Krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG, da die Klägerin aufgrund ihrer finanziellen und auch aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation nicht in der Lage sein wird, sich in Armenien selbst die notwendige Behandlung und Medikation zu sichern.
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Die Klägerin hat aufgrund ihrer Arbeitsunfähigkeit wegen der amtsärztlich festgestellten chronischen Erkrankungen bei gleichzeitigem ständigem Bedarf an wenigstens zum Teil kostenpflichtiger medizinischer und medikamentöser Behandlung einen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Sie wird daher durch den entgegenstehenden Bescheid der Beklagten vom 21.01.2008 in ihren Rechten verletzt. [...]
In Anwendung dieser Grundsätze ist das Gericht bei der vorzunehmenden qualifizierenden und bewertenden Betrachtungsweise aufgrund der vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und der amtsärztlichen Gutachten der Überzeugung, dass der Klägerin bei einer Rückkehr nach Armenien eine erhebliche krankheitsbedingte individuelle Gefahr droht. Nach den vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen ist davon auszugehen, dass die Klägerin auf Grund ihres Gesundheitszustandes einer weiteren medikamentösen Behandlung sowie einer dauernden ärztlichen Betreuung bedarf, die sie sich nicht wird beschaffen können, soweit diese kostenpflichtig ist bzw. von Ärzten oder Apotheken extralegale Zahlungen zur Bedingung gemacht werden. Ohne die erforderliche medikamentöse Behandlung und ärztliche Betreuung wird die Klägerin wohl nicht wieder arbeitsfähig werden und angesichts der hohen Arbeitslosigkeit und des niedrigen Mindestgehalts nicht in der Lage sein, sich das zum Existenzminimum Notwendige zu besorgen.
Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Klägerin aufgrund ihrer finanziellen und auch aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation nicht in der Lage ist, sich selbst in Armenien die notwendige Behandlung und Medikation zu sichern. Auch mit einer effektiven Unterstützung durch noch dort lebende Angehörige kann sie nicht rechnen. Die Behandlung der festgestellten Erkrankungen der Klägerin ist in Armenien nach den vorliegenden Erkenntnissen zwar sowohl ambulant als auch stationär möglich, aber nur teilweise kostenlos. Nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amts über Armenien vom 11.08.2009 ist die medizinische Versorgung in Armenien zwar flächendeckend gewährleistet und gibt es ein Gesetz über die kostenlose medizinische Behandlung im Gesundheitswesen. Aber da die den Kliniken zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel, trotz kontinuierlicher Aufstockung, weder für den Betrieb noch für die Ausgabe von Medikamenten ausreichen, sind die Kliniken gezwungen, von den Patienten extralegale Zahlungen zu verlangen. Darüber hinaus sind die Informationen über die kostenlose Behandlung nur im Prinzip öffentlich und schwierig zu erhalten und damit auch schwierig durchzusetzen, wenn auch nach Informationen des Auswärtigen Amtes immer mehr Patienten erfolgreich auf diesem Recht bestehen. Da die Klägerin laut dem vorliegenden amtsärztlichen Gutachten arbeitsunfähig ist und es in Armenien keine Sozialhilfeleistungen gibt, so dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung (2007 etwa 25 %) unter Armutsgrenze leben muss und auf Unterstützungsleistungen humanitärer Organisationen oder im Ausland lebender Verwandten angewiesen ist, kann die Kläger in nicht darauf verwiesen werden, sie möge ihr Recht auf kostenlose Behandlung in Armenien durchsetzen - sie kann ja nicht einmal ihren Lebensunterhalt sicherstellen. Denn die Klägerin kann nach Überzeugung des Gerichts aufgrund der konkreten Angaben zu den finanziellen Möglichkeiten ihrer Kinder und ihrer Geschwister nicht damit rechnen, dass sie von diesen unterstützt werden wird. Auf die Unterstützung von humanitären Organisationen muss sie sich in diesem Zusammenhang auch nicht verweisen lassen. [...]