Die Ausländerbehörde ist auch in Verfahren nach der Dublin II-VO für die Prüfung inlandsbezogener Abschiebungshindernisse zuständig. Ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis liegt vor, da der Antragsteller nicht in der Lage ist, bei einer lebensbedrohlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands die Medikamente selbständig richtig einzunehmen, so dass die Abschiebung ohne feste Betreuungsperson für ihn lebensgefährlich wäre. Hinzu kommt, dass eine Abschiebung nach Bulgarien zu einer dauerhaften Trennung von der in Berlin lebenden Ehefrau führen würde.
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Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist zulässig. Auch im Falle einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG ist die Ausländerbehörde für die Feststellung inlandsbezogener Abschiebungshindernisse zuständig (VG Berlin, Beschluss vom 3. September 2010 - VG 34 L 236.10 A -, mit Verweis auf VG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Mai 2010 - 13 L 761.10 -, juris; a.A. VG Karlsruhe, Beschluss vom 9. Dezember 2008 - A 4 K 3916/08 -, juris: umfassende Zuständigkeit des Bundesamtes).
Der Antrag ist auch begründet. Der Antragsteller hat nach der vorliegend allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung einen Anspruch auf die vorläufige Aussetzung der Abschiebung glaubhaft gemacht.
Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. So liegt es hier. Der Antragsteller stützt sich im Wesentlichen auf seinen Gesundheitszustand mit der Folge, dass er ohne fremde Hilfe nicht in der Lage sei, lebensnotwendige Maßnahmen bei akuter Entgleisung seines Diabetes Mellitus und seiner Hypertonie zu ergreifen (fachärztliches Attest vom 19. Juli 2010, Bl. 106 der Akte). Eine individuelle Erkrankung eines ausgewiesenen oder ausreisepflichtigen Ausländers kann im Hinblick auf die zu erwartenden negativen Auswirkungen der Abschiebung als solcher - und nicht nur wegen der spezifischen Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung - ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung (§ 60a, Abs. 2 AufenthG i.V.m. Art42 Abs. 2 Satz 1 GG) begründen. Ein solches inlandsbezogenes Abschiebungshindernis stellt auf Gefahren für Leib, Leben und Gesundheit des Ausländers ab, die typischerweise mit der Abschiebung verbunden und daher gerade dem Abschiebestaat zuzurechnen sind. Ein solches inlandsbezogenes Abschiebungshindernis ist unter anderem gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Dies ist insbesondere der Fall, wenn und solange der Ausländer wegen der Erkrankung transportunfähig ist, d.h. sich sein Gesundheitszustand durch und während des eigentlichen Vorgangs der Abschiebung wesentlich verschlechtern würde oder Lebens- bzw. Gesundheitsgefahren entstünden (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn) oder wenn die Abschiebung als solche - außerhalb des Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkte (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn; vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. Februar 2009 - OVG 2 B 2.08 -, juris, Rdn. 36 f.).
Solche inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse sind aus dem vom Antragsteller vorgelegten Attest ersichtlich. Unstreitig ist der Antragsteller nicht in der Lage, selbständig lebensbedrohliche Situationen mit der zutreffenden Medikamenteneinnahme zu meistern (so dass seine Abschiebung ohne eine feste Betreuungsperson für ihn lebensgefährlich wäre). Dies hat auch die Polizeiärztin bestätigt. Seine in Berlin aufhältliche Ehefrau hingegen steht als kompetente und bewährte Hilfsperson zur Verfügung, und eine Einreise nach Bulgarien wäre ihr rechtlich unmöglich, da ihr Asylverfahren in Deutschland geführt wird (vgl. das Verfahren VG 34 X 25.07). Der Antragsgegner verweist diesbezüglich auch nur darauf, dass die erwachsene Tochter des Antragstellers, die gemeinsam mit ihrem Kleinkind ebenfalls nach Bulgarien abgeschoben werden solle, dort als Helferin für ihren Vater zur Verfügung stehen könne. Ein Verweis auf die Tochter, die im Übrigen selbst für ihr Kleinkind sorgen muss und deren Eignung für solche Hilfsleistungen in keiner Weise überprüft worden ist, ist jedoch schon deshalb nicht zulässig, weil die Bindung des Antragstellers an seine Ehefrau gem. Art. 8 EMRK eindeutig Vorrang genießt. Hinzukommt, dass die Eheleute im Falle eines zu erwartenden negativen Ausgangs der Asylverfahren langfristig bzw. dauerhaft keine Möglichkeit hätten, außerhalb des Libanon entweder in Deutschland oder in Bulgarien jemals wieder zusammenzufinden, während auch eine Abschiebung in den Libanon bzw. eine freiwillige Rückkehr dorthin für staatenlose Palästinenser regelmäßig unmöglich ist. [...]