AG Hannover

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Zitieren als:
AG Hannover, Beschluss vom 28.01.2011 - 44 XIV 23/11 - asyl.net: M18144
https://www.asyl.net/rsdb/M18144
Leitsatz:

Rechtswidrige Abschiebungshaft wegen fehlenden Haftgrundes. Die schlichte Weigerung der Ausreise bzw. allein der unerlaubte Aufenthalt genügen für die Annahme einer Entziehungsabsicht nach § 62 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG nicht, insbesondere ist dieser Haftgrund nicht bereits dann anzunehmen, wenn der Betroffene über keine festen sozialen Bindungen und/oder verwandtschaftliche Beziehungen im Bundesgebiet und keine Ausweispapiere verfügt bzw. mittellos ist, da es gerade für Ausländer oft schwierig ist, entsprechende Bindungen aufzubauen.

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Haftgründe, Entziehungsabsicht, Verhältnismäßigkeit
Normen: AufenthG § 62 Abs. 2 Nr. 5
Auszüge:

[...]

Die Voraussetzungen zur Anordnung von Abschiebungshaft nach § 62 AufenthG liegen nicht vor.

Zwar ist die Betroffene gemäß § 58 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig, weil sie die Verlängerung ihres Aufenthaltstitels nicht beantragt und ihr Aufenthalt auch nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel auch nicht gem. § 84 Abs. 4 AufenthG als fortbestehend gilt.

Allerdings liegt aus Sicht des Gerichts kein Haftgrund vor.

Aus dem bisherigen Verhalten der Betroffenen kann nicht der begründete Verdacht abgeleitet werden, dass sich die Betroffene der Abschiebung entziehen wird. Dieser Haftgrund ist nach der Rechtsprechung insbesondere nicht bereits dann anzunehmen, wenn der Betroffene über keine festen sozialen Bindungen und/oder verwandtschaftlichen Beziehungen im Bundesgebiet und keine Ausweispapiere besitzt bzw. mittellos ist, da es gerade für Ausländer oft schwierig ist, entsprechende Bindungen aufzubauen. Die schlichte Weigerung der Ausreise bzw. allein der unerlaubte Aufenthalt genügen für die Annahme der Entziehungsabsicht nicht.

Vielmehr spricht gegen die Entziehungsabsicht, dass die Betroffene bislang strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten ist. Sie hat bislang 12 Jahre in Deutschland gelebt und spricht die deutsche Sprache gut. Die Betroffene verfügt über eine eigene Wohnung und ist nach den bisherigen Feststellungen auch nicht mittellos. Vielmehr hat sie in Deutschland gearbeitet und für ihren Lebensunterhalt gesorgt. Die Betroffene hat auch nicht ihren abgelaufenen Reisepass den Behörden vorenthalten, sondern diesen bereits kurz nach ihrer Festnahme den Polizeibeamten ausgehändigt.

Die Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG liegen damit nicht vor.

Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit steht bei dem vorliegenden Sachverhalt der Anordnung von Abschiebungshaft entgegen. [...]