OVG Bremen

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Zitieren als:
OVG Bremen, Beschluss vom 06.10.2010 - 1 S 181/10 - asyl.net: M17787
https://www.asyl.net/rsdb/M17787
Leitsatz:

Die Aussetzung des Verfahrens auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bis zum Abschluss eines Strafverfahrens (§ 79 Abs. 2 AufenthG) kann nicht dazu führen, dass eine fristgebundene aufenthaltsrechtliche Position verlorengeht. Es spricht daher einiges dafür, dass eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 104a Abs. 1 AufenthG auch noch nach dem 31.12.2009 zu erteilen ist.

Schlagwörter: Aufenthaltserlaubnis, Aufenthaltserlaubnis auf Probe, Altfallregelung, Bleiberecht, vorläufiger Rechtsschutz, Unterbrechung, Strafverfahren, Schutz von Ehe und Familie, deutsches Kind, Vaterschaftsanfechtung
Normen: AufenthG § 104a Abs. 1, AufenthG § 79 Abs. 2, AufenthG § 104a Abs. 1 S. 1 Nr. 6, AufenthG § 104a Abs. 5 S. 1, GG Art. 6 Abs. 1, EMRK Art. 8 Abs. 1
Auszüge:

[...]

Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts (vgl. § 166 VwGO, §§ 114, 121 Abs. 2 ZPO) sind erfüllt. Die Klage, mit der der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erstrebt, besitzt hinreichende Erfolgsaussichten.

1. Dem Oberverwaltungsgericht erscheint fraglich, ob die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dem Kläger könne jetzt keine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG mehr erteilt werden, zutreffend ist.

Der Kläger hat im Oktober 2007 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG beantragt. Das Verfahren ist im Folgenden gemäß § 79 Abs. 2 AufenthG bis zum rechtskräftigen Abschluss eines gegen den Kläger eingeleiteten Strafverfahrens ausgesetzt worden (vgl. Schreiben der Beklagten an den Kläger vom 02.12.2009, Bl. 333 BA). Das strafrechtliche Verfahren ist mit Urteil des Landgerichts Bremen vom 16.02.2010, rechtskräftig seit 24.02.2010, abgeschlossen worden. In dem Urteil des Landgerichts ist die vom Amtsgericht Bremen-Blumenthal gegen den Kläger verhängte Geldstrafe von 100 Tagessätzen auf 50 Tagessätze gemindert worden. Damit steht § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht mehr entgegen (vgl. dazu auch Schreiben der Beklagten an den Kläger vom 03.12.2008, Bl. 305 BA).

Es spricht einiges dafür, dass dem Kläger bei dieser Sachlage der zwischenzeitlich erfolgte Ablauf der Frist des § 104a Abs. 5 Satz 1 AufenthG nicht entgegen gehalten werden kann. Eine Verfahrensaussetzung nach § 79 Abs. 2 AufenthG führt zu einer Unterbrechung des Aufenthaltserlaubnisverfahrens. Diese Unterbrechung, auf deren Dauer der Ausländer keinen Einfluss hat, kann nicht dazu führen, dass dem Betreffenden eine fristgebundene aufenthaltsrechtliche Position verloren geht. Es drängt sich vielmehr auf, dass der Ausländer so zu stellen ist, wie er ohne die Unterbrechung stehen würde. Danach spricht einiges dafür, dass dem Kläger ein Aufenthaltstitel nach § 104a Abs. 1 AufenthG zu erteilen ist, und zwar mit einer Geltungsdauer, wie sie die ohne die Unterbrechung erteilte Aufenthaltserlaubnis besessen hätte. [...]