VG Saarland

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Zitieren als:
VG Saarland, Beschluss vom 28.09.2009 - 5 L 941/09 - asyl.net: M17325
https://www.asyl.net/rsdb/M17325
Leitsatz:

Keine vorläufige Aussetzung einer Dublin-Überstellung nach Griechenland. Laut ständiger Rechtsprechung des Gerichts ist in Griechenland generell eine ordnungsgemäße Durchführung eines Asylverfahrens gewährleistet. Das Gericht sieht sich auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 8.9.2009 (2 BvQ 56/09) nicht gehindert, den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zurückzuweisen.

Schlagwörter: Dublin II-VO, Dublinverfahren, vorläufiger Rechtsschutz, Griechenland, sichere Drittstaaten, Konzept der normativen Vergewisserung
Normen: AsylVfG § 27a, AsylVfG § 34a Abs. 2, VO 343/2003 Art. 18 Abs. 7, GG Art. 16a Abs. 2, AsylVfG § 26a
Auszüge:

´[...]

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Zulässigkeit des Antrags unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gegeben sind. So kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Griechenland eine auch nur annähernd vergleichbare Gefährdungssituation droht, wie sie im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14.05.1996 skizziert worden ist. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Gerichts (vgl. Beschlüsse vom 23.07.2008, a.a.O. vom 08.08.2008 - 2 L 730/08 -, vom 17.09.2008 - 5 L 902/08 - und 19.05.2009 - 2 L 446/09 jew. zit. nach juris), dass in Griechenland generell eine ordnungsgemäße Durchführung eines Asylverfahrens gewährleistet ist. Da es sich bei den Mitgliedstaaten der Europäischen Union um sichere Drittstaaten i.S.d. Art. 16a Abs. 2 GG bzw. § 26a AsylVfG handelt, ist schon aufgrund des diesen Vorschriften zugrunde liegenden normativen Vergewisserungskonzeptes davon auszugehen, dass dort die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) sichergestellt ist. Zudem beruht die Verordnung EG Nr. 343/2003 auf der Prämisse, dass die zuverlässige Einhaltung der GFK sowie der EMRK in allen Mitgliedstaaten gesichert ist. Zwar mag ein zur Unanwendbarkeit des § 34a Abs. 2 AsylVfG führender Ausnahmefall auch dann vorliegen, wenn ein europäischer Drittstaat in feststellbarer Weise insbesondere weder die Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 01.12.2005 (ABL EG 2005, L 326 S. 13) einhält noch den Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten gemäß der Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 (ABL EG 2003 L 31 S. 18) Rechnung trägt. Es ist aber auf Grund der vorliegenden Erkenntnisse davon auszugehen, dass trotz gewisser Mängel in Griechenland grundsätzlich Asylverfahren durchgeführt werden, die den genannten Richtlinien entsprechen (so auch VG Frankfurt, Beschluss vom 11.01.2008 - 7 G 3911/07.A -; VG Augsburg, Beschluss vom 25.03.2008 - Au 5 E 08.30050 - und VG München, Beschluss vom 22.04.2009 - M 4 E 09.60021 -; vgl. auch VG des Saarlandes, Beschlüsse vom 23.07.2008, a.a.O. und vom 08.08.2008 - 2 L 730/08 -; a.A. VG Gießen, Beschluss vom 25.04.2008 - 2 L 102/08.GI.A -; daran anschließend: VG Schleswig, Beschluss vom 16.06.2008 - 6 B 18/08 - und VG Karlsruhe, Beschluss vom 23.06.2008 - A 3 K 1412/08 -; VG Frankfurt/Main, 08.07.2009 - 7 K 4376/07.F.A(3), 7 K 4376/07 - jew. zit. nach juris).

Es daher nicht festzustellen, dass Asylbewerbern in Griechenland grundsätzlich ein menschenrechtswidriges und europäisches Recht verletzendes Verfahren droht, so dass eine Rückführung nach Griechenland generell zu untersagen ist.

Das Gericht sieht sich auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 08.09.2009 - 2 BvQ 56/09 - nicht gehindert, den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zurückzuweisen. Denn das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung keine Aussage darüber getroffen, ob die Ablehnung des Asylantrags nach § 27a AsylVfG als unzulässig oder eine geplante Abschiebung nach Griechenland gegen die Verfassung verstößt, sondern lediglich durch eine einstweilige Anordnung die Rückführung nach Griechenland untersagt, damit der Antragsteller für das Verfahren in der Hauptsache erreichbar bleibt. Daher sind keine sachlichen Gründe dafür erkennbar, dass eine Rückführung des Antragstellers nach Griechenland gegen die Verfassung verstoßen würde. Außerdem hat der Antragsteller keine Ausführungen dazu gemacht, dass es gerade in seinem Fall zu erwarten wäre, dass sich die griechischen Behörden weigerten, ein den einschlägigen Richtlinien entsprechendes Verfahren durchzuführen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seiner Entscheidung vom 02.12.2008 - 32733/08 - (NVwZ 2009, 965) ausgeführt hat, dass die Überstellung eines Asylbewerbers nach Griechenland nicht gegen Art. 3 EMRK verstößt, weil eine Abschiebung von dort in den Heimatstaat nicht zu befürchten sei und der Asylbewerber für den Fall, dass dies doch geschehe, die griechischen Gerichte und den Gerichtshof anrufen könne, auch mit einem Antrag auf eine vorläufige Maßnahme nach Art. 39 VerfO. Insofern bestehen gegen eine Rückführung nach Griechenland keine Bedenken. [...]