VG Darmstadt

Merkliste
Zitieren als:
VG Darmstadt, Beschluss vom 19.04.2011 - 4 L 472/11.DA - asyl.net: M18483
https://www.asyl.net/rsdb/M18483
Leitsatz:

Eilrechtsschutz gegen Abschiebung nach Syrien, weil die augenblickliche Lage in Syrien extrem aufgeheizt ist und das Regime mit aller Härte gegen seine Gegner vorgeht. Wie sich dies auf aus dem westlichen Ausland im Wege einer Abschiebung zurückkehrende Asylbewerber auswirkt, ist derzeit nicht sicher abzuschätzen.

Schlagwörter: Asylverfahren, vorläufiger Rechtsschutz, Syrien, Abänderungsantrag, offensichtlich unbegründet, Deutsch-Syrisches Rückübernahmeabkommen, Abschiebungsverbot, Sicherheitslage, Suspensiveffekt
Normen: VwGO § 80 Abs. 7
Auszüge:

[...]

Der nach Antrag § 80 Abs. 7 VwGO auf Änderung des im Tenor genannten Beschlusses des VG Darmstadt ist zulässig und begründet. Die vom Antragsteller inzwischen geltend gemachten Umstände führen zu einer Änderung der Entscheidung.

Anspruch auf eine erneute, geänderte Entscheidung des Gerichts haben die Beteiligten bei nachträglich veränderten oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachten Umständen (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 16. Aufl., § 80 Rdnr. 196). Solche Umstände liegen hier aufgrund der sich in den letzten Wochen zuspitzenden innenpolitischen Lage in Syrien vor.

Dabei mag dahingestellt bleiben, ob das Bundesamt in dem angefochtenen Bescheid - soweit dieser mit der am 11. Februar 2011 erhobenen Klage (Az.: 4 K 210/11.DA.A angefochten wurde - zu Recht festgestellt hat, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen, denn die Aussetzung der Abschiebung war hier schon deshalb anzuordnen, weil die augenblickliche Lage in Syrien extrem aufgeheizt ist und das Regime mit aller Härte gegen seine Gegner vorgeht. Wie sich dies auf aus dem westlichen Ausland im Wege einer Abschiebung zurückkehrende Asylbewerber auswirkt, ist derzeit nicht sicher abzuschätzen. Hierzu fehlt es an ausreichenden Informationen. Ebenso wie dem Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg in seinem Beschluss vom 31. März 2011 (Az.: RN E 11.30133) erscheint es dem erkennenden Gericht angesichts der augenblicklichen Ereignisse offen zu sein, ob sich die Situation für nach dem Rückübernahmeabkommen abgeschobene Personen verbessert, weil sich staatliche Stellen nicht mehr um diese kümmern können, oder verschlechtert, weil von diesem Personenkreis eine weitere Verschärfung der innerstaatlichen Probleme erwartet wird.

Da angesichts dieser Umstände nicht ausgeschlossen werden kann, dass zumindest ein Abschiebungsverbot i.S.d. § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG besteht, und darüber hinaus bei einer Abschiebung ggf. hochrangige Rechtsgüter, nämlich Leib und Leben des Antragstellers, gefährdet sein können, war dem Abänderungsantrag vorliegend zu entsprechen. [...]