Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung bei Zweifeln an der Minderjährigkeit
1. Zur Fähigkeit eines Minderjährigen, einen Antrag auf Inobhutnahme zu stellen und zu verfolgen.
2. Eine ärztliche Untersuchungsmaßnahme im Sinne des § 62 SGB I liegt nicht nur vor, wenn sie dazu dient, Feststellungen über den Gesundheitszustand zu treffen, sondern auch dann, wenn hierdurch das Alter eines Hilfesuchenden (hier eines unbegleiteten Flüchtlings) aufgeklärt werden soll.
3. § 33a Abs. 1 SGB I enthält kein einseitiges Altersbestimmungsrecht des Berechtigten oder Verpflichten. Bei Zweifeln an der Richtigkeit des angegebenen Alters muss die Behörde die (Erst-)Angaben nicht ungeprüft übernehmen.
4. § 62 SGB I lässt es im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 Röntgenverordnung zu, an Menschen Röntgenstrahlung anzuwenden.
(Amtliche Leitsätze)
[...]
Die Antragsgegnerin hat die begehrte Leistung zu Recht versagt. Der Bescheid vom 7. Januar 2011 findet seine Rechtsgrundlage in § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Diese Bestimmung ermächtigt den Sozialleistungsträger – soweit die Voraussetzungen einer beantragten Sozialleistung nicht nachgewiesen sind –, die Leistung ganz oder teilweise zu versagen, wenn der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert. Die Versagung oder Kürzung der Leistung stellt danach die Sanktion für eine Verletzung von Mitwirkungspflichten des Antragstellers dar. § 66 Abs. 1 SGB I regelt damit einen eigenständigen Versagungsgrund bei Nichterfüllung von Verfahrenspflichten (vgl. BVerwGE, Urt. v. 17.5.1995, BVerwGE 98, 203, juris Rn. 21).
aa) § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I ist anwendbar, weil es um eine Sozialleistung geht, die noch nicht bewilligt worden ist. Die Bestimmung wird nicht durch § 42 Abs. 4 SGB VIII als speziellere Regelung verdrängt. Die Auffassung des Antragstellers, seine bereits erfolgte Inobhutnahme dürfte allein nach Maßgabe von § 42 Abs. 4 SGB VIII beendet werden, ist nicht zutreffend. Wie bereits ausgeführt, liegt eine Inobhutnahme im Rechtssinne hier noch nicht vor. Eine Inobhutnahme endet nach § 42 Abs. 4 SGB VIII im Übrigen mit der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten (Nr. 1) oder der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch (Nr. 2). Diese Bestimmung setzt auch mit ihrer Nummer 2 die Minderjährigkeit des in Obhut genommenen voraus, weil sie ebenfalls an eine Inobhutnahme eines Kindes oder eines Jugendlichen nach Absatz 1 Satz 1 im Sinne der Legaldefinition nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB VIII anknüpft. Vorliegend konnte – mangels Mitwirkung des Antragstellers – das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals "Jugendlicher" und damit die Voraussetzungen für die Gewährung der vom Antragsteller begehrten Leistung aber nicht positiv nachgewiesen werden. Dies verkennt der Antragsteller auch bei seinen weiteren Ausführungen dazu, wie sich die Antragsgegnerin ihm gegenüber als Jugendlichen zu verhalten habe und inwiefern ein Vormund zu beteiligen sei. Dass er ein Jugendlicher ist, steht gerade nicht fest.
bb) Die Voraussetzungen von § 66 SGB I liegen vor. Die Versagung der Leistung als Sanktion für eine Verletzung der Mitwirkungspflichten des Antragstellers ist dann möglich, wenn die in § 66 Abs. 1 SGB I geregelten materiellen und die in § 66 Abs. 3 SGB I bestimmten formellen Voraussetzungen erfüllt sind. Das ist der Fall.
(1) Der Antragsteller ist entgegen seiner Auffassung einer nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I vorgesehenen und vom Leistungsträger geforderten Mitwirkung nicht nachgekommen. Er hat sich nicht den verlangten ärztlichen Untersuchungsmaßnahmen im Sinne von § 62 SGB I zur Erstellung eines medizinischen Gutachtens über sein tatsächliches Lebensalter unterzogen, und er hat auch selbst keinen anderen Nachweis über sein Alter beigebracht.
(2) Bei der von der Antragsgegnerin geforderten gerichtsmedizinischen Untersuchung handelt es sich, was nach dem klaren Wortlaut von § 62 SGB I keinem Zweifel unterliegt, um eine ärztliche Untersuchungsmaßnahme im Sinne der Vorschrift (im Ergebnis ebenso OVG Münster, Beschl. v. 29.8.2005, NVwZ-RR 2006, 574, juris Rn. 18). Die auf Kommentarliteratur gestützte Auffassung des Antragstellers, ärztliche Untersuchungsmaßnahmen seien alle Maßnahmen, die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft zur Feststellung des Gesundheitszustandes des Untersuchten angezeigt und erforderlich seien (so etwa Seewald in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 67. Ergänzungslieferung 2010, § 62 SGB I, Rn. 8), ist für sich genommen zwar richtig. Sie kann aber für sich nicht in Anspruch nehmen, eine abschließende Definition des Rechtsbegriffs "ärztliche Untersuchungsmaßnahme" zu bieten. Die Feststellung des Gesundheitszustandes wird regelmäßig mit einer ärztlichen Untersuchung verbunden sein. In der Erhebung eines entsprechenden Befundes erschöpfen sich ärztliche Untersuchungen jedoch nicht. Neben der hier streitigen Frage des Lebensalters gehören etwa die Bestimmung der Körpergröße, der Blutgruppe, der Abstammung und der geografischen Herkunft (durch Stabilisotopenanalyse etc.) zu ärztlichen Untersuchungen, mögen daran auch andere Berufsgruppen im Einzelfall mitwirken. Im Rahmen der §§ 60 ff. SGB I spricht nichts dafür, den Begriff "ärztliche Untersuchungsmaßnahme" durch eine teleologische Reduktion einzugrenzen. Denn es geht dort nicht allein um die Feststellung, ob jemand wegen seines gesundheitlichen Zustandes bestimmter staatlicher Leistungen bedarf oder nicht. Vielmehr ist das sozialrechtliche Verwaltungsverfahren auch außerhalb eines solchen Kontexts durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 20 SGB X) geprägt, damit der Vorrang des öffentlichen Interesses an der Feststellung des wahren Sachverhalts vor den Privatinteressen der Beteiligter gesichert werden kann (vgl. allgemein Seewald a.a.O., Vorbemerkungen zu §§ 60–67, Rn. 1). Der Untersuchungsgrundsatz kann von der Verwaltung aber nur in der Verwaltungspraxis umgesetzt werden, wenn derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, auch im erforderlichen Umfang an der Aufklärung des Sachverhaltes mitwirken muss.
(3) Die Untersuchung gemäß Buchstaben a bis d der Aufforderung vom 28. Dezember 2010 und 5. Januar 2011 ist im Sinne von § 62 SGB I erforderlich um zu klären, ob und in welchem Umfang ein Anspruch auf die beanspruchte Sozialleistung besteht.
Erforderlich muss sowohl die Anordnung der Untersuchung selbst als auch jede einzelne Untersuchungsmaßnahme sein. Untersuchungen dürfen deshalb insbesondere nicht prophylaktisch durchgeführt werden. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechend hat der Leistungsträger zuerst alle weniger einschneidenden Ermittlungsmöglichkeiten auszuschöpfen (vgl. Seewald in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 67. Ergänzungslieferung 2010, § 62 SGB I Rn. 13 f.). Die Erforderlichkeit der Untersuchung in diesem umfassenden Sinne ist vorliegend gegeben: [...]
(aa) Ob der Antragsteller als minderjährig anzusehen ist, ergibt sich zunächst nicht konstitutiv aus seiner eigenen Erklärung zum Geburtsdatum. Das Sozialrecht kennt mit § 33a Abs. 1 SGB I zwar eine Regelung, die (scheinbar) allein die Angabe des angeblichen Geburtsdatums für maßgeblich erachtet. Aus ihr kann der Antragsteller aber letztlich nichts für seine Position herleiten. Sind Rechte oder Pflichten davon abhängig, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten ist, ist nach § 33a Abs. 1 SGB I das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der "ersten Angabe" des Berechtigten oder Verpflichteten gegenüber einem Sozialleistungsträger ergibt. [...] Nur wenn besondere Umstände, die eine Aufklärung nahelegen, fehlen, wird die Behörde das genannte Datum regelhaft als rechtlich verbindlich anzusehen haben (vgl. BT-Drs 13/8994, a.a.O.). Die (Erst-)Angaben müssen nach § 33a Abs. 1 SGB I also nicht ungeprüft angenommen und dokumentiert werden (vgl. Seewald in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht 67. Ergänzungslieferung 2010, § 33a SGB I, Rn. 4, 11-13).
(bb) Ist durch die Erstangabe des Antragstellers das Geburtsdatum nicht gemäß § 33a SGB I der Disposition der Beteiligten entzogen, so muss das relevante Datum der Geburt durch Aufklärung des Sachverhalts seitens der Antragsgegnerin ermittelt werden. Es kann hier nur (noch) durch ein medizinisches Altersgutachten (näherungsweise) festgestellt werden. Ein solches Gutachten erweist sich daher als erforderlich im Sinne von § 62 SGB I:
Das Lebensalter ist nicht durch beweiskräftige Urkunden nachgewiesen. [...] Im Übrigen müsste die Antragsgegnerin sich auf die Angaben einer dem Augenschein nach afghanischen Urkunde nicht ohne weiteres verlassen. Afghanistan ist ein schwer unter Kriegsfolgen und Korruption leidendes Land. Zutreffend weisen das Verwaltungsgericht und die Antragsgegnerin auf den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 27. Juli 2010 hin, wonach sowohl echte Dokumente unwahren Inhalts als auch gefälschte Dokumente afghanischer Behörden und Ministerien jeweils in erheblichem Umfang existieren.
Eine Inaugenscheinnahme führt, wie die in der Sachakte befindlichen Porträtaufnahmen des Antragstellers belegen, ebenfalls zu keinem Ergebnis, das derart eindeutig ist, dass Zweifel an einer Minderjährigkeit oder umgekehrt an einer Volljährigkeit von vornherein nicht ernstlich in Betracht kommen.
Verbleibende Alternative zum Altersgutachten wäre danach, in einem Aufnahmegespräch ermittelte biografische Daten wie altersmäßige Einordnung in die Familienkonstellation, eigene Elternschaft, zeitliche Lage und Dauer eines Schulbesuchs, einer Arbeitstätigkeit oder ähnlicher Lebensphasen zur Altersbestimmung heranzuziehen. Von dieser Möglichkeit hat die Antragsgegnerin jedoch ohne Erfolg bereits Gebrauch gemacht. Das geführte Gespräch lässt zureichende, aber vergebliche Bemühungen um eine Sachverhaltsaufklärung erkennen. [...]
(b) Die vom Antragsteller geltend gemachten Zweifel an der Eignung der radiologischen Methode gemäß Buchstaben c und d des Schreibens vom 28. Dezember 2010 und 5. Januar 2011 stellen die Erforderlichkeit der Untersuchung nicht in Frage. Der Antragsteller legt nicht dar, dass die Gutachtenpraxis bei der Altersschätzung im Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, auf keiner wissenschaftlich allgemein anerkannten Methode beruht und deshalb einer besonderen Rechtfertigung bedarf. Als wissenschaftlich anerkannt sind solche Methoden anzusehen, die von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft als geeignet angesehen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.6.1998, NJW 1998, 3436, juris Rn. 11 m.w.N. zur beihilferechtlichen Rechtsprechung). Von einer solchen Anerkennung dürfte hier in der Gerichtsmedizin auszugehen sein. Wie sich aus dem von der Antragsgegnerin zur Akte gereichten Aufsatz "Altersschätzung bei einreisenden jungen Ausländern, Erfahrungen aus dem Institut für Rechtsmedizin Hamburg" (Müller/Fuhrmann/Püschel, Rechtsmedizin 2010, DOI 10.1007/s00194-010-0710-4, S. 1 ff.) ergibt, orientiert sich das Verfahren in Hamburg an den Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft für Forensische Altersdiagnostik der deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin (Müller/Fuhrmann/Püschel a.a.O., S. 4, Fn. 15), einer medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaft. Vor diesem Hintergrund genügt die Tatsache allein, dass es Stimmen in der wissenschaftlichen Literatur gibt, welche die angewandte Methode auch hinsichtlich der Validität der Ergebnisse kritisch hinterfragen, mithin nicht, um ihr grundlegend die Eignung abzusprechen. Der – neben ethischen Erwägungen – angeführte Hauptkritikpunkt gegen die wissenschaftliche Altersschätzung, dass hierfür Standards für Mittel- und Nordeuropäer und weiße Nordamerikaner herangezogen werden (vgl. Müller/Fuhrmann/Püschel, a.a.O., S. 5), vermag daran nichts zu ändern. Es wird von den Befürwortern der Methode nicht in Abrede gestellt, dass ethnische Zugehörigkeit und sozioökonomischer Status erheblichen Einfluss auf die körperliche Entwicklung des begutachteten Menschen haben bzw. gehabt haben können. Diese Umstände werden bei der Begutachtung berücksichtigt. Die Kombination verschiedener Untersuchungsmethoden und Untersuchungssysteme, wie sie sich auch aus der Aufforderung zur Untersuchung durch die Antragsgegnerin ergeben, soll zur "Verringerung der Streubreite" bei der Altersdiagnose führen (vgl. Müller/Fuhrmann/Püschel, a.a.O., S. 5) und damit brauchbare Ergebnisse liefern. Inwieweit das gelingt, ist anhand des jeweiligen Gutachtens zu entscheiden.
(c) Die Untersuchung gemäß Buchstabe a bis d der Aufforderung vom 28. Dezember 2010 und 5. Januar 2011 ist weiter hinsichtlich aller Untersuchungsmaßnahmen erforderlich. Die Antragsgegnerin hat dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprochen, indem sie ein Prüfprogramm festgelegt hat, das mit einer allgemeinen körperlichen, erforderlichenfalls auch zahnärztlichen Untersuchung beginnt, und Art und Umfang einer radiologischen Untersuchung davon anhängig gemacht hat, ob und inwieweit dies für eine gutachterliche Aussage aus ärztlicher Sicht noch notwendig ist. Damit steht jede weitere Untersuchungsmaßnahme unter dem Vorbehalt, dass weniger einschneidende Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft worden sind und sich aus fachärztlicher Sicht als unergiebig erwiesen haben.
(3) Der Antragsteller war von der Mitwirkung nach § 65 SGB I nicht freigestellt.
(a) Die Mitwirkungspflichten bestehen zunächst nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung stehen (§ 65 Abs. 1 Nr. 1 SGB I). Ein solches Missverhältnis ist hier nicht erkennbar. Die Antragsgegnerin beruft sich ausdrücklich auf die Höhe der anfallenden Kosten. Dieses Argument ist nachvollziehbar. [...]
(b) Die Mitwirkungspflicht nach § 62 SGB I entfällt nicht aus dem Grund, dass dem Antragsteller ihre Erfüllung aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden könnte (§ 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I). Dies steht für die Untersuchungsmaßnahmen gemäß Buchstaben a und b der Aufforderung vom 28. Dezember 2010 und 5. Januar 2011 – zahnärztliche Untersuchung zur Feststellung der Wurzelentwicklung der Weisheitszähne sowie ärztliche Untersuchung auf Reifezeichen und Hinweise auf mögliche Entwicklungsverzögerungen – außer Zweifel. Eine durch einen Arzt oder eine Ärztin vorgenommene körperliche Untersuchung auch des Genitalbereichs ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Urologische und gynäkologische Untersuchungen sind in Deutschland allgemein akzeptiert und selbstverständlich. Ob bei Personen aus einem anderen Kulturkreis, die ein anderes Schamgefühl darlegen und glaubhaft machen können, im Einzelfall eine andere Beurteilung der Zumutbarkeit zu erfolgen hat, bedarf keiner Vertiefung. Denn der Antragsteller hat in dieser Hinsicht keine Angaben gemacht.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist ihm die Untersuchung aber auch insoweit zumutbar, als die Antragsgegnerin für den Fall, dass die genannten Untersuchungen nicht bereits zu einer Feststellung des Alters führen, von ihm die Mitwirkung an einer radiologischen Untersuchung des Kiefers und – erforderlichenfalls – darüber hinaus der Schlüsselbeine gefordert hat.
Eine radiologische Untersuchung ist dem Antragsteller nicht deshalb unzumutbar, weil eine solche Maßnahme nur unter Verstoß gegen § 25 Abs. 1 Satz 1 RöV und damit gegen geltendes Recht erfolgen könnte. Hiernach darf Röntgenstrahlung am Menschen nur in Ausübung der Heilkunde oder Zahnheilkunde, in der medizinischen Forschung, in sonstigen durch Gesetz vorgesehenen oder zugelassenen Fällen oder zur Untersuchung nach Vorschriften des allgemeinen Arbeitsschutzes angewendet werden. Röntgenstrahlung soll am Antragsteller, was keiner näheren Ausführungen bedarf, nicht in Ausübung der Heilkunde oder Zahnheilkunde oder in der medizinischen Forschung oder zur Untersuchung nach Vorschriften des allgemeinen Arbeitsschutzes angewendet werden. Es liegt ferner kein sonstiger durch Gesetz vorgesehener ((aa)), wohl aber ein durch Gesetz zugelassener ((bb)) Fall vor.
(aa) Der Einsatz von Röntgenstrahlung wird durch § 62 SGB I nicht gesetzlich vorgesehen. [...]
(bb) Der Einsatz von Röntgenstrahlung wird jedoch durch § 62 SGB I gesetzlich zugelassen. Die Entstehungsgeschichte der Röntgenverordnung unter Einschluss gesetzessystematischer Erwägungen führt zu diesem Verständnis der in ihrem Wortlaut nicht eindeutigen Norm. Verfassungs- und Europarecht stehen einer solchen Auslegung nicht entgegen.
Was unter "zugelassen" zu verstehen ist, muss ebenfalls durch Auslegung ermittelt werden. [...] Die Anfertigung von Röntgenaufnahmen kann aber auch bereits dann als erlaubt und damit als zugelassen anzusehen sein, wenn das Gesetz die körperliche Untersuchung durch einen Arzt gestattet. Denn die Röntgenuntersuchung gehört zu den anerkannten ärztlichen Untersuchungsmethoden.
Nur das zuletzt angeführte Verständnis des Wortes "zugelassen" (2. Alternative), das die Anordnung einer ärztlichen Untersuchung des Körpers ausreichen lässt, vermag zu erklären, weshalb es bei der Abfassung der Verordnung der Erwähnung der durch Gesetz vorgesehenen Fälle (1. Alternative) überhaupt bedurfte. Verlangte man für die 2. Alternative ebenfalls eine ausdrückliche Nennung der Röntgenuntersuchung im Gesetz, wäre die 1. Alternative überflüssig gewesen. Sie stellte dann lediglich einen Spezialfall der 2. Alternative dar.
Die Entstehungsgeschichte der Röntgenverordnung spricht ebenfalls für eine Auslegung des Begriffs dahin, dass die gesetzliche Gestattung der körperlichen Untersuchung durch einen Arzt genügt. [...] Unter den durch Gesetz zugelassenen Fällen verstand der Verordnungsgeber danach zwar auch Untersuchungen nach dem Wehrpflichtgesetz, das Röntgenuntersuchungen ausdrücklich nannte (§ 17 Abs. 7 WehrPflG 1965, BGBl. I S. 390, 396). Allerdings wurde und wird auch die Anwendung von Röntgenstrahlung "im Rahmen von Strafverfahren" als gesetzlich zugelassener Fall angeführt (BR 550/72, a.a.O und BRDrs. 230/02, S. 93), obwohl die Strafprozessordnung weder damals noch heute die Röntgenuntersuchung als zulässige Untersuchungsmaßnahme ausdrücklich nennt. Vielmehr wird § 81a StPO, der die körperliche Untersuchung gestattet, als zureichende Rechtsgrundlage für einen entsprechenden Eingriff in die Rechte des Beschuldigten angesehen (Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl., § 81a Rn. 20 m.w.N.). Hätte der Verordnungsgeber gleichwohl eine ausdrückliche Zulassung im Gesetz gefordert, so hätte er insofern die Grenzen seiner Rechtsetzungsbefugnis wohl erreicht. Denn damit hätte er im Ergebnis die durch förmliches Parlamentsgesetz eröffneten strafprozessualen Ermittlungsmöglichkeiten, die das Anfertigen von Röntgenaufnahme nach hergebrachtem Verständnis umfassen (vgl. Meyer-Goßner a.a.O.), beschnitten. Dass der Verordnungsgeber dies in Kauf nehmen wollte, ist nicht anzunehmen.
Schon daraus wird deutlich, dass der Verordnungsgeber keine ausdrückliche Zulassung von Röntgenstrahlung als Voraussetzung für deren Anwendung auf den menschlichen Körper verlangen wollte. Ziel der Röntgenverordnung von 1973 war es vielmehr zum einen, die Vorschriften der Verordnung aus dem Jahr 1941 den gewonnenen Erkenntnissen über die zulässige Strahlenbelastung der Beschäftigten und dem Stand der Röntgentechnik anzupassen (BR-Drs 550/72 a.a.O.). Zum anderen ging es dem Verordnungsgeber darum, einer internationalen Verpflichtung der Bundesrepublik aus dem Ver19 trag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) vom 25. März 1957 (BGBl. II S. 1014 m. sp. Änd.) nachzukommen. Nach Art. 33 des EURATOM-Vertrages war jeder Mitgliedsstaat verpflichtet, die geeigneten Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um die Beachtung der EURATOM-Grundnormen sicherzustellen. Diese beiden Beweggründe rechtfertigen nicht die Annahme, der Verordnungsgeber habe die in sonstigen durch Gesetz zugelassenen Fälle auf solche Bestimmungen beschränken wollen, die eine Röntgenuntersuchung ausdrücklich als Untersuchungsmethode benennen. Soweit die Röntgenverordnung von 1973 den Regelungsgehalt der Röntgenverordnung von 1941 aufgreift, liegt dies auf der Hand: Dem Verordnungsgeber ging es insoweit schon im Ansatz nicht um den Schutz vor übermäßiger Anwendung von Röntgenstrahlung auf den Menschen, sondern allein um den Schutz der Beschäftigten beim Bestrahlen von Material (vgl. § 1 Satz 2 RöV 41). Die Beachtung der angeführten EURATOM-Grundnormen verlangte ebenfalls nicht die ausdrückliche Benennung aller Anwendungsszenarien. Bei diesen Grundnormen geht es allein um die zulässigen Höchstdosen, die Höchstgrenzen für die Aussetzung gegenüber schädlichen Einflüssen und für schädlichen Befall sowie die Grundsätze für die ärztliche Überwachung der Arbeitskräfte im Sinne Art. 30 Buchst. a bis c EURATOM-Vertrag. Seit 1973 hat sich am Wortlaut der Röntgenverordnung im hier entscheidenden Punkt substantiell nichts geändert. Die heute in § 25 Abs. 1 Satz 1 RöV verwandte Formulierung ist im Kern mit § 21 Abs. 1 RöV 73 identisch. Danach durften Röntgenstrahlen auf den Menschen nur in Ausübung der Heilkunde, der Zahnheilkunde oder in sonstigen durch Gesetz vorgesehenen oder zugelassenen Fällen angewendet werden. [...]
Es bestehen schließlich keine verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Bedenken gegen eine Auslegung von § 62 SGB I dahin, die Vorschrift lasse auch eine radiologische Untersuchung zu.
Von Verfassungs wegen ist weder eine ausdrückliche Regelung durch förmliches Gesetz noch ein Richtervorbehalt entsprechend § 81a Abs. 2 StPO erforderlich.
Ob die Verpflichtung des Einzelnen zur Duldung einer Röntgenuntersuchung gemäß dem verfassungsrechtlichen Wesentlichkeitsprinzip und Bestimmtheitsgebot eine Regelung durch ein förmliches Gesetz voraussetzt, in welcher eine solche Pflicht ausdrücklich bestimmt wird (so LG Berlin, Beschl. v. 16.6.2009, JAmt 2009, 457, juris Rn. 16), bedarf hier keiner Entscheidung. § 62 SGB I berechtigt weder zum Erlass eines Verwaltungsaktes (Beschl. des Senats v. 23.12.2010, 4 Bs 243/10, juris Rn. 45) noch dazu, eine Röntgenuntersuchung auf andere Weise zu erzwingen. Sie regelt allein eine Mitwirkungslast desjenigen, der Sozialleistungen beantragt oder erhält. Ob der Betreffende eine ihm aufgegebene Röntgenuntersuchung durchführen lässt oder nicht, ist allein von seinem Willen abhängig. Hält er die Maßnahme für unzumutbar und wirkt er deshalb nicht mit, ist dies auf einen nachfolgenden Bescheid nach § 66 SGB I, dessen Erlass in das Ermessen der Behörde gestellt ist, ggf. in einem gesonderten Verwaltungsverfahren zu klären (Beschl. des Senats a.a.O, juris Rn. 49). Einer weitergehenden Verfahrensabsicherung durch einen Richtervorbehalt, wie ihn § 81a StPO kennt, bedarf es bei § 62 SGB I danach schon mangels Eingriffs in die durch Art. 2 Abs. 2 GG geschützte körperlichen Unversehrtheit nicht. Zudem ist die Anordnung bei § 81a StPO regelhaft "in die Hand des Richters gelegt" (vgl. BVerfG, Urt. v. 10.6.1963, BVerfGE 16, 194 – Liquorentnahme, juris Rn. 18), weil die Gesetzesanwendung gewährleisten muss, dass die mit der Aufklärung der Tat verbundenen Folgen den Beschuldigten als möglichen Täter nicht etwa stärker belasten als die zu erwartende Strafe. Der Richter ist daher verfassungsrechtlich gehalten, im einzelnen Fall eine gesetzlich an sich zulässige Maßnahme auch am Übermaßverbot zu messen (BVerfG a.a.O., Rn. 20). Ähnlich hohe Anforderungen an die Gesetzesanwendung stellen §§ 60 ff. SGB I und die Röntgenverordnung nicht. Sie normieren – anders als die Strafprozessordnung bei § 81a StPO – bereits ein am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgerichtetes, strukturiertes und damit leichter einzuhaltendes Verfahren, das durch die verwaltungsrechtliche Prüfung einerseits (§§ 62, 65 SGB I) und die Stellung der rechtfertigenden Indikation (§§ 23 bis 25 RöV) andererseits – qualitätssichernd – zudem auf fachlich spezialisierte Entscheidungsträger setzt, und das im Falle einer negativen Entscheidung nach § 66 Abs. 1 SGB I gerichtlich überprüfbar ist.
Die Auffassung, § 62 SGB I lasse den Einsatz von Röntgenstrahlung auf den Menschen zu, ist auch mit Europarecht vereinbar. Sie steht mit der Richtlinie 97/43/EURATOM in Einklang. Die Richtlinie behandelt die Exposition von Personen im Rahmen medizinisch-rechtlicher Verfahren (Art. 1 Abs. 2 Buchst. e), zu denen nach Art. 2 ein Verfahren zu rechtlichen Zwecken ohne medizinische Indikation und damit auch eine Röntgenuntersuchung aufgrund einer Aufforderung nach § 62 SGB I zählt. Die Anforderungen an solche medizinisch-rechtlichen Verfahren ergeben sich aus Art. 3 und 5 der Richtlinie 97/43/EURATOM, die auszugsweise lauten:
"Art. 3 (1)
Die medizinischen Expositionen gemäß Artikel 1 Absatz 2 müssen insgesamt einen hinreichenden Nutzen erbringen, wobei ihr Gesamtpotential an diagnostischem oder therapeutischem Nutzen, einschließlich des unmittelbaren gesundheitlichen Nutzens für den einzelnen und des Nutzens für die Gesellschaft, abzuwägen ist gegenüber der von der Exposition möglicherweise verursachten Schädigung des einzelnen; zu berücksichtigen sind dabei die Wirksamkeit, der Nutzen und die Risiken verfügbarer alternativer Verfahren, die demselben Zweck dienen, jedoch mit keiner oder einer geringeren Exposition gegenüber ionisierender Strahlung verbunden sind. Insbesondere …
d) muss die Rechtfertigung für diejenigen medizinischen Expositionen besonders beachtet werden, die für die Person, die sich ihnen unterzieht, nicht zu einem unmittelbaren gesundheitlichen Nutzen führen; hierzu zählen insbesondere Expositionen aus medizinisch-rechtlichen Gründen.
Art. 5 …
(4) Die Mitgliedstaaten sorgen für die Festlegung der Verfahren, die im Falle von medizinischrechtlichen Untersuchungen einzuhalten sind.
Diesen Anforderungen genügt das innerstaatliche Recht, soweit von demjenigen, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, nach Maßgabe der §§ 62, 65 SGB I die Mitwirkung an einer radiologischen Untersuchung verlangt wird. "
Das Verfahren im Sinne von Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie 97/43/EURATOM wird durch die spezialgesetzliche Regelung im SGB I und die Röntgenverordnung festgelegt. Das Verfahren wird zunächst durch das SGB I geregelt. Wie bereits ausgeführt, verlangt § 62 SGB eine mehrstufige Erforderlichkeitsprüfung, die die Notwendigkeit der Untersuchung selbst und der einzelnen Untersuchungsmaßnahmen zum Gegenstand hat. Hieran schließt sich eine wiederum differenzierte Untersuchung der Zumutbarkeit der Maßnahme an, § 65 Abs. 1 und 2 SGB I. Ist ein Mitwirkungsverlangen danach rechtlich zulässig, führt dies nicht gleichsam automatisch zur Anfertigung der gewünschten Röntgenbilder. Vielmehr hat die nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 und 2 RöV berechtigte Person, die in der Heilkunde oder Zahnheilkunde Röntgenstrahlung am Menschen anwenden darf, weil sie die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz besitzt, eine besondere Abwägung zu treffen. Sie muss – ebenso wie im Bereich der Heilkunde oder Zahnheilkunde – eine rechtfertigende Indikation stellen. Dies folgt aus § 25 Abs. 1 Satz 3 Hs. 2 RöV. Danach gelten für die Anwendung von Röntgenstrahlung am Menschen außerhalb der Heilkunde oder Zahnheilkunde die §§ 23 und 24 RöV entsprechend. § 23 RöV hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"(1) Röntgenstrahlung darf unmittelbar am Menschen in Ausübung der Heilkunde oder Zahnheilkunde nur angewendet werden, wenn eine Person nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 hierfür die rechtfertigende Indikation gestellt hat. Die rechtfertigende Indikation erfordert die Feststellung, dass der gesundheitliche Nutzen der Anwendung am Menschen gegenüber dem Strahlenrisiko überwiegt. Andere Verfahren mit vergleichbarem gesundheitlichen Nutzen, die mit keiner oder einer geringeren Strahlenexposition verbunden sind, sind bei der Abwägung zu berücksichtigen. Eine rechtfertigende Indikation nach Satz 1 ist auch dann zu stellen, wenn die Anforderung eines überweisenden Arztes vorliegt. Die rechtfertigende Indikation darf nur gestellt werden, wenn der die rechtfertigende Indikation stellende Arzt den Patienten vor Ort persönlich untersuchen kann, es sei denn, es liegt ein Anwendungsfall des § 3 Abs. 4 vor. § 28a bleibt unberührt.
(2) Der die rechtfertigende Indikation stellende Arzt hat vor der Anwendung, erforderlichenfalls in Zusammenarbeit mit dem überweisenden Arzt, die verfügbaren Informationen über bisherige medizinische Erkenntnisse heranzuziehen, um jede unnötige Strahlenexposition zu vermeiden. Patienten sind über frühere medizinische Anwendungen von ionisierender Strahlung, die für die vorgesehene Anwendung von Bedeutung sind, zu befragen. …"
Die nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 und 2 RöV berechtigte Person, regelhaft ein Arzt oder Zahnarzt, muss also unter Beachtung aller weiteren Vorgaben von § 23 RöV die Feststellung treffen, dass (mangels gesundheitlichen Nutzens für den Einzelnen) der gesellschaftliche Nutzen gegenüber dem Strahlenrisiko überwiegt. Hierzu hat der die rechtfertigende Indikation stellende Arzt oder Zahnarzt sich erforderlichenfalls entsprechend § 23 Abs. 2 RöV die notwendigen Informationen zum Sachverhalt – hier der Altersfeststellung bei einem vorgeblich minderjährigen Ausländer, der sich nicht ausweist, und eine Einrichtung des Kinder- und Jugendnotdienstes nicht verlassen mag – bei der "überweisenden" Behörde zu beschaffen.
Dem entspricht auch tatsächlich das von der Antragsgegnerin vorgesehene Verfahren zur Altersfeststellung. Das wird im Übrigen auch von dem Antragsteller nicht in Zweifel gezogen.
(c) Die radiologische Untersuchung konnte nicht deshalb abgelehnt werden, weil ein Schaden für Leben oder Gesundheit des Antragstellers nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könnte (§ 65 Abs. 2 Nr. 1 SGB I) oder die Aufnahmen einen erheblichen Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit bedeuten würden (§ 65 Abs. 2 Nr. 3 SGB I). [...]
(4) Die weiteren Voraussetzungen, unter denen nach § 66 Abs. 3 SGB I wegen fehlender Mitwirkung nur versagt werden dürfen, liegen ebenfalls vor. Der Antragsteller ist auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden und er ist seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb der ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen.
cc) Die Antragsgegnerin hat das ihr in § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I eröffnete Ermessen, ob sie als Leistungsträgerohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung versagt, frei von Rechtsfehlern ausgeübt. Mit zutreffender Begründung hat das Verwaltungsgericht einen Ermessensausfall verneint. Die angestellten Ermessenserwägungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Das Kindeswohl war nicht nach Art. 3 der UN-Kinderrechtskonvention vorrangig zu berücksichtigen. Es steht gerade nicht fest, dass der Antragsteller ein Kind ist. Im Sinne dieses Übereinkommens ist ein Kind jeder Mensch, der das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, soweit die Volljährigkeit nach dem auf das Kind anzuwendenden Recht nicht früher eintritt (Art. 1 der UN-Kinderrechtskonvention). Die UN-Kinderrechtskonvention regelt aber weder, wie die danach maßgebliche Altersgrenze zu bestimmen ist, noch fordert sie ihre Anwendung bereits, solange nicht geklärt ist, ob die betroffene Person überhaupt ein Kind im Sinne der Konvention ist. Insbesondere die Vorschriften über von der Familie getrennt lebende Kinder (Art. 20) und über Flüchtlingskinder (Art. 22) enthalten hierzu keine Regelungen. [...]