VG Berlin

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Zitieren als:
VG Berlin, Beschluss vom 07.04.2011 - VG 36 L 122.11 A - asyl.net: M18464
https://www.asyl.net/rsdb/M18464
Leitsatz:

Die Zustellungsvorschriften des § 10 AsylVfG dürften im Widerrufsverfahren keine Anwendung finden. Selbst wenn § 10 AsylVfG anwendbar wäre, müsste die Behörde vor einer öffentlichen Zustellung naheliegende Möglichkeiten zur Ermittlung des Aufenthaltes nutzen. Angesichts der jahrelangen Vertretung des Antragstellers durch seine Verfahrensbevollmächtigten wäre vorliegend auch eine Nachfrage bei den Bevollmächtigten naheliegend und erforderlich gewesen. Da dies unterblieben ist, ist die öffentliche Zustellung unwirksam ist.

Schlagwörter: öffentliche Zustellung, Zustellung, Zustellungsmangel, Sachaufklärungspflicht, vorläufiger Rechtsschutz, Klagefrist
Normen: AsylVfG § 10, VwZG § 10, AsylVfG § 75 S. 1, AsylVfG § 73
Auszüge:

[...]

Die Klage VG 36 K 123.11 A hat aufschiebende Wirkung (§ 75 Satz 1 i.V.m. § 73 AsylVfG), da sie nicht offensichtlich unzulässig ist. Insbesondere hat der Antragsteller nicht die Klagefrist von zwei Wochen nach Zustellung des Widerrufsbescheides vom 17. November 2010 (vgl. §§ 74 Abs. 1, 73 Abs. 6 AsylVfG) versäumt, da der Bescheid dem Antragsteller nicht wirksam zugestellt worden ist. Die vorliegend vorgenommene öffentliche Zustellung erfolgte zu Unrecht. Insoweit kann dahinstehen, ob die öffentliche Zustellung, die im Widerrufsverfahren vorgenommen worden ist, bereits deswegen fehlerhaft ist, weil der Bescheid nicht den Verfahrensbevollmächtigten aus dem Anerkennungsverfahren zugestellt worden ist. Jedenfalls setzt eine öffentliche Zustellung, sei es nach § 10 AsylVfG - der im Widerrufsverfahren allerdings keine Anwendung finden dürfte - oder nach § 10 VwZG voraus, dass die Behörde zuvor naheliegende Möglichkeiten zur Ermittlung des Aufenthaltes genutzt hat (BVerwGE 10-4, 301 m.w.N.), sofern es konkrete Anhaltspunkte für erfolgversprechende Bemühungen gab. Angesichts der jahrelangen Vertretung des Antragstellers durch seine Verfahrensbevollmächtigten, bis zuletzt im ausländerrechtlichen Verfahren bei der Ausländerbehörde Märkisch-Oderland, wäre vorliegend auch eine Nachfrage bei den (vormaligen) Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers naheliegend und erforderlich gewesen. Dies ist jedoch unstreitig unterblieben, so dass die öffentliche Zustellung unwirksam ist. [...]