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OVG Saarland

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Zitieren als:
OVG Saarland, Beschluss vom 06.12.2010 - 3 A 4/10 - asyl.net: M17961
https://www.asyl.net/rsdb/M17961
Leitsatz:

Keine Verfolgungsgefahr für sämtliche iranische Asylbewerber aufgrund der Ereignisse nach der Präsidentschaftswahl vom 12.6.2009, d.h. keine objektiven Nachfluchtgründe.

Schlagwörter: Asylverfahren, Flüchtlingsanerkennung, Iran, Rückkehr, Verfolgungsgefahr, Berufungszulassungsantrag, Grundsätzliche Bedeutung, Änderung der Sachlage, objektive Nachfluchtgründe
Normen: AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 1, AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

[...]

Soweit er aus dem seit den Präsidentschaftswahlen zu verzeichnenden Einschreiten gegen politische Oppositionelle einen objektiven Nachfluchtgrund für sämtliche iranische Asylbewerber herleiten will, fehlt es für diese Schlussfolgerung an jeglicher Grundlage. Ein berufungsgerichtlicher Klärungsbedarf ist insoweit nicht erkennbar. Nach der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass ein in den Iran zurückkehrender Asylbewerber allein aufgrund der Asylantragstellung bzw. des Auslandsaufenthalts mit abschiebungsschutzrechtlich relevanten Übergriffen rechnen müsste (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Urteil vom 26.6.2007 - 1 A 222/07 - sowie Beschluss vom 16.8.2006 - 3 Q 78/06 -; BayVGH, Beschluss vom 14.5.2007 - 17 ZB 07.30240 -; Sächsisches OVG, Urteil vom 10.11.2009 - A 2 A 571/08 - m.w.N.; OVG Berlin/Brandenburg, Urteil vom 16.9.2009 - OVG 3 B 12.07 -; OVG Bremen, Urteil vom 9.1.2008 - 2 A 275/06.A -; jeweils dokumentiert bei Juris).

Die Ausführungen des Klägers bieten keinen Anlass dazu, diese Einschätzung einer erneuten Überprüfung in einem Berufungsverfahren zu unterziehen. Denn der Kläger hat keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass Asylbewerber aufgrund der nach den Präsidentschaftswahlen zu verzeichnenden innenpolitischen Auseinandersetzungen nunmehr abweichend von der bisherigen Praxis mit einer allein auf die Asylantragstellung bzw. den Auslandsaufenthalt gründenden Verfolgungsgefahr rechnen müssten. Insbesondere hat er auch keinerlei Tatsachen angegeben, die darauf schließen ließen, dass Asylbewerber generell einer Anhängerschaft zur politischen Opposition verdächtigt würden und von daher Repressalien befürchten müssten. Auch lassen sich den dem Senat vorliegenden jüngeren Erkenntnissen keine Anzeichen dafür entnehmen, dass sich infolge der innenpolitischen Entwicklung im Iran seit der Präsidentschaftswahl die Situation für zurückkehrende Asylbewerber verschlechtert habe. Vielmehr geht aus den jüngsten Lageberichten des Auswärtigen Amtes vom 19.11.2009 und vom 28.7.2010 (vgl. Berichte über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran (Stand: Oktober 2009 bzw. Juni 2010)) hervor, dass - wenn auch die von der Regierung des Iran als existenziell wahrgenommene Bedrohung des Systems durch die heterogene Oppositionsbewegung dazu geführt habe, dass diese mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft werde - allein der Umstand, dass eine Person in Deutschland einen Asylantrag gestellt habe, nach wie vor keine staatlichen Repressionen nach der Rückkehr in den Iran auslöse. Bei der Rückkehr könne es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen, besonders zu Kontakten während dieser Zeit. Die Befragung gehe in Ausnahmefällen mit einer ein- bis zweitägigen Inhaftierung einher. Keiner westlichen Botschaft sei bisher aber ein Fall bekannt geworden, in dem Zurückgeführte darüber hinaus staatlichen Repressionen ausgesetzt gewesen seien. Es sei auch kein Fall bekannt geworden, in dem ein Zurückgeführter im Rahmen seiner Befragung psychisch oder physisch gefoltert worden sei. Es gebe derzeit keine Hinweise auf eine Veränderung bei dieser Praxis. [...]