Überzogener Haftkostensatz für die Abschiebungshaft; zur Berechnung der Abschiebehaftkosten ist ein Abzug von den allgemeinen Kosten des Strafvollzugs vorzunehmen.
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Allerdings können auch nicht die (höheren) tatsächlichen Kosten für Strafgefangene im Justizvollzug beansprucht werden. Auch im Strafvollzug fallen Kosten an, welche die Abschiebehäftlinge nicht betreffen - z.B. Maßnahmen zur Resozialisierung, sozialtherapeutische Betreuung von Sexualstraftätern etc. Derartige Maßnahmen sind für den Vollzug der Abschiebehaft nicht erforderlich, die durch sie verursachten Kosten sind daher auszuscheiden (vgl. BVwerG, Urteil vom 15.06.2005 - 1 C 15.04 -, a.a.O.).
Vorliegend hat der Beklagte dem Leistungsbescheid vom 22.02.2005 den ihm von der Justizanstalt L. mit Schreiben vom 18.08.2004 mitgeteilten durchschnittlichen Haftkostensatz pro Tag von 79,89 Euro für das Jahr 2004 zu Grunde gelegt. Dabei handelt es sich um einen Durchschnittswert aller Kosten des Haftvollzugs im Freistaat Sachsen im Jahr 2004. Nach dem Schreiben des Staatsministeriums der Justiz an den Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 25.10.2005 (Az.: 4515-IV-1800/95) wird bei der Ermittlung dieser Haftkosten pro Tag und Gefangenem ein bundeseinheitliches Berechnungsschema angewandt. Es werden - vereinfacht dargestellt - jährlich alle Ausgaben und Einnahmen des sächsischen Justizvollzugs gegenübergestellt. Die sich ergebende Differenz wird durch die angefallenen Hafttage des jeweiligen Jahres dividiert. Der so ermittelte Betrag kann rechnerisch nicht die tatsächlichen Kosten der Abschiebungshaft wiedergeben, da darin auch zahlreiche Kostenfaktoren erfasst sind, die typischerweise in der Abschiebungshaft nicht zum tragen kommen. Konkrete Angaben dazu, wie hoch diese Kostenfaktoren sein könnten, wurden dem Gericht nicht vorgelegt. [...]
Bei der Berechnung der tatsächlichen Kosten kann nicht verlangt werden, dass die konkreten Kosten, die der Kläger verursacht hat, in Rechnung gestellt werden, da dies aus tatsächlichen und rechnerischen Gründen kaum möglich sein dürfte oder jedenfalls einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten würde, der nicht mehr durch das Anliegen eine genaue Kostenberechnung zu erhalten, gerechtfertigt ist. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität darf der Leistungserbringer Sachverhalte typisieren und pauschalieren (vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 22.02.2007 - 11 LB 307/05 - zitiert nach: juris). Typisierungen und Pauschalierungen können, insbesondere bei der Regelung von Masseerscheinungen, durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gerechtfertigt sein, solange die durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den der Typisierung steht. Da hier aufgrund der Komplexität der Vorgänge eine präzise Berechnung der Abschiebehaftkosten, die der Kläger verursacht hat, nicht möglich ist, muss eine abstrakte Berechnung erfolgen. Auch eine, auf einer pauschalierenden Betrachtungsweise beruhenden Berechnung, kann letztlich zu einem realistischen Ergebnis führen. Eine vollständige Aufhebung der Abschiebehaftkosten wegen einer fehlenden konkreten Berechnungsmöglichkeit kann daher nicht verlangt werden, denn es steht außer Zweifel, dass der Kläger Haftkosten verursacht hat. [...]
Hier ergibt sich nach den oben gemachten Ausführungen eine Differenz zwischen dem im Änderungsbescheid vom 04.02.2009 festgesetzten Betrag von 2.022,46 Euro und dem hier errechneten Betrag von 1.675,04 Euro in Höhe von 347,42 Euro. In dieser Höhe ist der Bescheid rechtswidrig und daher aufzuheben. [...]