1. Ehegatten sind unter Anwendung des alten Verfahrensrechts des FEVG grundsätzlich vor der Entscheidung über die Freiheitsentziehung vom Haftgericht anzuhören. Diese Anhörung ist insbesondere deshalb unverzichtbar, da bei der Prüfung der Frage, ob ein Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, den sozialen Bindungen des Betroffenen besonderes Gewicht zukommt. Die (erneute) Anhörung des Ehegatten ist darüber hinaus auch im Beschwerdeverfahren und im Haftverlängerungsverfahren notwendig. Ausnahmen hiervon sind allenfalls denkbar, wenn von einer erneuten Anhörung keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind und eine Abwägung zwischen dem voraussichtlichen Kostenaufwand für die Anhörung und dem voraussichtlichen Gehalt der in der Anhörung zu erwartenden Erkenntnisse stattgefunden hat.
2. Haftverlängerungsanträge sind von der originär zuständigen Behörde zu stellen. Es handelt sich hierbei um keine unaufschiebbaren Maßnahmen, die eine Zuständigkeit der Behörde am Haftort begründen können, d.h. es besteht keine Notzuständigkeit wegen Gefahr im Verzug.
[...]
Der Beschwerdeführer wird durch die angegriffenen Entscheidungen in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt.
1. a) Die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) ist ein besonders hohes Rechtsgut, in das nur aus wichtigen Gründen eingegriffen werden darf (vgl. BVerfGE 10, 302 322>; 29, 312 316>). Geschützt wird die im Rahmen der geltenden allgemeinen Rechtsordnung gegebene tatsächliche körperliche Bewegungsfreiheit vor Eingriffen wie Verhaftung, Festnahme und ähnlichen Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs (vgl. BVerfGE 22, 21 26>; 94, 166 198>; 96, 10 21>). Nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG darf die in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistete Freiheit der Person nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Die formellen Gewährleistungen des Art. 104 GG stehen mit der materiellen Freiheitsgarantie des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in unlösbarem Zusammenhang (vgl. BVerfGE 10, 302 322>; 58, 208 220>). Art. 104 Abs. 1 GG nimmt den schon in Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG enthaltenen Gesetzesvorbehalt auf und verstärkt ihn für alle Freiheitsbeschränkungen, indem er neben der Forderung nach einem förmlichen Gesetz die Pflicht, die sich aus diesem Gesetz ergebenden freiheitsschützenden Formvorschriften zu beachten, zum Verfassungsgebot erhebt (vgl. BVerfGE 10, 302 323>; 29, 183 195 f.>; 58, 208 220>).
b) Inhalt und Reichweite der Formvorschriften, deren Beachtung über Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG zum Verfassungsgebot erhoben ist, sind von den Fachgerichten so auszulegen, dass sie eine der Bedeutung des Grundrechts angemessene Wirkung entfalten können. Jenseits der Grenze der Aushöhlung und Entwertung des Grundrechts über das Verfahrensrecht verbleibt den Fachgerichten aber Raum, sich zwischen mehreren möglichen Deutungen des Gesetzes zu entscheiden. Es bleibt in erster Linie Aufgabe der Fachgerichte, den Sinn des Gesetzesrechts mit Hilfe der anerkannten Methoden der Rechtsfindung zu ergründen. Das Bundesverfassungsgericht greift erst dann korrigierend ein, wenn das fachgerichtliche Auslegungsergebnis über die vom Grundgesetz gezogenen Grenzen hinausgreift, insbesondere wenn es mit Bedeutung und Tragweite des Grundrechts auf persönliche Freiheit nicht zu vereinbaren ist oder wenn es sachlich schlechthin unhaltbar ist und somit Willkür vorliegt (BVerfGE 65, 317 322 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Februar 2009 - 2 BvR 1537/08 -, juris).
2. Mit diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben stehen die angegriffenen Entscheidungen nicht im Einklang.
a) Das Amtsgericht hat seine Entscheidungen vom 12. April 2008 über die erstmalige Anordnung der Abschiebungshaft und vom 19. Mai 2008 über die Verlängerung der Abschiebungshaft entgegen § 5 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen (FreihEntzG) gefällt, ohne die Ehefrau des Beschwerdeführers zuvor angehört zu haben. Damit hat es die sich aus dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG ergebenden Maßstäbe ebenso verkannt wie die bestätigenden Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts, in denen der erstinstanzliche Anhörungsmangel gerechtfertigt worden ist.
aa) Zu den Verfahrensgarantien, die Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG fordert und mit grundrechtlichem Schutz versieht, gehört auch die in § 5 Abs. 3 Satz 2 FreihEntzG statuierte richterliche Pflicht, den Ehegatten des betroffenen Ausländers vor Anordnung oder Verlängerung der Abschiebungshaft grundsätzlich anzuhören.
bb) Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 12. April 2008 gegen die gesetzlich vorgeschriebene Anhörungspflicht des § 5 Abs. 3 Satz 2 FreihEntzG verstoßen. Die Ehefrau des Beschwerdeführers ist vor Erlass der Abschiebungshaftanordnung nicht gehört worden. Von einer Anhörung der Ehefrau durfte auch nicht ausnahmsweise abgesehen werden. Eine Anhörung kann nach § 5 Abs. 3 Satz 4 FreihEntzG zwar unterbleiben, wenn sie nicht ohne erhebliche Verzögerung oder nicht ohne unverhältnismäßige Kosten möglich ist. Zu diesen Voraussetzungen enthält der Beschluss des Amtsgerichts jedoch keine Feststellungen.
Die in dem Beschluss des Landgerichts vom 5. Mai 2008 enthaltenen Erwägungen, nach denen die Anhörung aufgrund der großen räumlichen Distanz des Gerichtsstandortes zum Aufenthaltsort der Ehefrau des Beschwerdeführers in Leipzig und unter Berücksichtigung der im Zeitpunkt der Entscheidung des Amtsgerichts gegebenen Eilsituation zu einer erheblichen Verzögerung geführt hätte, sind für die verfassungsrechtliche Beurteilung ohne Bedeutung, da sie mit den hiervon abweichenden Erwägungen des Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 23. Juli 2008 überholt und damit gegenstandslos geworden sind.
cc) Soweit das Oberlandesgericht in seinem Beschluss vom 23. Juli 2008 zu der Auffassung gelangt, der mit dem Beschluss des Amtsgerichts vom 12. April 2008 verbundene Verfahrensverstoß sei mit der nachträglichen Anhörung durch das Landgericht am 2. Mai 2008 geheilt worden, wird seine Rechtsanwendung den grundrechtlichen Anforderungen nicht gerecht.
Verstößt der Richter gegen das Gebot vorheriger Anhörung des Betroffenen, so drückt dieses Unterlassen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der gleichwohl angeordneten Sicherungshaft den Makel einer rechtswidrigen Freiheitsentziehung auf, der durch Nachholung der Maßnahme rückwirkend nicht mehr zu tilgen ist (vgl. BVerfGE 58, 208 222 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Januar 1990 - 2 BvR 1592/88 -, NJW 1990, S. 2309 2310>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 11. März 1996 - 2 BvR 927/95 -, InfAuslR 1996, S. 198). Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn das Gericht gegen die gesetzliche Pflicht verstößt, die Ehefrau des Betroffenen vor Erlass der Haftanordnung anzuhören.
Die nach § 5 Abs. 3 Satz 2 FreihEntzG grundsätzlich gebotene Anhörung der Ehefrau des Betroffenen ist - wie die Anhörung des Betroffenen selbst - Teil der richterlichen Sachaufklärung (§ 12 FGG in Verbindung mit § 3 Satz 2 FreihEntzG).
Der Richter darf sich bei der Anordnung von Freiheitsentziehungen nicht auf die Prüfung der von der antragstellenden Behörde vorgetragenen Gründe für die Sicherungshaft beschränken, sondern muss eigenverantwortlich die Tatsachen feststellen, die eine Freiheitsentziehung rechtfertigen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 11. März 1996 - 2 BvR 927/95 -, InfAuslR 1996, S. 198). Hierfür ist die persönliche Anhörung der Ehefrau des Betroffenen grundsätzlich unverzichtbar. Insbesondere bei der Prüfung, ob der im Sinne von § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer glaubhaft machen kann, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will (§ 62 Abs. 2 Satz 3 AufenthG), kommt den sozialen Bindungen des Betroffenen besonderes Gewicht zu. Dass für die Entscheidung darüber, ob der Ausländer sich seiner Abschiebung zu entziehen droht, Art und Intensität der familiären Bindung etwa zum Ehegatten erheblich sind, bedarf keiner näheren Erklärung (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 1. Juni 2007 - 1-3 Wx 109/07, 3 Wx 109/07 -, InfAuslR 2007, S. 294).
Das Oberlandesgericht hat sich mit der Frage, ob der mögliche Verfahrensfehler der unterbliebenen Anhörung der Ehefrau rückwirkend geheilt werden kann, nicht befasst, sondern sie ausschließlich unter Aspekten zulässigen Rechtsschutzes gewürdigt. Dies mag von seinem - mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbaren (s. unten II.) - Rechtsstandpunkt her folgerichtig gewesen sein, ändert im Ergebnis aber nichts am Vorliegen eines Verstoßes gegen eine grundrechtserhebliche Verfahrensvorschrift, weil unerörtert geblieben ist, ob das Unterlassen der Anhörung der Ehefrau gemäß § 5 Abs. 3 Satz 4 FreihEntzG gerechtfertigt war.
dd) Die Entscheidung des Amtsgerichts vom 19. Mai 2008 über die Verlängerung der Abschiebungshaft des Beschwerdeführers sowie die sie bestätigenden Entscheidungen des Landgerichts vom 29. Mai 2008 und des Oberlandesgerichts vom 23. Juli 2008 missachten die gesetzlich vorgeschriebene Anhörungspflicht des § 5 Abs. 3 Satz 2 FreihEntzG ebenfalls.
Die Ehefrau des Beschwerdeführers wurde im Rahmen des Haftverlängerungsverfahrens weder vom Amtsgericht noch vom Landgericht angehört. Soweit das Landgericht und das Oberlandesgericht zu der Auffassung gelangen, einer erneuten Anhörung habe es nicht bedurft, weil sie keine zusätzlichen Erkenntnisse hätte erbringen können, widerspricht diese Betrachtungsweise den sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG ergebenden verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Auslegung und Anwendung von Formvorschriften.
Landgericht und Oberlandesgericht stützen sich auf die Bestimmung des § 5 Abs. 3 Satz 4 FreihEntzG, nach der die Anhörung unterbleiben kann, wenn sie nicht ohne erhebliche Verzögerung oder nicht ohne unverhältnismäßige Kosten möglich ist. Fälle, in denen eine Anhörung keine zusätzlichen Erkenntnisse erwarten lässt, werden schon vom Wortlaut der Norm nicht erfasst. Die Erwägungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts deuten allerdings daraufhin, dass sie derartige Fälle der in § 5 Abs. 3 Satz 4 FreihEntzG geregelten zweiten Ausnahme zuordnen, nach der eine Anhörung unterbleiben kann, wenn sie nicht ohne unverhältnismäßige Kosten möglich ist. Selbst wenn die Norm eine solche Auslegung zulässt, haben Landgericht und Oberlandesgericht jedenfalls übersehen, dass bei der Anwendung dieser Ausnahmebestimmung eine Abwägung zwischen dem voraussichtlichen Kostenaufwand für die Durchführung der Anhörung der Ehefrau des Beschwerdeführers und dem voraussichtlichen Gehalt der von der Anhörung zu erwartenden Erkenntnisse verfassungsrechtlich geboten ist. Den Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts ist nicht zu entnehmen, dass eine Abwägung stattgefunden hat. Beide Gerichte haben sich auf die Prüfung beschränkt, ob eine weitere Anhörung Erkenntnisse hätte erbringen können, die über die Ergebnisse der am 2. Mai 2008 von dem Landgericht durchgeführten Anhörung hinausreichen. Damit überschreiten sie die ihnen durch Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG gesetzten Grenzen bei der Auslegung und Anwendung der Vorschrift des § 5 Abs. 3 Satz 4. FreihEntzG.
b) Die im Verfahren über die Verlängerung der Abschiebungshaft des Beschwerdeführers ergangenen Entscheidungen des Amtsgerichts, des Landgerichts und des Oberlandesgerichts verletzen den Beschwerdeführer ferner deshalb in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG, weil sie davon ausgehen, der Antrag auf Verlängerung der Abschiebungshaft sei von der nach § 3 Satz 1 FreihEntzG zuständigen Behörde gestellt worden.
aa) Die Bestimmung des § 3 Satz 1 FreihEntzG, derzufolge ein Haftantrag von der zuständigen Behörde zu stellen ist, gehört zu den Formvorschriften, deren Beachtung durch Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG zum Verfassungsgebot erhoben ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Februar 2009 - 2 BvR 1537/08 -, juris).
bb) Die Gerichte haben § 3 Satz 1 FreihEntzG in einer Weise angewendet, die unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar ist.
Das Amtsgericht hat die Zuständigkeit der Ausländerbehörde in Hamburg ohne nähere Begründung angenommen. Ob die Annahme des Landgerichts, die Ausländerbehörde in Hamburg habe in Amtshilfe für die Ausländerbehörde in Leipzig gehandelt, den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht, kann dahinstehen, da diese Begründung aufgrund der abweichenden Erwägungen des Oberlandesgerichts prozessual überholt ist.
Die Auffassung des Oberlandesgerichts, die Ausländerbehörde in Hamburg sei für den Antrag auf Verlängerung der Abschiebungshaft des Beschwerdeführers zuständig gewesen, findet in der von ihm herangezogenen Bestimmung des § 3 Abs. 5 Satz 1 des Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes keine Grundlage.
Nach dieser Bestimmung ist bei Gefahr im Verzug für unaufschiebbare Maßnahmen jede Behörde örtlich zuständig, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt. In dem Zeitpunkt, als die Ausländerbehörde in Hamburg den Antrag auf Verlängerung der Abschiebungshaft gestellt hat, war jedoch offensichtlich keine Gefahr im Verzug.
Eine Gefahr im Verzug liegt vor, wenn der Eintritt eines Schadens für ein wesentliches Rechtsgut unmittelbar bevorsteht und bei einer ex-ante-Betrachtung eine sofortige Entscheidung im öffentlichen Interesse notwendig erscheint (vgl. Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 3 Rn. 43; Ziekow, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2006, § 3 Rn. 31). Eine sich hieraus ergebende (Not)Zuständigkeit kann also nur dann bejaht werden, wenn die nach den allgemeinen Vorschriften zuständige Behörde voraussichtlich nicht in der Lage ist, die erforderlichen Maßnahmen so rechtzeitig zu treffen, dass deren Erfolg nicht in Frage gestellt wird (vgl. BVerwGE 68, 267 271 f:>; 80, 299 303 f.>; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 11. Aufl. 2010, § 3 Rn. 54).
Diese Voraussetzungen waren bei der Antragstellung nicht erfüllt. Der Verlängerungsantrag wurde einen Monat nach der Festnahme und drei Tage vor dem Ende des in der erstmaligen Anordnung festgesetzten Haftzeitraums gestellt. Es sind keine Umstände ersichtlich, deretwegen die Ausländerbehörde in Leipzig gehindert gewesen sein könnte, einen Verlängerungsantrag zu stellen.
Soweit sich das Oberlandesgericht auf Ziffer 71.1.2.5 der Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Aufenthaltsgesetz und zum Freizügigkeitsgesetz/EU vom 22. Dezember 2004 (VAH) stützt, ist bereits nicht nachvollziehbar, inwiefern die Berufung auf eine Verwaltungsvorschrift das Gericht von eigener Auslegung und Anwendung der Gesetzesvorschriften entbinden könnte. Zudem entnimmt das Oberlandesgericht den Vorläufigen Anwendungshinweisen eine Regel, die sie eindeutig nicht enthalten. Nach Ziffer 71.1.2.5 VAH sind unaufschiebbare Maßnahmen, für die sich nach Landesrecht eine sogenannte Eilzuständigkeit ergeben kann, insbesondere die Zurückschiebung und die Abschiebung, wenn sie anderenfalls vereitelt oder wesentlich erschwert würden, die Beantragung von Abschiebungshaft, die Einbehaltung des Passes sowie die Durchsetzung der räumlichen Beschränkung. Nach dem Wortlaut der Ziffer 71.1.2.5 VAH ("kann") wird eine Eilzuständigkeit für die Beantragung von Abschiebungshaft nicht generell bejaht, so dass die Umstände des Einzelfalls entscheidend sind. Die Betrachtungsweise des Oberlandesgerichts führte letztlich dazu, dass die Beantragung von Abschiebungshaft immer als unaufschiebbare Maßnahme zu begreifen wäre, was mit den landesrechtlichen Zuständigkeitsregeln, auf die sich § 3 Satz 1 FreihEntzG bezieht, nicht zu vereinbaren wäre.
c) Die Kammer sieht davon ab, die Frage zu erörtern, ob die angegriffenen Entscheidungen auch deshalb mit Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG nicht im Einklang stehen, weil sie dem Umstand, dass der Beschwerdeführer vor der Anordnung der Abschiebehaft und ihrer Verlängerung nicht über seine Rechte aus Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 1, Satz 2 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24. April 1963 (WÜK, BGBl 1969 II S. 1585) unterrichtet worden ist, keine Bedeutung für die Zulässigkeit der Sicherungshaft beigemessen haben. Der Bundesgerichtshof hat die Bedeutung der Belehrung gemäß Art. 36 Abs. 1 WÜK für die Rechtmäßigkeit einer Inhaftierung mit Beschluss vom 6. Mai 2010 - V ZB 223/09 - (juris) ausreichend geklärt. Im Hinblick auf die aus anderen Gründen festzustellende Verletzung der Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG bedarf es hier keiner weiteren Befassung des Bundesverfassungsgerichts. [...]