KG Berlin

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KG Berlin, Beschluss vom 22.03.2002 - 25 W 218/01 - asyl.net: M1832
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Leitsatz:

Ausländerbehörde kann keine Festnahme anordnen.(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: D (A), Abschiebungshaft, Freiheitsentziehung, Polizei, Festnahme, Ingewahrsamnahme, Abschiebung, Amtshilfe, Ausländerbehörde, Rechtswidrigkeit, Richtervorbehalt, Haftrichter, Haftanordnung, Sofortige weitere Beschwerde, Zulässigkeit, Rechtsweggarantie, Rehabilitierungsinteresse, Rechtsschutzbedürfnis
Normen: GG Art. 104 Abs. 2 S. 2; FEVG § 13 Abs. 1 S. 1; AuslG § 92 Abs. 1 Nr. 1; StPO § 127 Abs. 1; ASOG § 30 Abs. 1 Nr. 2
Auszüge:

§ 13 Abs. 2 FEVG sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass eine Verwaltungsmaßnahme, die sich als Freiheitsentziehung darstellt, ebenfalls in dem insoweit eröffneten gerichtlichen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit angefochten werden kann.

Das Landgericht ist zu Recht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht der vom Amtsgericht Schöneberg in seinem Beschluss vom 25. Juni 2001 vertretenen Rechtsauffassung gefolgt, wonach die vom Antragsteller am (...) "zum Zwecke der Direktabschiebung" angeordnete Maßnahme deshalb als "genehmigungsfreie Freiheitsbeschränkung" angesehen werden könne, weil die Abschiebung zunächst für den 17. Mai 20.01 vorgesehen war. Bei der Abgrenzung einer bloßen Art. 104 Abs. 2 GG unterliegenden Freiheitsentziehung sind zwar vorübergehende kurzfristige Beeinträchtigungen der körperlichen Bewegungsfreiheit, insbesondere im Zusammenhang mit gesetzlich gebotenen Zwangsmaßnahmen, auszuklammern (ausführlich zu den verschiedenen Abgrenzungsversuchen schon der BGH im Beschluss vom 17. Dezember 1981 zu VII ZB 8/81 = NJW 1982, 753 f. in Bezug auf die zwangsweise Vorführung zur ärztlichen Untersuchung beim Gesundheitsamt; vgl. jetzt auch BGH FamRZ 2001, 149; KG in OLGZ 82, 423,428 f.: Ergreifung zur Vorführung vor dem Richter), doch sollte die vom Antragsteller vorgesehene Maßnahme von vornherein weit über den mit der Durchsetzung einer bloßen Direktabschiebung verbundenen "einfachen unmittelbaren Zwang" hinausgehen. Der Betroffene sollte nicht nur aus seiner Wohnung abgeholt und unmittelbar zu dem für die Abschiebung vorgesehenen Flugzeug gebracht werden, sondern es war jedenfalls vorgesehen, dass er für mehr als einen Tag gegen seinen Willen im Abschiebegewahrsam verbleiben sollte. Wenn eine Person gegen ihren Willen in einem Haftraum untergebracht wird und sich der Abschiebevorgang über viele Stunden erstreckt, liegt jedenfalls eine Freiheitsentziehung im Sinne von § 2 Abs. 1 FEVG vor (BVerwGE 62, 317, 318; BVerwG NJW 1982,536 ff.; Marschner, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 4. Aufl. 2001, zu F § 2 FEVG, Rn. 1 - 4 mit weiteren Nachweisen).

In einem solchen Fall ist entsprechend Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG und § 13 Abs. 1 Satz 1 FEVG für die an sich nur nach vorangegangener richterlicher Entscheidung zulässige Freiheitsentziehung unverzüglich eine solche Entscheidung nachzuholen. Die Regelung in Art. 104 Abs. 2 Satz 3 GG, wonach die Polizei aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten darf und der damit korrespondierende

§ 13 Abs. 1 Satz 2 FEVG gibt nicht schon die unbedingte Befugnis, einen vorläufig Festgenommenen bis zum Ablauf dieses Zeitraums festzuhalten (so schon KG in DVBl. 1968, 470 f.), wie es der Antragsteller offenbar meint. Das Wort "unverzüglich" schließt eine regelmäßige Ausschöpfung dieser Maximalfrist im Rahmen einer "üblichen Verwaltungspraxis", auf die der Antragsteller verweist, aus. Diese verfassungsrechtliche Maßgabe ist nicht im Sinne von § 121 BGB als "ohne schuldhaftes Zögern" auszulegen, sondern dahin, dass die "richterliche Entscheidung ohne jede Verzögerung, die sich nicht aus sachlichen (tatsächlichen oder rechtlichen) Gründen rechtfertigen lasse, nachgeholt werden müsse", wobei es nicht erforderlich ist, dass den Polizeibehörden zu jeder Tag- und Nachtzeit durch die Einrichtung eines richterlichen Eil- und Bereitschaftsdienstes ein Richter zur Entscheidung zur Verfügung steht (BVerwG 45, 51, 63 f.; zu Verzögerungsursachen im justiziellen Bereich jetzt aber noch weitergehend Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 3. Aufl. 2001, F 533 f. unter Hinweis auf die strengeren Anforderungen in der zu richterlichen Durchsuchungsanordnungen ergangenen Entscheidung des BVerfG vom 20. Februar 2001, NJW 2001, 1121, 1122). Insoweit hängt es stets von den Umständen des Einzelfalls ab, welcher Zeitraum danach als sachlich legitimiert angesehen werden kann (EGMR NJW 2001, 51, 53).

Das Landgericht hat den vom Antragsteller erst nach Scheitern der zunächst für den Folgetag vorgesehenen Abschiebung gestellten Haftantrag rechtsfehlerfrei als nicht mehr "unverzüglich" gewürdigt, weil bei rechtzeitig veranlasster richterlicher Vorführung des schon Anfang Mai 2001 zur Festnahme vorgesehenen Betroffenen noch am selben Tage über den gestellten Haftantrag entschieden worden wäre. Selbst wenn der Antragsteller zunächst aus sachlichen Gründen von einem rechtlich möglichen Vorabhaftantrag (vgl. BayObLGZ 96, 180 f.) in Bezug auf den Betroffenen, der unter seiner Meldeanschrift beim Vater verfügbar war, wo er auch festgenommen wurde, abgesehen haben sollte, etwa weil er bei einer solchen Antragstellung ein Untertauchen des gewarnten Betroffenen nicht für ausgeschlossen hielt, hätte er den Haftantrag zumindest vorbereiten und am Morgen des (...) sogleich nach der Festnahme dem Amtsgericht per Fax zuleiten können, um eine sofortige Entscheidung herbeizuführen.

Dass der Entlassungsantrag des Betroffenenvertreters zurückgewiesen worden ist, zeigt, dass am fraglichen Wochentag ein Haftrichter verfügbar gewesen wäre. Es ist nicht erkennbar, dass eine vorherige Verbringung in den Abschiebegewahrsam bei einer Ingewahrsamnahme, die vom Antragsteller selbst zeitlich vorher bestimmt werden kann, organisatorisch unvermeidbar wäre.

Es sprechen auch durchgreifende Gründe der Prozessökonomie für den in der Vorschrift des § 13 Abs. 2 FEVG enthaltenen Ausschluss des an sich gegen solche Maßnahmen eröffneten Verwaltungsrechtsweges und die ausnahmsweise Übertragung der Rechtmäßigkeitskontrolle insgesamt auf den Haftrichter der ordentlichen Gerichtsbarkeit, obwohl dieser an sich nur mit Wirkung für die Zukunft eine gerichtliche Haftanordnung trifft, ohne zu prüfen, ob und inwieweit eine vorangegangene Verwaltungsmaßnahme rechtmäßig war (BVerwGE 62,317,321 ff.; insoweit KG OLGZ 82, 423, 427 kritisch zur Anwendung dieser "systeminadäquaten Rechtswegregelung" auf den Fall, dass sich der Betroffene schon bei erstmaliger Anrufung des Gerichts wieder in Freiheit befindet). Eine verwaltungsgerichtliche Fortsetzungsfeststellungsklage im Rahmen von

§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO findet nur noch in den Fällen statt, in denen eine polizeiliche Freiheitsentziehung ohne Herbeiführung einer Entscheidung des im Freiheitsentziehungsverfahrens zuständigen Amtsgerichts beendet worden ist (OVG Bremen NVwZ RR 1997, 474; Thüringisches OVG DÖV 1999, 879 f.).

Da die Ausländerbehörden nach dem für sie massgeblichen bundeseinheitlichen Ausländerrecht nicht befugt sind, selbst ohne richterliche Vorabanordnung Maßnahmen zur Durchsetzung von Abschiebehaft zu treffen (BVerwG 62, 317, 320; BGH NJW 1993, 3069, 3070; OLG Frankfurt InfAuslR 1995, 361 f. und NVwZ 1998, 213 f.; KG, InfAuslR 1997, 34 f. und FGPrax 2001, Marschner/Volckart. Freiheitsentziehung und Unterbringung, 4. Aufl. 2001, zu F § 2 FEVG, Rn. 5 und zu § 11 Rn. 2), kann sich eine Ermächtigungsgrundlage für die Festnahme des Betroffenen und den anschließenden Verwaltungsgewahrsam nur entweder aus dem Berliner Polizei- und Ordnungsrecht oder aus dem Strafprozeßrecht ergeben.

Aus dem Strafprozessrecht können nur ausnahmsweise die jedermann zustehenden Festnahmerechte (§ 127 Abs. 1 StPO) eine von den Ausländerbehörden veranlaßte kurzzeitige Freiheitsentziehungsmaßnahme tragen, weil jemand auf frischer Tat betroffen wird und er der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann. Das vorläufige Festnahmerecht nach § 127 Abs. 2 StPO bei Gefahr im Verzug steht ohnehin nur der Staatsanwaltschaft und den Beamten des Polizeidienstes zu, nicht jedoch den Angehörigen der sonstigen Verwaltungsbehörden.

Des weiteren ist festzustellen, dass im Ordnungsrecht nicht anstelle der speziell für den freiheitsentziehenden Eingriff der Ingewahrsamnahme geltenden Regelung des § 30 ASOG auf die Generalklausel des § 17 Abs. 1 ASOG zurückgegriffen werden kann (so noch die Zivilkammer 88

im Beschluss vom 26. Januar 2001 - Az. 88 T XIV 433/00 8 -), denn ein tiefgreifender Grundrechtseingriff kann stets nur unter den einschränkenden Voraussetzungen der speziellen Eingriffsnorm zugelassen werden.

Das Landgericht hat weiter zutreffend festgestellt, dass es auch an einer landesgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für eine auf Anordnung des Antragstellers beruhende Freiheitsentziehung fehlt. Der allein in Betracht kommende § 30 Abs. 1 Nr. 2 ASOG gestattet es nur der Polizei und nicht dem Antragsteller, eine Person in Gewahrsam zu nehmen, wenn dies unerläßlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder einer Straftat zu verhindern. Nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wer sich als Ausländer entgegen § 3 Abs. 1 Satz 1 AuslG ohne Aufenthaltsgenehmigung im Bundesgebiet aufhält und keine Duldung nach § 55 Abs. 1 AuslG besitzt. Soweit durch eine polizeilich in eigener Verantwortung veranlasste Festnahme, selbst wenn diese auch im Zusammenhang mit einem Hinweis der mit der Ausländerüberwachung betrauten Ordnungsbehörden steht, zugleich mit der Ermöglichung der unverzüglichen Vorführung beim Abschiebehaftrichter verhindert werden soll, dass durch eine beschleunigte Abschiebung weitere Tage eines sonst illegalen Aufenthalts des betroffenen Ausländers in Deutschland anfallen, hat der Senat keine grundsätzlichen Bedenken, dass ausnahmsweise eine ordnungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage zugunsten der Polizei aus dem Berliner Polizei- und Ordnungsrecht abzuleiten sein kann. Dies gilt zumindest, wenn im Einzelfall davon auszugehen ist, dass das mit der Festnahme und der kurzfristigen Ingewahrsamnahme unterbundene zukünftige Untertauchen des Betroffenen den Straftatbestand des § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG erfüllen würde.

Es kann aus Sicht des Senates nicht grundsätzlich rechtswidrig sein, wenn die nicht zu entsprechenden Anordnungen berechtigte Ausländerbehörde die mit entsprechenden Präventivbefugnissen ausgestattete Polizei auf das drohende Untertauchen eines ihr bekannten, illegal in Deutschland aufenthältlichen Ausländers und die umgehend beabsichtigte Haftantragstellung zur Durchsetzung einer möglichen Abschiebung hinweist, solange dieses Amtshilfeersuchen nicht als eine für die Polizei verbindliche Haftanordnung gefasst ist oder verstanden wird.

Soweit die oben erwähnten obergerichtlichen Entscheidungen vor allem die eingeschränkten Eingriffsbefugnisse der Ausländerbehörde betonen - zuletzt der vom Betroffenenvertreter zum Beleg für seine weitergehende Auffassung angeführte Beschluss des Pfälzischen OLG Zweibrücken vom 14. Dezember 2001 in einer Strafsache (1 Ss 227/01) - würdigen sie aus Sicht des Senates nicht abschließend, dass sowohl das Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 62, 317, 320) als auch der BGH (NJW 1993, 3069, 3070) durchaus die Möglichkeit einer Festnahme auf der Grundlage von landesrechtlichen Vorschriften des Polizeirechts offengelassen haben, wie sie im Schrifttum von WeIte befürwortet wird (DÖV 1989, 114 ff.; derselbe in Jakober, Aktuelles Ausländerrecht, Stand Dezember 2000, zu A 1.1.1 Rn. 6).

Auch das OLG Zweibrücken hat im vorgelegten Beschluss vom 14. Dezember 2001 eine Anwendbarkeit der landesrechtlichen Bestimmungen zum Polizeigewahrsam insoweit angenommen, "als die Ingewahrsamnahme zur Abwehr spezifischer polizeirechtlicher Gefahren erforderlich ist" (ebenso Marschner / Volckart, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 4. Aufl. 2001, zu § 2 FEVG, F Rn. 5). Es hat insoweit lediglich festgestellt, die dort gegen den Angeklagten ergriffenen Zwangsmassnahmen nicht unter diesen Voraussetzungen ergangen seien.

Soweit der Senat mehrfach bezogen auf Abschiebehaftentscheidungen (InfAuslR 1997, 34 f. und FGPrax 2001, 40 f.) darauf hingewiesen hat, dass ein vorläufiger Verwaltungsgewahrsam dem Freiheitsentziehungsrecht fremd sei, wäre insoweit klarzustellen, dass dies nicht für Maßnahmen gilt, die im Einzelfall zur Verhinderung von Straftaten polizeiordnungsrechtlich geboten erscheinen, denn das solche rechtlich möglich und zulässig sein können, ergibt sich schon aus den diesbezüglichen Regelungen in den §§ 30 Abs. 1 Nr. 2, 31 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ASOG. Da sich auch aus dem Ausländergesetz Straftatbestände ergeben, erscheint es nicht geboten, einen polizeirechtlichen Unterbindungsgewahrsam in solchen Fällen grundsätzlich auszuschließen, nur weil zugleich auch in Abstimmung mit der Ausländerbehörde als der zuständigen Fachdienststelle die unverzügliche Vorführung beim Abschiebehaftrichter veranlasst werden soll. Es muss jedoch klar sein, dass die letztliche Entscheidungsverantwortlichkeit in Bezug auf die Festnahme bei den insoweit allein zuständigen Polizeikräften liegt.

Hier stellt es sich jedoch nach den Feststellungen des Landgerichts so dar, dass die Polizei bei der Festnahme des Betroffenen einer Anordnung des Antragstellers gefolgt ist, für die es an einer Ermächtigungsgrundlage fehlt.

Selbst wenn nur eine bloße Mitwirkung der an der Abschiebung interessierten Ausländerbehörde stattgefunden hätte, wäre die unmittelbar bevorstehende Begehung einer Straftat nach dem Ausländergesetz als mögliche Eingriffsgrundlage für eine als Unterbindungsgewahrsam getroffene Maßnahme der Polizei nicht feststellbar, da zumindest die Voraussetzungen für eine Verwirklichung des Straftatbestandes des § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG auf Seiten des Betroffenen nicht vorgelegen haben dürften. Dem steht schon die formelle Geltungsdauer der Duldung entgegen, abgesehen davon, dass stets auch die Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes für ein solches nur vorsätzlich begehbares Delikt zu prüfen wäre. Am Vorsatz dürfte es jedoch fehlen, solange der Antragsteller selbst dem Betroffenen am 23. Januar 2001 eine Duldung erteilt und diese später bis zum 18. Mai 2001 verlängert, weil der im September 2000 ohne Visum mit seinem seit längerem in Deutschland lebenden Vater eingereiste Minderjährige ab Vollendung des 16. Lebensjahres im November 2000 für Abschiebung und Ausreise einen eigenen Pass benötigte, der vom Antragsteller bei der deutschen Auslandsvertretung in Abidjan angefordert werden sollte.

Es ist vom Antragsteller nicht dargelegt, dass die erst zum 18. Mai 2001 ablaufende Duldung nach Eingang des Reisedokuments bei der Ausländerbehörde am 12. April 2001 und noch vor der Festnahme am (...) wirksam gegenüber dem Vater des Betroffenen oder dessen Verfahrensbevollmächtigten widerrufen worden wäre. Auch wenn die nach § 55 Abs. 2 AuslG erteilte Duldung gemäß § 56 Abs. 1 AuslG die Ausreisepflicht sowie die Unrechtmäßigkeit des Aufenthalts unberührt gelassen hat, entfällt der damit verbundene Verzicht der Ausländerbehörde auf die Abschiebung wegen eines vorübergehenden Abschiebungshindernisses nicht automatisch, sobald das Hindernis (für die Ausländerbehörde) beseitigt ist. Vielmehr bedarf es nach der eindeutigen Regelung in § 56 Abs. 5 AuslG stets eines schriftlichen Widerrufs des begünstigenden Verwaltungsaktes (vgl. Kloese / Christ / Häußer, Kommentar zum Ausländerrecht, Stand Mai 2000, zu § 56 AuslG, insbesondere Rn. 10 - 14; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Oktober/ Dezember 1997, zu § 56 AuslR Rn. 14 und 18; Renner, Ausländerrecht 7. Aufl. 2001 Rn. 6),

damit der Betroffene sich durch weiteren Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland strafbar machen kann und damit gegen ihn noch vor Ablauf des Duldungszeitraums Abschiebungsmaßnahmen eingeleitet werden können. Erst nach Erlöschen der Duldung, wobei dieser Fall durch Ablauf der Geltungsdauer, Eintritt einer auflösenden Bedingung oder Widerruf eintreten kann (vgl. Kloesel/ Christ / Häußer, Kommentar zum Ausländerrecht, Stand Mai 2000,

zu § 56 AuslG, Rn. 9), können und müssen diese dann unverzüglich ohne weitere Abschiebungsandrohung einegeleitet werden.

Im vorliegenden Fall war eine entsprechende Benachrichtigung vom Eingang des Passes beim Antragsteller schon deshalb geboten, weil der Betroffene ohne diesen auch nicht freiwillig hätte ausreisen können, so dass ihm wegen seines Verbleibs in Deutschland kein strafrechtlicher Unterlassensvorwurf gemacht werden konnte.