VG Trier

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Zitieren als:
VG Trier, Urteil vom 28.07.2011 - 5 K 396/11.TR - asyl.net: M18873
https://www.asyl.net/rsdb/M18873
Leitsatz:

Krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG hinsichtlich Ghana (arterielle Hypertonie, Adipositas) wegen fehlender Finanzierbarkeit der erforderlichen Medikamente. Dem Hinweis der Stadt Landau auf eine Bereitschaft, im Falle der Rückkehr nach Ghana eine gewisse medikamentöse Grundausstattung zur Verfügung zu stellen, kommt keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Es fehlt an einer rechtsverbindlichen Kosten- und Sachleistungszusage. Eine solche Zusage müsste u.a. erkennen lassen, dass infolge der Gewährleistung der zugesagten Leistungen keine extremen Gefahren drohen.

Schlagwörter: krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot, Ghana, Hypertonie, Adpositas, medizinische Versorgung, Medikamente, Mitgabe von Medikamenten, Kostenübernahmeerklärungi
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1
Auszüge:

[...]

Ausgehend hiervon liegen bei der Klägerin zur Überzeugung des Gerichts die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor, denn das Gericht ist aufgrund der mündlichen Verhandlung und der bei den Akten befindlichen ärztlichen Bescheinigungen vom Wahrheitsgehalt der Angaben der Klägerin überzeugt, dass sie ständiger medikamentöser Versorgung bedarf und bei ihr bei einer eventuellen Rückkehr nach Ghana mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine erhebliche Verschlechterung ihres Gesundheitszustands zu befürchten ist, weil sie die erforderliche medizinische Versorgung nicht bezahlen kann. Zwar ist das Bruttoinlandsprodukt gegenüber der von der Klägerin genannten Zahl, die sich auf das Jahr 2002 bezieht (vgl. www.uni-protokolle_de/Lexikon/Ghana.html), zwischenzeitlich erheblich angestiegen und betrug 2009 immerhin 1150 $ (vgl. Statistisches Bundesamt in www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/Internationales/InternationaleStatistik/Thema/Tabellen/Basistabelle_BNE.template/d=renderPrint.psml, was monatlich ca. 67 € entspricht. Gleichwohl ist nicht ersichtlich, wie die Klägerin auch unter Zugrundelegung dieses Betrages die für ihre medizinische Betreuung notwendigen Kosten aufbringen soll, wobei der Hinweis der Beklagten auf einen ca. 10-jährigen Sohn von vornherein ungeeignet erscheint, der Klägerin entsprechende Finanzierungsmöglichkeiten zu eröffnen.

Soweit die Beklagte darauf verweist, dass die Stadt Landau bereit sei, der Klägerin im Falle ihrer Rückkehr nach Ghana eine gewisse medikamentöse Grundausstattung zur Verfügung zu stellen, kommt dem vorliegend keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Zwar kann die Zusage einer tatsächlichen oder finanziellen Unterstützung geeignet sein, die Versorgungslage für den Betroffenen bei seiner Rückkehr in sein Heimatland so günstig zu verändern, dass keine extreme Gefahr droht und der Betreffende sich "alsbald" eine Lebensgrundlage verschaffen kann, die ihm die Finanzierung der notwendigen medizinischen Behandlungskosten ermöglicht.

Vorliegend fehlt es indessen im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor Gericht, auf den gemäß § 77 AsylVfG abzustellen ist, an einer rechtsverbindlichen Kosten- oder Sachleistungszusage. Zum Einen würde eine Rechtsverbindlichkeit erfordern, dass sie durch den Zusagenden gegenüber der Klägerin erklärt worden wäre. Zum anderen müsste die Zusage erkennen lassen, dass infolge der Gewährung der zugesagten Leistungen jedenfalls innerhalb eines Zeitraums von zumindest zwei Jahren der Klägerin keine extremen Gefahren drohen. An beiden Voraussetzungen fehlt es indessen vorliegend. [...]