VG Bayreuth

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Zitieren als:
VG Bayreuth, Beschluss vom 03.02.2010 - B 3 E 10.30011 - asyl.net: M17624
https://www.asyl.net/rsdb/M17624
Leitsatz:

Vorläufige Aussetzung einer Dublin-Überstellung nach Griechenland.

Schlagwörter: Dublin II-VO, Dublinverfahren, vorläufiger Rechtsschutz, Griechenland, einstweilige Anordnung, Zustellung, Rechtsweggarantie
Normen: VwGO § 123 Abs. 1, AsylVfG § 27a, AsylVfG § 34a Abs. 2, GG Art. 19 Abs. 4, VO 343/2003 Art. 19, EMRK Art. 13
Auszüge:

[...]

Der einstweilige Rechtsschutz ist auch nicht durch § 34a Abs. 2 AsylVfG ausgeschlossen: Zwar kann dem Wortlaut dieser Vorschrift zufolge der Vollzug einer Abschiebungsanordnung nicht nach § 80 VwGO oder § 123 VwGO ausgesetzt werden. Der auf nationalem Recht beruhende Ausschluss des vorläufigen Rechtsschutzes in Fällen einer Überstellung nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl. L 50 vom 25.02.2003, S. 1) - EG-AsylZustVO - verstößt jedoch gegen Europarecht. Es ist gemeinschaftsrechtlich nicht zulässig, Rechtsbehelfen, die in einer Verordnung des Gemeinschaftsrechts vorgesehen sind, durch nationales Recht ihre Wirkung zu nehmen. Eine Überstellungsentscheidung nach Art. 19 Abs. 1 EG-AsylZustVO bedarf gemäß Art. 19 Abs. 2 Satz 1 EG-AsylZustVO einer Begründung und kann gemäß Satz 2 der Vorschrift mit einem Rechtsbehelf angegriffen werden. Zwar hat nach Satz 3 dieser Vorschrift ein Rechtsbehelf gegen eine solche Entscheidung keine aufschiebende Wirkung, es sei denn, die Gerichte oder zuständigen Stellen entscheiden im Einzelfall nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts anders. Diese Formulierung in Satz 3 setzt allerdings denknotwendig voraus, dass ein Rechtsbehelf im einstweiligen Rechtsschutz nach nationalem Recht überhaupt möglich ist; anderenfalls wäre eine anderweitige Entscheidung im Einzelfall nicht möglich. Ein Ausschluss jeglichen Rechtsbehelfes im einstweiligen Rechtsschutz nach nationalem Recht ist damit nicht vereinbar.

Gleiches ergibt sich aus der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, dem rechtsstaatlichen Grundsatz eines effektiven Rechtsschutzes und dem Recht auf eine wirksame Beschwerde bei einer unabhängigen und unparteiischen Instanz nach Art. 13 EMRK.

Wie Art. 16a Abs. 2 Satz 3 GG angesichts des Gemeinschaftsrechts zu bewerten ist, wird das Bundesverfassungsgericht in seinen anhängigen Verfahren zu entscheiden haben. Im Übrigen trat § 34a Abs. 2 AsylVfG bereits am 01.07.1993 in Kraft und konnte aus diesem Grund auf die Normen der EG-AsylZustVO vom 18.02.2003 keinen Bezug nehmen. [...]