OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.10.2010 - 3 A 1627/10.A - asyl.net: M17911
https://www.asyl.net/rsdb/M17911
Leitsatz:

Tschetschenen, die keine besonderen Risikomerkmale aufweisen, unterliegen in der Russischen Föderation keiner an ihre Volkszugehörigkeit anknüpfenden Gruppenverfolgung. Dies gilt unabhängig davon, ob sie sich während des zweiten Tschetschenienkrieges dort aufgehalten haben, so dass die als grundsätzlich aufgeworfene Frage einer inländischen Fluchtalternative nicht (mehr) von Belang ist.

Schlagwörter: Asylverfahren, Flüchtlingsanerkennung, Russische Föderation, Tschetschenen, Tschetschenien, interne Fluchtalternative, Vorverfolgung, Beweiserleichterung, Existenzgrundlage
Normen: AsylVfG § 3 Abs. 1, AufenthG § 60 Abs. 1, RL 2004/83/EG Art. 8 Abs. 1, RL 2004/83/EG Art. 4 Abs. 4
Auszüge:

[...]

Im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats ist obergerichtlich hinreichend geklärt, dass Tschetschenen, die keine besonderen Risikomerkmale aufweisen, in der Russischen Föderation keiner an ihre Volkszugehörigkeit anknüpfenden Gruppenverfolgung unterliegen, und zwar namentlich nicht in Tschetschenien und unabhängig davon, ob sie sich während des zweiten Tschetschenienkrieges dort aufgehalten haben, sodass die als grundsätzlich aufgeworfene Frage einer inländischen Fluchtalternative in der Russischen Föderation für das angestrebte Berufungsverfahren nicht (mehr) von Belang ist.

Dies gilt unabhängig davon, dass sich der bisher zuständige 11. Senat des erkennenden Gerichts zuletzt in dem Urteil vom 12. Juli 2005 - 11 A 2307/03.A - mit der Situation von Tschetschenen in der Russischen Föderation befasst hat und in der Zeit nach Ergehen dieses Urteils verschiedene Gerichte eine Gruppenverfolgung für möglich gehalten haben (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 9. April 2008 - 3 UE 460/06.A - (Verhältnisse im August 2001) und Beschluss vom 9. April 2008 - 3 UE 457/06.A - (Verhältnisse im Oktober 2002, jedoch im Zeitpunkt der Entscheidung interner Schutz in anderen Regionen der Russischen Föderation, bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 5. Mai 2009 - 10 C 19.08 -); OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 31. März 2006 - 2 L 40/06 - (Verhältnisse im März 2006, aufgehoben und zurückverwiesen durch BVerwG, Urteil vom 1. Februar 2007 -1 C 24.06 NVwZ 2007, 590), jeweils zitiert nach Juris).

Entscheidend ist nämlich, dass in letzter Zeit die Obergerichte, die sich mit der Situation in Tschetschenien befasst haben, darunter der Hessische VGH und das OVG Sachsen-Anhalt, die zuvor einen anderen Standpunkt einnahmen, davon ausgehen, dass dem hier zu würdigenden Personenkreis bei einer Rückkehr nach Tschetschenien oder in die übrigen Gebiete der Russischen Föderation grundsätzlich keine Gruppenverfolgung droht. [...]