Kein Nachweis der Identität für praktische Führerscheinprüfung durch Duldung möglich (hebt B.v. 3.1.2002 des VG München - M 6a E 01.56 47 u. M 6a E 01.6242 -; 5 S., M1708, auf).(Leitsatz der Redaktion)
Die Frage der Identitätsprüfung im Sinne der Vorschriften der §§ 16 Abs. 3 Satz 3, 17 Abs. 5 Satz 2 FeV ist nach Auffassung des Senats anders zu beantworten, als das Erstgericht dies tut. Bei der rechtlichen Würdigung der einschlägigen Vorschriften kann nicht außer Betracht bleiben, dass der Gesetzgeber die Überprüfung der Identität des Fahrerlaubnisbewerbers im Verfahrensstadium der Prüfungsabnahme und vor Aushändigung des Führerscheins den jeweiligen Prüfern der technischen Prüfstelle überantwortet hat. Dementsprechend hat er die Identitätskontrolle am objektiven Kriterium der gesetzlichen Ausweispapiere (Personalausweis und Pass) festgemacht, um einer Überforderung der an sich allein für andere Aufgaben, nämlich für die Prüfung fachtechnischer Fragen (hier Prüfung der Fahreignung) geschulten Personen vorzubeugen. Diese Ausweispapiere sind - soweit von deutschen Behörden ausgestellt - was äußeres Erscheinungsbild und Inhalt angeht, jedermann bekannt, so dass einerseits eine Echtheitsprüfung des Dokuments und andererseits über das jeweils angebrachte Foto eine Identitätskontrolle im Hinblick auf den Ausweisinhaber in angemessenem Maße vorgenommen werden kann. Angesichts der Tatsache, dass auch Ausländer durch die Regelungen der Fahrerlaubnis-Verordnung nicht vom Erwerb deutscher Fahrerlaubnisse ausgeschlossen werden sollen, gilt Vergleichbares für Ausweise, mit deren Hilfe Ausländer in Deutschland regelmäßig ihren ausweislichen Verpflichtungen gem. § 40 AuslG nachkommen, denn für gewöhnlich sind derartige ausländische Papiere ebenfalls auf Fälschungssicherheit mindestens angelegt und weisen ein entsprechendes Erscheinungsbild auf.
Das Verwaltungsgericht und der Antragstellervertreter meinen, dass die hier maßgebliche Identitätsprüfung gemäß der Fahrerlaubnis-Verordnung nach Sinn und Zweck allein sicherstellen soll, dass der Fahrerlaubnisbewerber selbst die Prüfung ablegt und nicht in Täuschungsabsicht für ihn ein Dritter. In diesem Zusammenhang verweisen sie auf die einschlägigen Gesetzesmaterialien. Zwar trifft es sicher zu, dass die Identitätsprüfung durch den Prüfer keine solche im Sinne des Ausweis- bzw. des Ausländerrechts ist, das heißt, von dem jeweiligen Prüfer nicht zu prüfen ist, ob die Papiere die Identität des Inhabers im Hinblick auf die angegeben Personendaten (beispielsweise Geburtsort und -datum, Staatsangehörigkeit u.ä.) belegen, sondern festgestellt werden soll, dass der Inhaber des amtlichen Ausweises, wie er sich bei Betrachtung des Lichtbilds und ggf. einer Schlüssigkeitskontrolle hinsichtlich des angegebenen Alters darstellt, mit der Person identisch ist, die das Papier zum Zwecke der Durchführung der Prüfung und zur Entgegennahme des Führerscheins vorlegt. Dennoch greift die Rechtsauffassung des Erstgerichts zu kurz, wenn es für einen Identitätsnachweis im Sinne des § 17 Abs. 5 Satz 2 FeV eine schlichte, wenngleich mit einem Foto versehene Duldungsbescheinigung genügen lässt, die ersichtlich keinen Ausweis oder Pass im Sinne der vorgenannten Bestimmung darstellt, ja nicht einmal die Qualität eines Ausweisersatzes im Sinne des § 39 AuslG besitzt (vgl. Hinweise auf der vom Antragsteller vorgelegten Duldung: "Kein Ausweisersatz nach § 39 Abs. 1 AuslG" und "Die nebenstehend abgebildete Person hat ihre Identität nicht durch Dokumente nachgewiesen, sie gab folgende Personalien an: ").
Die Identitätskontrolle durch den Prüfer steht auch nicht allein im Zusammenhang mit der Prüfungsabnahme, denn letztendlich geht es in gleicher Weise auch um die Aushändigung der Fahrerlaubnis an den Berechtigten selbst. Demgemäß ist die vom Gesetzgeber getroffene Regelung der strikten Anknüpfung der Identitätsprüfung an Personalausweis oder Pass eine sichere, die den Prüfer in der Regel einer eingehenden Prüfung der Echtheit des Legitimationspapiers enthebt. Diese Strenge ist sachgerecht, weil beispielsweise ohne weiteres denkbar ist, dass die auf einer schlichten Duldung näher bezeichnete Person die Identität eines Dritten "angenommen" hat und sich für diesen dem Fahrerlaubnisverfahren unterzieht. Auch wäre bei einer "großzügigen" Handhabung, wie sie möglicherweise längere Zeit vorgekommen sein mag - vgl. Vollzugshinweise des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 19. Dezember 2001 -nicht ausschließbar, dass der Inhaber einer schlichten Duldung den Führerschein ausgehändigt bekommt, obwohl sich dieses nach der objektiven Rechtslage verbietet, etwa weil ihm unter anderer Identität die Fahrerlaubnis bereits entzogen worden ist und die Sperrwirkung eines Fahrerlaubnisentzuges noch anhält oder weil unter seiner "Alias-Identität" Ungeeignetheitsmerkmale festgestellt wurden, die einer Fahrerlaubniserteilung entgegen stehen.
Ungeachtet der hier vom Sachverhalt her nicht einschlägigen Frage, ob ein Ausweisersatz im Sinne des § 39 AuslG, mit dem der Ausweispflicht für Ausländer im öffentlich rechtlichen Rechtsverkehr nachgekommen werden kann, die Legitimationspapiere des § 17 Abs. 5 Satz 2 FeV zu "ersetzen" vermag, wofür einiges spricht, ist ohne weiteres davon auszugehen, dass der Prüfer jedenfalls nicht ein - wenn auch amtliches - Dokument als Identitätsnachweis zu akzeptieren hat, in dem ausdrücklich festgestellt wird, dass eine Identität durch das Papier nicht bewiesen werden kann. Ein solches Papier stellt sich nach Erscheinungsbild und Inhalt für die im Zusammenhang mit der Ablegung der Fahrprüfung und der Aushändigung des Führerscheins vorzunehmende Identitätsprüfung als ungeeignet dar.
Nach alledem sind die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ungeachtet der jeweils in Anspruch genommenen Antragsgegnerin abzulehnen.