionsrechtlich kein Anspruch der betreffenden Ausländer auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Sinne von Art. 24 Abs. 2 QRL. Allerdings kann mit Rücksicht auf die Bindungswirkung nach § 42 AsylVfG, auch wenn die Entscheidung unter Verstoß gegen zwingendes Unionsrecht (Art. 17 QRL) ergangen ist und eigentlich hätte, was den unionsrechtlichen subsidiären Schutz betrifft, zu Lasten der Betroffenen ausgehen müssen (vgl. zu den Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 1 lit. c QRL, der § 25 Abs. 3 Satz 2 Variante 3 lit. c) AufenthG entspricht, noch die folgenden Ausführungen), nicht davon ausgegangen werden, dass § 25 Abs. 3 Satz 2 Variante 3 lit. c) AufenthG unmittelbar dem Anspruch auf Erteilung eines Titels nach Art. 24 Abs. 2 QRL entgegen gehalten werden kann; insbesondere können an sich Sachverhalte, die selbst die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 1 QRL erfüllen, im Ausgangspunkt aus systematischen Gründen nicht unwiderlegbar und gewissermaßen automatisch anspruchsvernichtende zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne von Art. 24 Abs. 2 QRL ausmachen. Gleichwohl bedarf bis zu einer ordnungsgemäßen Umsetzung des Unionsrechts, insbesondere eines ausdrücklichen Verfahrens zur Gewährung eines subsidiären Schutzstatus die Vorbehaltsklausel der zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der erweiternden Auslegung dergestalt, dass die Ausschlussgründe jedenfalls dem Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels entgegenstehen. Denn unionsrechtlich folgt aus Art. 17 Abs. 1 QRL, dass, wenn schon der Schutzstatus zwingend zu versagen ist, gewissermaßen erst recht ein Anspruch auf Erteilung eines auf diesen zurückzuführenden Titels ausscheiden muss. Wollte man hier einen unionsrechtlichen Anspruch bejahen, so würde der ohnehin gegebene, auf dem Umsetzungsdefizit beruhende Verstoß gegen das Unionsrecht noch wesentlich verschärft mit der Folge, dass ein dem Unionsrecht noch ferneres Ergebnis erzielt würde, was offenkundig mit Art. 4 Abs. 3 EUV unvereinbar wäre.
Nach alledem kann dann zwar allein der Umstand, dass nach nationalem Recht der Erteilung des Titels § 11 Abs. 1 Satz 2 (i.V.m. § 84 Abs. 2 Satz 2) AufenthG entgegenstünde, den Anspruch nach Art. 24 Abs. 2 QRL nicht ohne weiteres entfallen lassen, sondern nur dann, wenn sich in der Sperrwirkung zugleich zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung manifestieren würden. Dies ist aber der Fall, wenn eine Ausweisung wirksam und materiell zu Recht auf § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt wird. Namentlich der oben beschriebene völkerrechtliche und unionsrechtliche Hintergrund dieser Bestimmung sowie das mit ihr zu bekämpfende Gefährdungspotential verkörpern typischerweise derartige zwingende Gründe, selbst wenn von den jeweils betroffenen Personen keine unmittelbare konkrete oder gar gegenwärtige Gefahr ausgehen sollte.
Unabhängig hiervon liegen nach Überzeugung des Senats auch die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 1 lit. c QRL bzw. des § 25 Abs. 3 Satz 2 Variante 3 lit. c) AufenthG vor. Hiernach erfolgt ein Ausschluss vom subsidiären Schutzstatus bzw. wird der Aufenthaltstitel abgelehnt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Betreffende sich Handlungen hat zuschulden kommen lassen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen. Der Wortlaut beider Bestimmungen stimmt im Wesentlichen mit Art. 1 F lit. c) GFK überein. Beide Bestimmungen weichen allerdings von Art. 12 Abs. 2 lit. c) QRL ab, der die maßgeblichen Ziele der Vereinten Nationen als diejenigen benennt und konkretisiert, die in der Präambel der UN-Charta und deren Art. 1 und 2 enthalten sind. Daraus wird teilweise der Schluss gezogen, das Gemeinschaftsrecht habe eine Entscheidung dahin gehend getroffen bzw. entsprechende in der Literatur und Rechtspraxis vertretene Auffassungen bekräftigt, wonach hier als in Betracht kommende Akteure nur Repräsentanten von Staaten oder jedenfalls staatsähnlicher Organisationen gemeint sein können, weil in der UN-Charta an sich nur die Beziehungen von Staaten untereinander in den Blick genommen werden (so etwa OVG NW, U. v. 27. März 2007 - 8 A 5118105.A - juris; Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie, 2009, § 33 Rdn. 97 ff.). Worin dann allerdings bei diesem Ansatz der anwendungsrelevante Unterschied zu § 25 Abs. 3 Satz 2 Variante 3 lit. a) AufenthG (bzw. Art. 12 Abs. 2 lit. a) bzw. Art. 17 Abs. 1 lit. a) QRL) bestehen soll, erschließt sich dem Senat nicht. Zwar hatte UNHCR (Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, 2003, Ziff. 163) sicherlich mit guten Gründen darauf hingewiesen, dass die in der Charta genannten Ziele im Grundsatz nur das Verhältnis der Staaten untereinander betreffen, was die Schlussfolgerung nahe legen konnte, hier liege die Vorstellung und Konzeption zugrunde, der in den Blick zu nehmende Personenkreis sei auf solche Personen beschränkt, die aufgrund ihrer Stellung in einem staatlichen Machtapparat einen wesentlichen Beitrag zu einer durch den Staat selbst begangenen Verletzung dieser Grundsätze geleistet haben (vgl. hierzu auch UNHCR, Richtlinien zur Anwendung der Ausschlussklauseln, ZAR 2004, 207 Nr. 17; auch bereits Marx, Handbuch zur Asyl- und Flüchtlingsanerkennung, § 63 Stand Dez. 1997, Rdn. 148; vgl. auch BVerwG, U. v. 1. Juli 1975 - 1 C 44.68 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 9 mit dem zutreffenden Hinweis, dass in erster Linie Handlungen gemeint sind, die dem internationalen Frieden und der Völkerverständigung entgegen laufen). Zieht man aber schon den 22. Erwägungsgrund der Qualifikationsrichtlinie in die Überlegungen mit ein, so kann eine derartige Beschränkung nicht befürwortet werden. Denn dort werden zwar ebenfalls die Präambel sowie die Art. 1 und 2 der UN-Charta angesprochen. Daneben werden aber auch ausdrücklich die Resolutionen der UN erwähnt, wonach "Handlungen, Methoden und Praktiken des Terrorismus im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen" stünden und darüber hinaus auch die wissentliche Finanzierung und Planung terroristischer Handlungen sowie die Anstiftung dazu gleichfalls mit den Zielen und Grundsätzen unvereinbar seien. In diesem Zusammenhang ist unübersehbar, dass hier gegenüber den Verhältnissen zum Zeitpunkt der Erarbeitung der Konvention mittlerweile ein nicht unerheblicher Bedeutungswandel eingetreten ist. Denn spätestens in der Resolution des Sicherheitsrats Nr. 1373 (2001) vom 28. September 2001 bringt dieser unmissverständlich zum Ausdruck, dass Handlungen, Methoden und Praktiken des Terrorismus im Widerspruch zu den in Kapitel 1 der Charta der Vereinten Nationen niedergelegten Zielen und Grundsätzen der Organisation stehen. Nach dieser Resolution, deren Umsetzung die hier in Rede stehenden Bestimmungen dienen und die der 22. Erwägungsgrund im Auge hat (vgl. BTDrucks 14/7386, S. 57), sollen, wie schon oben ausgeführt, die Staaten gegen alles vorgehen bzw. alles unterlassen, was den Terrorismus in irgendeiner Weise unterstützen könnte. Insbesondere sollen sie die Finanzierung terroristischer Handlungen verhüten und bekämpfen (Nr. 1 a), die vorsätzliche Bereitstellung oder Sammlung von Geldern, gleichviel durch welche Mittel und ob mittelbar oder unmittelbar durch ihre Staatsangehörigen oder in ihrem Hoheitsgebiet mit der Absicht oder in Kenntnis dessen, dass die Gelder zur Ausführung terroristischer Handlungen verwendet werden, unter Strafe stellen (Nr. 1 b) und diejenigen, die terroristische Handlungen finanzieren, planen, erleichtern oder begehen, daran hindern, ihr Hoheitsgebiet für diese Zwecke zu nutzen (Nr. 2 der Resolution). Hieraus wird deutlich, dass die ursprünglich für richtig gehaltene Beschränkung des Personenkreises nicht mehr in dieser Weise uneingeschränkt aufrechterhalten werden kann, denn die dort angesprochenen Akteure des Terrors haben regelmäßig nichts mit (zumindest) staatsähnlichen Organisationen zu tun (a.A. Marx, InfAuslR 2005, 218 227>, der zu stark die Entstehungsgeschichte in den Blick nimmt und dabei übersieht, dass die Vorschrift, indem sie auf die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen abstellt, für einen Bedeutungswandel offen ist und daher nicht gesagt werden kann, die GFK stelle statisch nur auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt ihrer Entstehung ab; wie hier etwa OVG RP, U. v. 6. Dezember 2002 - 10 A 10089/02 - InfAuslR 2003, 254; Hailbronner, Ausländerrecht, § 60 AufenthG Stand Oktober 2008, Rdn. 227; vgl. auch die Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts v. 14. Oktober 2008 - 10 C 48.07 - BVerwGE 132, 79; v. 25. November 2008 - 10 C 46.07 - NVwZ 2009, 592). Der von Marx in diesem Zusammenhang weiter erhobene Einwand, bislang sei keine zufriedenstellende praktikable juristische Definition des Terrorismusbegriffs gefunden worden (vgl. Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie, 2009, § 33 Rdn. 114), ist im Ansatz sicherlich nicht vollständig von der Hand zu weisen, ein solcher wird auf absehbare Zeit wohl auch nicht weltweit konsensfähig sein. Andererseits liegt der genannten Sicherheitsratsresolution ein "sicherer" Begriffskern zugrunde, wovon auch das BVerwG im bereits oben angesprochenen Urteil v. 15. März 2005 (1 C 26.03 - a.a.O.) ausgegangen ist.
Für die Anwendung des Ausschlussgrundes ist schon vom Wortlaut der Bestimmung, der auf eine retrospektive Sichtweise abstellt, nicht erforderlich, dass eine konkrete Wiederholungsgefahr festgestellt werden kann. Die zugrunde liegende Bestimmung des Art. 1 F lit. c) GFK (wie generell Art. 1 F GFK) bringt vielmehr vorrangig ein gewichtiges wertendes Element der "Asylunwürdigkeit" zum Ausdruck (vgl. hierzu auch BVerwG, B. v. 14. Oktober 2008 - 10 C 48.07 - BVerwGE 132, 79; v. 25. November 2008 - 10 C 46.07 - NVwZ 2009, 592; Hailbronner, Ausländerrecht, § 60 AufenthG Stand Oktober 2008, Rdn. 211 ff.). Gleichwohl stehen auch diese gemeinschaftsrechtlichen und völkervertraglichen Ausschlussgründe unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Liegen die entsprechenden Gründe bzw. Taten zum Zeitpunkt der Aktualisierung bzw. des Eintritts der flüchtlingsrechtlich zu betrachtenden Verfolgungsgefahr lange zurück und haben sich die Betroffenen insbesondere mittlerweile glaubwürdig distanziert oder aber wirken sie mittlerweile sogar aktiv an der Bekämpfung des Terrorismus mit, so wäre ein Zurückstellen des Flüchtlingsschutzes nicht mehr gerechtfertigt (so auch im Ausgangspunkt UNHCR, Richtlinien zur Anwendung der Ausschlussklauseln, ZAR 2004, 207 ff., Nr. 23 f.; ders., Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, 2003, Nr. 157; vgl. auch BVerwG, B. v. 14. Oktober 2008 – 10 C 48.07 – a.a.O.). Zu verlangen ist daher – wenn auch keine konkrete Wiederholungsgefahr – so doch ein Minimum an Aktualität. Auch wenn im Falle des Art. 1 F lit. b) GFK - anders als in Art. 33 Nr. 2 GFK - nicht ausdrücklich auf das Vorliegen einer Gefahr abgestellt wird, so ist zwar unübersehbar, dass diese Bestimmung der Abwehr von Gefahren für das Zufluchtsland dient. Gleichwohl ist die Zwecksetzung nicht darauf beschränkt, denn es geht auch darum, dem Missbrauch des Flüchtlingsstatus entgegenzuwirken, v.a. aber darum zu verhindern, dass sich die Betreffenden einer berechtigten Strafverfolgung entziehen (vgl. im Einzelnen die Nachweise bei BVerwG, B. v. 14. Oktober 2008 – 10 C 48.07 – a.a.O.; a.A. Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie, 2009, § 33 Rdn. 84 ff. m.w.N., wonach sich die beiden Bestimmungen im Wesentlichen nur durch den Ort der Tatbegehung unterschieden, weshalb es nahe liege, von einem komplementären Charakter der Vorschriften auszugehen und auch hier nach den allgemeinen Maßstäben eine konkrete Gefahr zu verlangen; UNHCR, Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, 2003, Ziff. 151; vgl. auch OVG NW, U. v. 27. März 2007 – 8 A 5118/05.A – juris).
Der Senat kann offen lassen, ob Personen, die lediglich als Mitläufer bzw. unbedeutende Unterstützer des Terrorismus einzustufen sind, taugliche Akteure im Sinne des Art. 17 Abs. 1 lit. c) QRL sein können. Der Kläger war jedoch als ehemaliger höher gestellter mehrjähriger Funktionär der Organisation eine Person, die maßgeblich den Weg der Organisation in der Bundesrepublik mitbestimmen und prägen konnte, weshalb sein Handeln unmittelbar geeignet war, die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen nachteilig zu berühren. Auch liegen diese Aktivitäten nicht so lange zurück, als dass sie als obsolet angesehen werden könnten. Schließlich kann von einer glaubwürdigen Distanzierung, wie bereits ausgeführt, keine Rede sein. [...]