VG Karlsruhe

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Zitieren als:
VG Karlsruhe, Beschluss vom 05.08.2010 - A 9 K 3798/08 - asyl.net: M17727
https://www.asyl.net/rsdb/M17727
Leitsatz:

Krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot für ein Kind (schweres Asthma bronchiale). Zwar ist die Krankheit in der D.R. Kongo behandelbar, der Kläger würde aber mangels familiärer Unterstützung in eine lebensbedrohliche Lage geraten, wenn er allein zurückkehren müsste.

Schlagwörter: Abschiebungsverbot, krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot, Demokratische Republik Kongo, minderjährig, Schutz von Ehe und Familie, gemeinsames Sorgerecht, Wiederaufnahme des Verfahrens, Asthma bronchiale, medizinische Versorgung, Medikamente
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1
Auszüge:

[...]

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Ablehnung einer Abänderung des Bescheides vom 17.03.2004 bezüglich der Feststellungen zu § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG durch den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 29.10.2008 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens liegen ebenso wie ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. [...]

Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger leidet - was auch vom Bundesamt nicht in Frage gestellt wurde - an einem schweren infektgetriggerten Asthma bronchiale, das zum Teil einer intensiven Inhalationstherapie als auch einer systematischen Medikation bedarf. Zwar ist diese Krankheit, wie vom Bundesamt im Bescheid vom 29.10.2008 festgestellt wurde, in der D.R. Kongo behandelbar. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass der Kläger bei einer Einreise dorthin in eine lebensbedrohliche Lage geraten würde. Dies ergibt sich aus dem mit Bescheid des Bundesamtes vom 06.05.2008 festgestellten Abschiebungshindernis für den nunmehr 5-jährigen Bruder des Klägers. Bedarf dieser der elterlichen Sorge im Bundesgebiet, ist die im streitgegenständlichen Bescheid vom 29.10.2008 vorausgesetzte gemeinsame Ausreise des Klägers mit seinen Eltern auszuschließen. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der Kläger, der auch in der D.R. Kongo für seinen Lebensunterhalt nicht selbst sorgen kann, ohne seine Eltern in der Lage wäre, die Hilfe zu beschaffen, die er zum Überleben benötigt. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass der Vater des Klägers bereits 1996 ausgereist ist und keine Anhaltspunkte dafür zu erkennen sind, dass die familiären Bindungen trotz seiner langjährigen Abwesenheit weiterhin derart gefestigt sind, dass ohne weiteres von einer Versorgungsbereitschaft seiner in der D.R. Kongo lebenden Angehörigen für seinen in der Bundesrepublik Deutschland geborenen und aufgewachsenen, 9-jährigen, schwer asthmakranken Sohn auszugehen wäre. Zum anderen ist in die Gefahrenprognose der erheblich gesteigerte finanzielle und pflegerische Bedarf des Klägers einzustellen, den seine Eltern bei einer gemeinsamen Rückkehr mit ihm mit Hilfe von sonstigen Angehörigen möglicherweise decken könnten (zu den Gefahren für in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder bei einer Rückkehr in der D.R. Kongo vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.01.2010 - A 5 S 63/08 -, JURIS), der aber bei einer alleinigen Rückkehr des Klägers, die eine wechselseitige Unterstützung im Familienverband ausschließt, ungedeckt bliebe. [...]