OVG Sachsen

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Zitieren als:
OVG Sachsen, Beschluss vom 25.05.2010 - 3 D 201/09 - asyl.net: M17424
https://www.asyl.net/rsdb/M17424
Leitsatz:

Die Zustellungsvermutung des § 9 Abs. 3 VwZG gilt nur dann, wenn das Dokument unter Angabe der vollständigen Anschrift der Person, an die zugestellt werden soll, zur Post gegeben wird. Im Streitfall wurde der Bescheid (Kosten der Abschiebung) an die Klägerin jedoch nur unter Angabe ihres Geburtsortes in der Türkei zur Post gegeben. Unerheblich ist, dass der Behörde die vollständige Adresse nicht benannt wurde, da in derartigen Fällen die öffentliche Zustellung vom Gesetz vorgesehen ist. Prozesskostenhilfe war daher wegen hinreichender Erfolgsaussichten zu bewilligen.

Schlagwörter: Abschiebungskosten, Zustellung, Zustellungsmangel, öffentliche Zustellung, Beschwerdeverfahren, Prozesskostenhilfe, Anschrift, Türkei
Normen: VwZG § 9 Abs. 3
Auszüge:

[...]

Die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten hat Erfolg, da die Klägerin die Kosten der Prozessführung nicht aus eigenen Mitteln bestreiten kann und ihre Klage gegen die Heranziehung zu Abschiebehaftkosten entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

Nach dem Vorbringen der Beschwerdebegründung erscheint zumindest zweifelhaft, ob das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, dass die Klage bereits wegen Eintritts der Bestandskraft des Heranziehungsbescheides und Versäumung der einmonatigen Widerspruchsfrist (§ 70 VwGO) unbegründet ist. Die vom Verwaltungsgericht herangezogene Zustellungsvermutung des § 9 Abs. 3 Satz 3 VwZG dürfte nur dann gelten, wenn das Dokument nach § 9 Abs. 3 Satz 2 VwZG unter der vollständigen Anschrift der Person, an die zugestellt werden soll, zur Post gegeben wird. Im Streitfall wurde der Bescheid an die Klägerin jedoch lediglich unter Angabe ihres Geburtsortes .../Türkei zur Post gegeben. Der von der Beklagten erhobene Einwand, die Klägerin berufe sich rechtsmissbräuchlich auf diesen Umstand, da sie keine andere Adresse benannt habe, dürfte nicht durchgreifen, da das Gesetz bei unbekanntem Aufenthaltsort und Erfolglosigkeit bzw. Entbehrlichkeit weiterer Maßnahmen zur Anschriftermittlung die öffentliche Zustellung vorsieht. In der Sache offen und der Prüfung im Hauptsacheverfahren vorzubehalten sind auch die weiteren Fragen, ob und ggf. zu welchem früheren Zeitpunkt als einen Monat vor Widerspruchserhebung die Klägerin den Bescheid erhalten hat und ob die festgesetzten Haft- und Personalkosten den tatsächlichen Abschiebehaftkosten entsprechen. [...]