VG Trier

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Zitieren als:
VG Trier, Beschluss vom 02.11.2010 - 5 L 1133/10.TR - asyl.net: M17795
https://www.asyl.net/rsdb/M17795
Leitsatz:

Vorläufige Aussetzung einer Dublin-Überstellung nach Griechenland.

Schlagwörter: Dublin II-VO, Dublinverfahren, vorläufiger Rechtsschutz, Griechenland, einstweilige Anordnung
Normen: AsylVfG § 27a, AsylVfG § 34a Abs. 2, VwGO § 123
Auszüge:

[...]

Der Eilantrag ist zulässig und auch begründet. Die Kammer hat bereits in ihrem Beschluss vom 18. Mai 2010 zum Az. 5 L 206/10.TR folgendes ausgeführt:

"Die Regelung des § 34a Abs. 2 AsylVfG steht einer gerichtlichen Eilentscheidung ebenfalls nicht im Wege. Der im Wortlaut des § 34a Abs. 2 AsylVfG zum Ausdruck kommende generelle Ausschluss einstweiligen Rechtsschutzes ist verfassungsrechtlich zweifelhaft. Wie das Bundesverfassungsgericht bereits in Bezug auf die Drittstaatsregelung in § 26a AsylVfG entschieden hat, bedarf die Regelung einer "sinnentsprechenden restriktiven Auslegung" (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93 -). Verfassungsrechtlich nicht unproblematisch ist der Ausschluss des vorläufigen Rechtsschutzes durch § 34a Abs. 2 AsyIVfG auch in dem hier maßgeblichen Anwendungsbereich des § 27a AsylVfG. Auch in diesem Bereich besteht laut Bundesverfassungsgericht Anlass zur Untersuchung, ob und gegebenenfalls welche Vorgaben das Grundgesetz in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG und Art. 16a Abs. 2 Sätze 1 und 3 GG für die fachgerichtliche Prüfung der Grenzen des Konzepts der normativen Vergewisserung bei der Anwendung von § 34a Abs. 2 AsylVfG trifft, wenn Gegenstand des Eilrechtsschutzantrags eine beabsichtigte Abschiebung in einen nach der Dublin II-VO zuständigen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. September 2009 - 2 BvQ 56/09 -). Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb eine einstweilige Anordnung erlassen, durch die eine Vollziehung der Abschiebung in den Dublin II-Staat Griechenland vorläufig untersagt wurde und damit gleichzeitig bestätigt, dass auch für die Fachgerichte im Rahmen des § 27a AsylVfG der Ausschluss des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 34 a Abs. 2 AsylVfG nicht absolut sein kann, sondern dort seine Grenzen findet, wo das dem § 34a Abs. 2 AsylVfG zugrunde liegende Konzept im Einzelfall nicht greift. [...]

Der Antrag führt vor dem Hintergrund der tatsächlichen Verhältnisse in Griechenland, die nicht zuletzt durch die momentane finanzielle Krise in Griechenland weiter verschärft werden (vgl. Urteil der 1. Kammer vom 11. Mai 2010 - 1 K 42/10.TR -), auch in der Sache zum Erfolg. Inwieweit die tatsächlichen Verhältnisse in Griechenland einer Abschiebung entgegenstehen und der von § 27a AsylVfG vorausgesetzte Schutz gewährt oder die auf gegenseitiges Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten gestützte Prognose widerlegt wird, ist im Rahmen der summarischen Prüfung nicht abschließend zu klären und bleibt einer Hauptsacheentscheidung vorbehalten. Bei einer Überstellung des Antragstellers nach Griechenland besteht jedenfalls die Gefahr, dass die Verwirklichung des Anspruchs des Antragstellers auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Zur Rückgängigmachung eingetretener Rechtsbeeinträchtigungen nach einer durchgeführten Abschiebung nach Griechenland hat das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 8. September 2009 - 2 BvQ 56/09 -) ausgeführt, dass insoweit bereits die Erreichbarkeit des Antragstellers in Griechenland für die Durchführung des Hauptsacheverfahrens nicht sichergestellt wäre, ihm in Griechenland eine Registrierung faktisch unmöglich sei und ihm die Obdachlosigkeit drohe." [...]