VG Gelsenkirchen

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Zitieren als:
VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 17.05.2011 - 17a L 510/11.A - asyl.net: M18548
https://www.asyl.net/rsdb/M18548
Leitsatz:

Eilrechtsschutz wegen Möglichkeit eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG für an Epilepsie leidendes Kind, das mit seiner alleinerziehenden Mutter in das Kosovo zurückkehren würde.

Schlagwörter: krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot, Kosovo, vorläufiger Rechtsschutz, Suspensiveffekt, Epilepsie, medizinische Versorgung, Medikamente, Ashkali, alleinerziehend
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1
Auszüge:

[...]

Der dem Beschlusstenor entsprechend sinngemäß gestellte Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO hat Erfolg, weil bei der im vorliegenden Verfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides vom 12. April 2011 bestehen (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG), soweit unter Ziffer 3. festgestellt wird, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen. Diese Feststellung unterliegt im Hinblick auf die Frage des Vorliegens eines individuellen Abschiebungshindernisses aus Gesundheitsgründen im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in der Person des Antragstellers zu 3. ernstlichen Zweifeln. Er hat mehrere ärztliche Atteste vorgelegt, denen zufolge er sich seit längerem wegen Epilepsie in ärztlicher Behandlung befindet, auf die tägliche Einnahme von Medikamenten (Valproinsäure) angewiesen ist und sich alle 3 Monate Kontrolluntersuchungen unterziehen muss.

Die Einschätzung im angefochtenen Bescheid, dass diese Erkrankung im Kosovo behandelbar sei, bedarf einer dem Hauptsacheverfahren vorbehaltenen näheren Überprüfung. Insbesondere wird zu klären sein, ob grundsätzlich im Kosovo bestehende geeignete Behandlungsmöglichkeiten für den Antragsteller zu 3. bei einer Rückkehr in Ansehung seiner persönlichen Situation und wirtschaftlichen Lage sowie seiner Zugehörigkeit zur Minderheitenvolksgruppe der Ashkali auch tatsächlich erreichbar sind (vgl. für die Situation im Kosovo dazu allg. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 10. Dezember 2010, 7a K 1894/10.A).

Soweit es die Antragsteller zu 1. und 2. betrifft, bedarf es näherer Prüfung im Hauptsacheverfahren, ob für diese ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf eine extreme Gefahrenlage bei Rückkehr in den Kosovo besteht. Dies könnte in Betracht zu ziehen sein, weil die Antragsteller mit ihrer alleinerziehenden Mutter zurückkehren würden, die dort nach eigenen Angaben seit 2004 nicht mehr ansässig war. Im angefochtenen Bescheid, der das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG lediglich unter dem Blickwinkel der Behandlungsmöglichkeiten von Erkrankungen erörtert, finden sich dazu keine Ausführungen. Mit der Klage- und Antragsschrift haben die Antragsteller auf Bescheide des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10. Februar 2011 und vom 17. September 2010 verwiesen, mit denen bei einer alleinerziehenden Kosovo-Albanerin ohne familiären Rückhalt bzw. einer alleinerziehenden Roma aus dem Kosovo das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf die aktuelle Erkenntnislage festgestellt worden ist. Die Antragsgegnerin ist in ihrer Antrags- und Klageerwiderung vom 03. Mai 2011 hierauf nicht eingegangen, sondern hat lediglich auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen. Bei dieser Sachlage ist eine weitere Klärung im Hauptsacheverfahren geboten. [...]