OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 28.12.2010 - 11 ME 469/10 - asyl.net: M18033
https://www.asyl.net/rsdb/M18033
Leitsatz:

Kein Aufenthaltsrecht für Mutter volljähriger Kinder. Die libanesische Antragstellerin mag sich mehr als in der deutschen Bevölkerung allgemein üblich um ihre volljährigen Söhne kümmern; zwingend angewiesen sind diese auf ihre Lebenshilfe jedoch nicht.

Schlagwörter: vorläufiger Rechtsschutz, Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen, Verlängerungsantrag, Achtung des Privatlebens, Achtung des Familienlebens, Schutz von Ehe und Familie, Verwurzelung, Integration, Vertrauensschutz, Zumutbarkeit, außergewöhnliche Härte, Libanon, Krankheit
Normen: VwGO § 80 Abs. 5, AufenthG § 25 Abs. 5, EMRK Art. 8, AufenthG § 25 Abs. 4 S. 2
Auszüge:

[...]

Soweit sich die Antragstellerin auf den Schutz ihres Familienlebens, insbesondere die Beziehung zu ihren drei im Bundesgebiet lebenden Söhnen beruft, mag offen bleiben, ob insoweit nicht statt § 25 Abs. 5 AufenthG vorrangig § 36 Abs. 2 AufenthG, auf den sie nicht eingeht, als Rechtsgrundlage in Betracht zu ziehen ist, da jedenfalls keine anderen als die vom Verwaltungsgericht genannten Voraussetzungen erforderlich sind (vgl. Senatsbeschl. v. 2.11.2006 - 11 ME 197/06 -, InfAuslR 2007, 67 ff.). Erforderlich ist also, dass der im Bundesgebiet oder der im Ausland lebende Familienangehörige ein eigenständiges Leben nicht führen kann, sondern auf die Gewährung familiärer Lebenshilfe angewiesen ist, und dass diese Hilfe in zumutbarer Weise nur im Bundesgebiet erbracht werden kann. Die letztgenannte Voraussetzung übergeht die Antragstellerin völlig. Sollte sie annehmen, allein die Tatsache, dass ihre jüngeren, bei ihr lebenden, im Libanon geborenen und dort zunächst aufgewachsenen Söhne über eine Niederlassungserlaubnis verfügen, führe dazu, dass ihnen das Verlassen des Bundesgebiets unzumutbar sei, trifft dies nicht zu (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.4.2009 - 1 C 3/08 -, NVwZ 2009, 1239 ff., Rn. 18 f.). Sonstige Gründe für eine solche Unzumutbarkeit drängen sich auch dem Senat nicht auf, zumal der Asylantrag der Antragstellerin und ihrer Söhne als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist und die älteren Söhne deshalb bereits einmal in den Libanon zurückgekehrt sind. Im Übrigen ist auch die weitere o.a. Voraussetzung nicht gegeben. Die Antragstellerin mag sich mehr als dies in der deutschen Bevölkerung allgemein üblich ist um ihre volljährigen Söhne kümmern; zwingend angewiesen sind sie auf ihre Lebenshilfe jedoch nicht. Dies gilt auch für ... Dass er gesundheitsbedingt auch aktuell noch der besonderen Betreuung bedarf, ist nicht zu erkennen. Die Antragstellerin räumt selbst ein, dass seine Krebserkrankung - "im Moment" - überwunden ist. Nachweise über weiterhin geltend gemachten Rezidivvorsorgemaßnahmen sind mindestens zwei Jahre alt und damit nicht hinreichend aussagekräftig. Ebenso wenig ist umgekehrt die Antragstellerin gesundheitsbedingt auf die Lebenshilfe ihrer Söhne angewiesen. Das macht sie auch selbst nicht substantiiert geltend. Schließlich übergeht die Antragstellerin mit ihrem im Beschwerdeverfahren wiederholten Vorbringen, sonstige Verwandte im Libanon nicht bzw. den Kontakt zu ihnen verloren zu haben, auch die o.a. zutreffenden Argumente des Verwaltungsgerichts gegen die Glaubhaftigkeit dieser Angaben der Antragstellerin. Dies gilt insbesondere für den ihr vermeintlich unbekannten, noch im letzten Jahr aber gegenüber der Antragsgegnerin angegebenen Aufenthaltsort ihrer Töchter (in Beirut). Gegen ihre weitere diesbezügliche Behauptung, eine etwaige Kontaktaufnahme mit den Töchtern werde durch ihren geschiedenen Ehemann vereitelt, spricht zusätzlich die - kurz nach der aufwendigen Feststellung der zutreffenden Familienverhältnisse durch den Antragsgegner - erfolgte Scheidung und die damit verbundene Vereinbarung der Ehegatten, dass "gemäß unserer Vereinbarung sämtliche Sorgerechtsverantwortung für alle Kinder" an die Antragstellerin und nicht an ihren geschiedenen Ehemann übertragen werde.

Bei dieser Sachlage hat das Verwaltungsgericht zu Recht auch das Vorliegen einer außergewöhnlichen Härte i.S.d. § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG verneint. Bei ihrer abweichenden Bewertung setzt die Antragstellerin einen Sachverhalt voraus, der nicht gegeben ist. So hat sie zunächst - wie dargelegt - nicht näher ausgeführt, warum eine Fortführung der Lebensgemeinschaft mit ihren ledigen jüngeren Söhnen im Libanon unzumutbar sein soll. Ebenso wenig medizinisch belegt ist ihre weitere Behauptung, der (unterstellte) trennungsbedingte Stress könne heute noch zu einem Rückfall der Krebserkrankung von ... führen. Und schließlich reicht angesichts der vielfachen Täuschungen der Antragstellerin über die Familienverhältnisse zum Zwecke des Erhalts eines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet auch ihre bloße Behauptung nicht aus, im Libanon weder Unterstützung durch ihre nach Aktenlage zuletzt dort lebenden, ledigen Töchter, ihre dort lebenden Geschwister oder durch ihren - nach ihren Angaben - im Bundesgebiet lebenden Bruder zu erhalten. [...]