BAMF

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Zitieren als:
BAMF, Bescheid vom 22.06.2010 - 5386858-475 - asyl.net: M17231
https://www.asyl.net/rsdb/M17231
Leitsatz:

Flüchtlingsanerkennung eines Kurden aus Syrien wegen exilpolitischer Betätigung

Schlagwörter: Flüchtlingsanerkennung, Asylverfahren, Asylfolgeantrag, Syrien, Kurden, Exilpolitik, Azadi-Partei
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

[...]

Am 24.08.2009 stellte der Ausländer persönlich bei der Außenstelle Oldenburg einen Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (Folgeantrag), verbunden mit dem Antrag, das Verfahren zur Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), der den § 53 AuslG ersetzt hat, wiederaufzugreifen.

Zur Begründung wurde in der Anhörung am 13.04.2010 und in den Schreiben des Bevollmächtigten im Wesentlichen vorgetragen, dass der Antragsteller seit 2002 wiederholt an verschiedenen Veranstaltungen, Protestdemonstrationen gegen die Unterdrückung der Kurden in Syrien teilgenommen habe.

Vom Antragsteller wurden hierzu zahlreiche Fotos und Einladungen gereicht. Der Antragsteller habe u.a. am 23.02.2009, 12.03.2009, 10.12.2008 an Protestkundgebungen teilgenommen. In der Anhörung erklärte er, dass er beabsichtige, an einer Großdemonstration in Belgien vor der syrischen Botschaft am 17.04.2010 teilzunehmen.

Der Antragsteller erklärte, dass er Mitglied der Azadi-Partei in Syrien sei. Er habe an der Gründungsversammlung der kurdischen Azadi-Partei, Sektion Deutschland, am 02.07.2005 in Dortmund teilgenommen. Er sei einfaches Mitglied der Partei, habe keine bestimmte Funktion inne.

Zum Verfahren wurde eine Bescheinigung der Azadi-Partei vom 25.03.2009 vorgelegt, die die Mitgliedschaft des Antragstellers in der Partei bescheinigt.

Der Antragsteller erklärte in der Anhörung, dass er seit 01.10.2009 Mitglied des Newroz-Kurdischen Kulturvereins in Hannover e.V. sei. Er habe derzeitig keine bestimmte Aufgabe inne, werde sich aber für bestimmte Funktion wieder bewerben.

Im Verfahren wurde eine Beitrittsbestätigung des Kurdischen Kulturvereins vom 28.09.2009 vorgelegt.

Der Antragsteller erklärte, dass er sich in Deutschland aktiv politisch betätige, weil er als Kurde in Syrien viel Unterdrückung erlebt habe. In Deutschland habe er die Möglichkeit, etwas dagegen zu tun. Er könne den Menschen erklären, wie die Regierung in Syrien arbeite und auf ihre Fehler und die Unterdrückungsmaßnahmen hinweisen.

Nunmehr könne er seine in Syrien erlebte Verfolgung nachweisen.

Hierzu wurden vom Antragsteller ein Schreiben des C.D.F. vom 12.03.2009 vorgelegt, in dem es im Wesentlichen heißt, dass die Aktivitäten des Antragstellers in Syrien vor seiner Flucht seine persönliche Freiheit gefährdet hätten.

Weiterhin wurde eine schriftliche Zeugenaussage des ... zum Verfahren gereicht. In dieser Aussage heißt es, dass der Zeuge selbst gesehen habe, wie der Antragsteller aus seinem Haus zu einem Militärfahrzeug geschleppt worden sei. Während des Abschleppens sei er von den neugierigen Menschen auf der Straße geschlagen und beschimpft worden.

In Kopie wurde ein Auszug aus einem durch das Strafgericht erster Instanz in Aleppo erlassenen Urteils zum Verfahren gereicht.

In diesem Auszug heißt es, dass der Antragsteller zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt werde. Das Urteil sei in Abwesenheit erlassen worden und sei endgültig und unanfechtbar. [...]

Die Sachverhaltsermittlung hat vorliegend ergeben, dass sich der Antragsteller aus begründeter Furcht vor politischer Verfolgung außerhalb seines Herkunftsstaates aufhält und deshalb Flüchtlingsschutz gem. § 60 Abs. 1 AufenthG benötigt. [...]