VG Würzburg

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Zitieren als:
VG Würzburg, Beschluss vom 27.08.2009 - W 4 E 09.30167 - asyl.net: M17943
https://www.asyl.net/rsdb/M17943
Leitsatz:

Vorläufige Aussetzung einer Dublin-Überstellung nach Griechenland.

Schlagwörter: Dublin II-VO, Dublinverfahren, vorläufiger Rechtsschutz, Griechenland, einstweilige Anordnung, Rechtsschutzinteresse, Zustellung, Zustimmungsfiktion, Rechtsweggarantie, Konzept der normativen Vergewisserung
Normen: AsylVfG § 27a, AsylVfG § 34a Abs. 2, VwGO § 123 Abs. 1, VO 343/2003 Art. 18 Abs. 7, GG Art. 19 Abs. 4
Auszüge:

[...]

Für den Antrag gemäß § 123 Abs. 1 VwGO ist das Rechtsschutzbedürfnis gegeben, obwohl dem Antragsteller noch keine Abschiebungsanordnung zugestellt worden ist. Das Bundesamt hat am 23. April 2009 ein Übernahmeersuchen an Griechenland gerichtet. Dieses wurde – soweit ersichtlich – von Griechenland noch nicht beantwortet. Damit ist die Zwei-Monatsfrist des Art. 18 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Abl. L 50/1 vom 25. Februar 2003, Dublin II) abgelaufen. Das Bundesamt hat unter dem 23. Juli 2009 bereits einen Bescheid gefertigt, der die Abschiebung des Antragstellers nach Griechenland anordnet. Vor diesem Hindergrund kann es dem Antragsteller nicht zugemutet werden, mit einer Antragstellung abzuwarten, bis ihm die Abschiebungsanordnung förmlich bekannt gegeben wird. Ansonsten wäre bei der dann unmittelbar stattfindenden Abschiebung die Inanspruchnahme effektiven Rechtsschutzes i.S.d. Art. 19 Abs. 4 GG möglicherweise unzumutbar erschwert.

Nach § 34a Abs. 2 AsylVfG darf allerdings die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens nach § 27a AsylVfG zuständigen Staat nicht nach § 123 VwGO ausgesetzt werden. Diese Vorschrift mutet es dem Betroffenen zu, die Rechtsverfolgung vom zuständigen Staat im Sinne der Dublin II-VO zu betreiben.

Mit einem Teil der Rechtsprechung (siehe zuletzt VG Frankfurt am Main, U.v. 08.07.2009, 7 K 4376/07.F.A. <juris>) muss aber davon ausgegangen werden, dass dieses Verbot nicht greift, wenn der "Grundsatz der normativen Vergewisserung" nicht anwendbar ist, wenn nämlich die Grundlage der Regelung, dass alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaften "sichere Drittstaaten" sind, im Einzelfall erschüttert ist. So ist es im vorliegenden Fall. Im Einzelnen wird auf die Urteile der Kammer vom 10. März 2009 (W 4 K 08.30122 und W 4 K 08.30198) verwiesen. [...]