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Zitieren als:
BAMF, Bescheid vom 12.08.2010 - 5349952-475 - asyl.net: M17600
https://www.asyl.net/rsdb/M17600
Leitsatz:

Krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG, da in nächster Zeit operative Eingriffe erforderlich sind, die in Syrien nicht durchgeführt, zumindest aber von den Eltern nicht finanziert werden könnten (Korrektur der Gaumenspalte).

Schlagwörter: Abschiebungsverbot, krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot, Syrien, Kurden, Yeziden, medizinische Versorgung
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1
Auszüge:

[...]

Es liegt ein Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bezüglich Syrien vor. [...]

Eine gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG zu berücksichtigende zielstaatsbezogene Gefahr kann sich trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass die betroffene Ausländerin die benötigte medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, der betroffenen Ausländerin individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen tatsächlich nicht zugänglich ist (BVerwG, Urteil vom 29.10.2002, EZAR 043 Nr. 56, 1 C 1.02 und vom 25.11.1997, BVerwGE 105, 383, 9 C 58.96 m.w.N.).

Der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes München vom 13.12.2000 (19 ZB 00.31925), wonach eine fehlende finanzielle Liquidität kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot darstelle, ist nicht zu folgen, da es nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unerheblich ist, welche Ursache der im Herkunftsland bestehenden Gefahr zu Grunde liegt (BVerwG, Urteil vom 25.11.1997 a.a.O.).

Unter Berücksichtigung der vorgelegten ärztlichen Unterlagen ist davon auszugehen, dass in der nächsten Zeit operative Eingriffe erforderlich sind, die in Syrien nicht durchgeführt, zumindest aber von den Eltern der Antragstellerin nicht finanziert werden könnten. Insbesondere die Korrektur der Gaumenspalte ist erforderlich, um eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Antragstellerin zu verhindern. Ein derartiger Eingriff zieht in der Regel weitere Eingriffe nach sich, so dass davon auszugehen ist, dass mittelfristig höhere Kosten entstehen werden, die bei einer Rückkehr nach Syrien von den Eltern der Antragstellerin zu tragen wären. Anhaltspunkte dafür, dass die Eltern der Antragstellerin hierzu in der Lage sein könnten, liegen nicht vor. [...]