Das Prinzip der Einehe ist ausländerrechtlich grundlegend. Familienangehörige aus einer Mehrehe von Deutschen oder Ausländern sind nicht nachzugsberechtigt. Das strafbewehrte Verbot der Doppelehe unterstreicht die Annahme, dass die zivilrechtliche Beurteilung auch einer solchen Doppelehe als rechtswidrig, aber wirksam bis zu ihrer gerichtlichen Aufhebung, nicht den Schluss zulässt, eine solche Doppelehe sei für den gesamten (deutschen) Rechtsbereich einer "Einehe" umfassend gleichzustellen. Der Gesetzgeber wollte vielmehr ein rechtswidriges und nach deutschem Recht auch strafbares Verhalten ersichtlich nicht als Grundlage eines ausländerrechtlichen Nachzugsrechts anerkennen.
[...]
Der auf die Gründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1 -3, 5 VwGO gestützte Zulassungsantrag des Klägers hat keinen Erfolg.
Der 1964 geborene Kläger, pakistanischer Staatsangehöriger, heiratete im November 1991 in Frankreich eine 1960 geborene deutsche Staatsangehörige, von der er seit dem Jahr 2000 geschieden ist. Zwecks Führung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit seiner zuvor bezeichneten deutschen Ehefrau wurde ihm am 5. Dezember 1991 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, die nachfolgend mehrmals bis zum Dezember 1994 verlängert wurde. Danach erhielt der Kläger unbefristete Aufenthaltstitel, die nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes als Niederlassungserlaubnis fort galten (§ 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG).
Durch einen Visumsantrag erhielt der Beklagte Ende 2004 Kenntnis davon, dass der Kläger seit längerer Zeit mit einer pakistanischen Staatsangehörigen verheiratet ist und vier gemeinsame Kinder hat. Gestützt auf die Angaben der pakistanischen Ehefrau, die von ihr vorgelegte Heiratsurkunde und eine ergänzend eingeholte Auskunft der Deutschen Botschaft in Pakistan vom 13. April 2005 geht der Beklagte davon aus, dass die Eheschließung des Klägers mit seiner pakistanischen Ehefrau bereits am 15. November 1989 erfolgt sei und der Kläger folglich mit seiner deutschen Ehefrau immer in einer rechtswidrigen Doppelehe gelebt habe. Bei vorheriger Kenntnis dieser Tatsache hätte der Kläger aus Sicht des Beklagten die erteilten Aufenthaltstitel nicht erhalten, diese seien also i. S. d. § 48 VwVfG rechtswidrig erteilt worden und wurden deshalb mit Bescheid vom 24. April 2006 rückwirkend aufgehoben. Die dagegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Urteil abgewiesen.
Ernstliche Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit dieses Urteils bestehen aus den vom Kläger im Zulassungsverfahren geltend gemachten Gründen nicht.
Sinngemäß wendet er sich zunächst gegen den rechtlichen Ausgangspunkt des Verwaltungsgericht, dass dem Kläger zwecks gemeinsamen Zusammenlebens mit seiner deutschen "Zweitfrau" ausländerrechtlich im hier maßgeblichen Zeitpunkt 1991 nach dem damaligen Ausländergesetz (§§ 17, 23 AuslG) sowie auch nachfolgend keine Aufenthaltserlaubnis habe erteilt werden dürfen, diese und alle darauf beruhenden Verlängerungen und Verfestigungen also "rechtswidrig" i.S.d. § 48 VwVfG gewesen seien. Seiner Annahme, eine - wie hier vom Verwaltungsgericht angenommen - rechtswidrige, aber zivilrechtlich wirksame Doppelehe sei auch i. S. d. §§ 17, 23 AuslG 1990 voll wirksam und wie eine normale, d.h. eine Einehe zu behandeln, trifft jedoch nicht zu. Vielmehr ist in der Rechtsprechung zutreffend anerkannt, dass den hier maßgeblichen ausländerrechtlichen Normen zum Nachzug von Angehörigen von jeher ein eigenständiger, enger Begriff der ehelichen Lebensgemeinschaft zu Grunde lag, der - ungeachtet einer etwaigen zivilrechtlichen Wirksamkeit der Ehe - die Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zusammenleben jedenfalls mit einem deutschen, "zweiten" (und etwaigen weiteren) Ehepartner in einer rechtswidrig begründeten, ggf. sogar strafbaren Doppelehe (vgl. zu einer nach ausländischem Recht unter Ausländern rechtmäßig geschlossenen Ehe: Nds. OVG, Urt. v. 29.11.2005 - 10 LB 84/05 -, AuAS 2006, 74 ff., m.w.N.) ausschloss und weiterhin ausschließt (vgl. zum Folgenden ausführlich OVG Münster, Urt. v. 3.12.2009 - 18 A 1787/06 -, NVwZ 2010, 411 ff., sowie OVG Saarlouis, Urt. v. 11.3.2010 - 2 A 491/09 - juris, jeweils m.w.N.; im Ergebnis ebenso Nds. OVG, Beschl. v. 23.6.2008 - 7 ME 58/08 -). So ist bereits in der Begründung zum Entwurf des § 17 AuslG 1990 ausgeführt worden, dass das Prinzip der Einehe ausländerrechtlich grundlegend ist und Familienangehörige aus einer Mehrehe von Deutschen oder Ausländern nicht nachzugsberechtigt sein sollen (BT-Drs. 11/6321, S. 60). Das strafbewehrte Verbot der Doppelehe nach § 172 StGB unterstreicht die Annahme, dass die zivilrechtliche Beurteilung auch einer solchen Doppelehe als rechtswidrig, aber wirksam bis zu ihrer gerichtlichen Aufhebung nicht den Schluss zulässt, eine solche Doppelehe sei für den gesamten (deutschen) Rechtsbereich einer "Einehe" umfassend gleichzustellen. Der Gesetzgeber wollte vielmehr - wie dargelegt - ein rechtswidriges und nach deutschem Recht auch strafbares Verhalten ersichtlich nicht als Grundlage eines ausländerrechtlichen Nachzugsrechts anerkennen. Dass eine zivilrechtliche wirksame Eheschließung nicht ausreicht, um eine Nachzugsberechtigung des ausländischen Ehegatten zu begründen, ist im Übrigen auch für weitere Fallgestaltungen seit langem anerkannt. So besteht eine eheliche Lebensgemeinschaft i.S.d. ausländerrechtlichen Nachzugsbestimmungen nicht schon bei einer bloß formalen Verbundenheit durch das Band einer wirksamen Eheschließung, sondern erst bei einer tatsächlichen persönlichen Verbundenheit der Ehegatten. Sie dokumentiert sich nach außen im Regelfall in einer gemeinsamen Lebensführung, also in dem erkennbaren Bemühen, die alltäglichen Dinge des Lebens miteinander in organisatorischer, emotionaler und geistiger Verbundenheit zu bewältigen (vgl. VGH München, Beschl. v. 25.11.2009 - 19 CS 09.2696 -, juris, m.w.N.).
Zudem sind die erstmalige Erteilung und die darauf aufbauenden Verlängerungen der Aufenthaltstitel hier auch deshalb rechtswidrig gewesen, weil der Kläger durch das Eingehen einer Doppelehe mit einer deutschen Staatsangehörigen einen nicht nur geringfügigen Verstoß i.S.d. § 46 Nr. 2 AuslG 1990 begangen, also einen nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 der Erteilung eines Aufenthaltstitels entgegenstehenden Ausweisungstatbestand erfüllt hatte. [...]
Ist das Verwaltungsgericht somit zu Recht davon ausgegangen, dass die dem Kläger erteilten Aufenthaltstitel rechtswidrig waren und damit (einschließlich der Niederlassungserlaubnis) nach § 51 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG, § 48 VwVfG mit Rückwirkung zurückgenommen werden konnten (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 5.9.2006 - 1 C 20/05 -, NVwZ 2007, 470 f.), so ist auch der weiteren Annahme des Verwaltungsgerichts zu folgen, dass der Rücknahme der Titel kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers entgegenstand, da er die Erteilung der Titel durch arglistige Täuschung in Form falscher Angaben zu seinen Ehefrauen und Kindern erlangt hat. Denn der Kläger hat jeweils Antragsformulare unterzeichnet, in denen ausdrücklich auch nach Ehegatten und Kindern gefragt wurde, die sich im Ausland aufhalten, ohne jeweils seine pakistanische Ehefrau und seine Kinder anzugeben. [...] Schließlich hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf verwiesen, dass bei Ausländern aus Indien bzw. Pakistan die Eheschließung mit einer deutschen - häufig älteren - "Zweitfrau" unter Festhalten an der - den Ausländerbehörden nicht bekanntgegebenen - ehelichen Lebensgemeinschaft im Heimatland und die Auflösung der "Zweitehe" nach Erhalt eines (vermeintlich) sicheren, eheunabhängigen Aufenthaltsrechts kein Einzelfall und die vorliegende Fallgestaltung insoweit typisch ist. Dies ergibt sich nicht nur aus der vom Beklagten eingeholten Auskunft der Deutschen Botschaft vom 13. April 2005, sondern deckt sich mit den Erkenntnissen des erkennenden Gerichts aus früheren Verfahren (vgl. etwa Nds. OVG, Urt. v. 13.7.2007 - 13 LC 468/03 -, StAZ 2008, 110 ff.; Beschl. v. 14.10.2004 - 13 LA 58/04 -, StAZ 2005, 146) sowie den Erfahrungen anderer Gerichte (vgl. insbesondere das bereits o. a. Urt. des OVG Münster sowie BVerwG, Urt. v. 14.2.2008 - 5 C 15/07 -; VGH München, Beschl. v. 30.10.2008 - 5 CS 08.2608 - und v. 4.5.2005 - 5 B 03.1371 - VGH Kassel, Urt. v. 3.12.2001 - 12 UE 2451/01 -, jeweils juris).
Der Beklagte hat das ihm danach zustehende Rücknahmeermessen erkannt und rechtsfehlerfrei ausgeübt, indem er die für die Aufrechterhaltung der erteilten Aufenthaltstitel sprechenden Gesichtspunkte mit dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung eines rechtmäßigen (ausländerrechtlichen) Zustandes abgewogen hat. Die vom Kläger gerügten Ermessensfehler liegen nicht vor.
Dass das Aufenthaltsrecht des Klägers im Bundesgebiet auf dem Eingehen einer rechtswidrigen Doppelehe mit einer deutschen Staatsangehörigen beruhte, konnte und musste der Beklagte zu Lasten des Klägers in die Abwägung einstellen. Wie dargelegt, war der Beklagte als Ausländerbehörde daran nicht durch die zivilrechtliche Wirksamkeit der Eheschließung gehindert. Ebenso wenig rechtswidrig war der Verweis darauf, dass der Kläger stets Verbindung zu seiner pakistanischen Ehefrau gehalten und mit ihr vier (nicht drei) gemeinsame Kinder hat. Das zeigt zum einen, dass der Kläger nicht nur rechtswidrig eine "Zweitehe" eingegangen ist, sondern abweichend vom normativen Leitbild der ausländerrechtlichen Nachzugsbestimmungen während der gesamten Zeit auch an der "Erstehe" tatsächlich festgehalten und diese (zumindest) nebenher weiter gelebt hat. Zudem stellt es im Rahmen der gebotenen Würdigung des Einzelfalles einen Unterschied dar, ob der Ausländer, dessen Aufenthaltstitel rückwirkend aufgehoben wird, zu seinem Heimatland keinen Kontakt mehr hat, ihm ggf. ganz entfremdet ist, oder dort weiterhin Ehefrau und (minderjährige) Kinder leben, die vom Ausländer - wie hier vom Kläger - regelmäßig besucht werden. Eine nach Art. 6 GG unzulässige Diskriminierung des Ausländers allein wegen seiner ehelichen oder familiären Lebensgemeinschaft liegt darin nicht. Ob und ggf. in welchem Umfang der Ausländer über deutsche Sprachkenntnisse verfügt, stellt ebenfalls ein anerkanntes, in der neueren Gesetzgebung (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG) sogar noch hervorgehobenes ausländerrechtliches Integrationskriterium, das auch bei der Rücknahme von Aufenthaltstiteln nicht bedeutungslos ist. Da der Kläger nach Aktenlage sowohl in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht als auch beim Besuch der Ausländerbehörde auf die Hilfe eines Dolmetschers zurückgegriffen hat und nach dem von ihm vorgelegten ärztlichen Bericht auch während seines Krankenhausaufenthalts in Bad C. im April 2008 Zweifel daran bestanden, "ob wegen der doch vorhandenen Sprachbarriere alle Inhalte (von Vorträgen) verstanden worden sind", ist auch die tatsächliche Feststellung, der Kläger "habe immer noch Probleme mit der deutschen Sprache", nicht - wie vom Kläger vorgetragen -"frei erfunden". Die lebensunterhaltssichernde Erwerbstätigkeit des Klägers und die Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet sind zu seinen Gunsten vom Beklagten gewürdigt worden.
Das Aufenthaltsgesetz schließt eine Zuwanderung von gering qualifizierten Ausländern aus nicht privilegierten Drittstaaten zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit gegenwärtig grundsätzlich aus, vgl. § 18 AufenthG. Zu den in § 55 Abs. 3 AufenthG ausdrücklich genannten Ermessenserwägungen bei der Ausweisung als (ebenfalls) aufenthaltsbeendendem Verwaltungsakt gehören die Auswirkungen auf Familienangehörige im Heimatland nicht. Danach mag die Tatsache, dass ein Ausländer mit den aus einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet erzielten Einnahmen bislang ergänzend seine Angehörigen im Heimatland unterstützt - wie der Kläger nach seinen nicht näher belegten Angaben - nicht völlig bedeutungslos sein; sie wird aber vom Gesetzgeber grundsätzlich als kein ausreichender Grund für den Verbleib im Bundesgebiet angesehen. Vorliegend kommt hinzu, dass der Kläger nach eigenen Angaben in seinem Heimatland Pakistan über Grundbesitz sowie zahlreiche Angehörige verfügt und arbeitsfähig ist, so dass sich für den Beklagten nicht die Annahme aufdrängt, der Kläger könne bei einer Rückkehr den Lebensunterhalt der Familie weder durch eigene Erwerbstätigkeit noch durch (ergänzende) Leistungen Dritter sicherstellen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang die Ausführungen des
Verwaltungsgerichts zu etwaigen Unterstützungsleistungen Dritter angreift, handelt es sich nicht um Ermessenserwägungen des Beklagten. Bei dieser Sachlage stellt es keinen Ermessensfehler i.S.d. § 114 VwGO dar, dass der Beklagte in seinem Bescheid nicht ausdrücklich auf die wirtschaftlichen Folgen der Aufenthaltsbeendigung für die in Pakistan lebenden Angehörigen des Klägers eingegangen ist.
Die vorgenannten einzelfallbezogenen Erwägungen durften vom Beklagten um den generalpräventiven Gesichtspunkt ergänzt werden, dass es sich bei der vorliegenden Fallgestaltung nicht um einen Einzelfall handelt und ein solches Verhalten auch zur Abschreckung von anderen Ausländern nicht durch Aufrechterhaltung einer Niederlassungserlaubnis prämiert werden soll (vgl. OVG Münster, a.a.O.). Dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt - wie vom Kläger behauptet -, ist schon zuvor dargelegt worden; weitere Beispiele aus der Rechtsprechung lassen sich unschwer durch eine Suche in "juris" zu den Stichworten "Pakistan" und "Doppelehe" finden. [...]