OVG Berlin-Brandenburg

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Zitieren als:
OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.03.2011 - 12 B 15.10 - asyl.net: M18882
https://www.asyl.net/rsdb/M18882
Leitsatz:

1. Auch sozialversicherungsfreie geringfügige Beschäftigungsverhältnisse sind nicht von vornherein ungeeignet, die Arbeitnehmereigenschaft zu vermitteln.

2. Ein Anteil der wöchentlichen Arbeitszeit von rund 14 % der Arbeitszeit eines voll Erwerbstätigen ist zwar sehr gering, aber noch nicht völlig untergeordnet. Er ist gerade noch ausreichend, die Arbeitnehmereigenschaft zu vermitteln.

3. Im Übrigen kann einem türkischen Staatsangehörigen, der aufgrund seiner tatsächlichen und echten Tätigkeit Arbeitnehmer im Sinne von Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 ist, nicht zugleich vorgehalten werden, dass er ergänzende öffentliche Mittel in Anspruch nehme, obwohl er seinen Lebensunterhalt bei weiteren Arbeitsbemühungen vollständig bestreiten könne. Es ist vielmehr Aufgabe der Jobcenter, Leistungen nach dem SGB II bei unzureichenden Arbeitsbemühungen zu mindern bzw. einzustellen.

Entscheidung nach Vorlageverfahren (EuGH, Urteil vom 4. Februar 2010, Rs. C-14/09, NVwZ 2010, 367 ff.)

Schlagwörter: Türkei, EuGH, Vorabentscheidungsverfahren, Freizügigkeit, freizügigkeitsberechtigt, Assoziationsratsbeschluss EWG/Türkei, geringfügige Beschäftigung, Arbeitnehmer, Türkischer Arbeitnehmer
Normen: AufenthG § 4 Abs. 5, ARB 1/80 Art. 8 Abs. 1,
Auszüge:

[...]

Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Der versagende Bescheid des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten vom 4. Februar 2008 ist rechtswidrig, denn die Klägerin hat wegen eines ihr aus Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 zustehenden Rechts einen Anspruch darauf, dass ihr die begehrte Aufenthaltserlaubnis ausgestellt wird, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. [...]

Die Klägerin konnte sich bei Ablauf der ihr zum Ehegattennachzug erteilten, zuletzt bis zum 1. August 2007 gültigen Aufenthaltserlaubnis aufgrund der bei der L.-GmbH ausgeübten Beschäftigung auf Art. 6 Abs. 1, 2. Spiegelstrich ARB 1/80 (zweite Verfestigungsstufe) berufen. Diese Vorschrift gewährt einem türkischen Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eine Mitgliedstaates angehört, in diesem Mitgliedstaat nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung – vorbehaltlich des den Arbeitnehmern des aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs – das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieser Mitgliedstaaten eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben.

Entgegen der Ansicht des Beklagten war die Klägerin insbesondere Arbeitnehmerin im Sinne von Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80. Der Gerichtshof der Europäischen Union geht – wie das Verwaltungsgericht im Einzelnen dargelegt hat - in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Arbeitnehmereigenschaft des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 unionsrechtlich unter Rückgriff auf Art. 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV – (früher: Art. 39 EGV) auszulegen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. November 2002 – Rs. C- 188/00 –, Kurz, InfAuslR 2003, 41 Rn. 30 ff.). Danach besteht das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält (vgl. z.B. EuGH; Urteil vom 24. Januar 2008 – Rs. C-294/06 -, Payir u.a., NVwZ 2008, 404, 405 Rn. 28 m.w.N.).

Das ist hier der Fall. Auch wenn der Beklagte die Glaubwürdigkeit der Klägerin hinsichtlich ihrer aufenthaltsrechtlichen Angelegenheiten in Frage stellt und ihr verfahrensangepasstes Vorbringen vorhält, bestehen jedenfalls keine Zweifel, dass sie seit 2004 für die L. GmbH erwerbstätig ist und hierfür Lohn erhält. Dafür sprechen auch die beigezogenen Leistungsakten des Jobcenters Friedrichshain-Kreuzberg, weil die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis bei der L. GmbH von Beginn an offengelegt hat, und das von ihr erzielte Einkommen auf die nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch gewährten ergänzenden Leistungen unter Berücksichtigung der Freibeträge angerechnet worden ist. Angesichts dessen kann der Klägerin auch nicht entgegengehalten werden, dass der mündlich geschlossene Arbeitsvertrag erst im November 2007 schriftlich fixiert worden ist.

Darüber hinaus handelt es sich auch um eine zur Begründung der Arbeitnehmereigenschaft erforderliche tatsächliche und echte Tätigkeit. Hiervon sind nur solche Tätigkeiten ausgenommen, die wegen ihres geringen Umfangs völlig untergeordnet und unwesentlich sind (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2008 – Rs. C-294/06 -, Payir u.a., NVwZ 2008, 404, 405 Rn. 31). Die arbeitsvertragliche Verpflichtung zur Leistung nur weniger Arbeitsstunden kann zwar ein Indiz dafür sein, dass es sich bei der ausgeübten Tätigkeit nicht um eine tatsächliche und echte, sondern um eine völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeit handelt. Allerdings lässt sich trotz des geringen Entgeltes und der Arbeitszeit nicht ausschließen, dass die Tätigkeit aufgrund der vorzunehmenden Gesamtbewertung als tatsächlich und echt angesehen werden muss (EuGH, Urteile vom 4. Februar 2010 - Rs. C-14/09 -, Genc, NVwZ 2010, 367 Rn. 26 und vom 26. Februar 1992 – Rs. C-357/89 -, Raulin, NJW 1992, 1493 Rn. 14).

Damit kann Arbeitnehmer im Sinne von Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 grundsätzlich auch derjenige sein, der seinen Lebensunterhalt nicht insgesamt mit Hilfe seines Erwerbseinkommens deckt und nur in geringem zeitlichem Umfang tätig ist (vgl. EuGH; Urteile vom 4. Februar 2010 - Rs. C-14/09 -, Genc, NVwZ 2010, 367 Rn. 25 ff., vom 24. Januar 2008 – Rs. C-294/06 - Payir u.a., NVwZ 2008, 404 Rn. 28, vom 18. Juli 2007 – Rs. C-213/05 –, Geven, InfAuslR 2007, 371 Rn. 27, vom 19. November 2002 – Rs. C-188/00 -, Kurz, InfAuslR 2003, 41 Rn. 32 f., und vom 14. Dezember 1995 – Rs. C-444/93 –, Megner und Scheffel, juris, Rn. 18). [...]

Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalles ist zunächst zu beachten, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten zu einer gemeinschaftsfreundlichen Auslegung gelangen müssen. Diese ist am Wortlaut und Zweck des höherrangigen Gemeinschaftsrechts auszurichten, um die mit den unionsrechtlichen Vorschriften verfolgten Ziele wirksam zu erreichen (EuGH, Urteil vom 18. November 2003 – Rs. C-226/01 -, Budejovicky Budvar, juris, Rn. 124; BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007, BVerwGE 128, 1 ff.). Danach ist der Arbeitnehmerbegriff des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 im Zweifel extensiv auszulegen, damit die für Unionsbürger geltende Freizügigkeit so weit wie möglich auf türkische Arbeitnehmer übertragen werden kann (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Februar 2010 - Rs. C-14/09 -, Genc, NVwZ 2010, 367 Rn. 17 m.w.N.; kritisch hierzu Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, Assoziation EWG-Türkei, D.5.1, Rn. 9 ff.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und der Rechtsprechung des EuGH steht zunächst fest, dass auch sozialversicherungsfreie geringfügige Beschäftigungsverhältnisse im Sinne von §§ 8, 8 a SGB IV („Minijob“) nicht von vornherein ungeeignet sind, die Arbeitnehmereigenschaft zu vermitteln. Hier hat das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin als Raumpflegerin bei der L. GmbH ab Mitte Juni 2004 dazu geführt, dass sie zunächst – nach Ablauf eines Jahres - ein Recht aus Art. 6 Abs. 1, 1. Spiegelstrich ARB 1/80 erworben und sodann nach zwei weiteren Jahren bis Mitte Juni 2007 die zweite Verfestigungsstufe erreicht hat. Betrachtet man das erzielte Einkommen und die vertraglich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit, so lässt sich die Tätigkeit trotz ihres geringen Umfangs als nicht völlig untergeordnet und unwesentlich charakterisieren. So belief sich das Einkommen zuletzt, d.h. vor dem freiwilligen Verzicht auf öffentliche Mittel ab Mai 2008, immerhin auf rund 25 % des der Klägerin nach dem SGB II zustehenden Bedarfs. Während des Drei-Jahres-Zeitraumes (Juni 2004 bis Juni 2007), innerhalb dessen die Klägerin die zweite Verfestigungsstufe des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 erreichen konnte, war sie aufgrund des geringeren Bedarfs für Regelleistungen und Unterkunft (ca. 571,00 Euro) sogar in der Lage, einen noch höheren Anteil von rund 30 % des Bedarfs zu decken. Hierbei dürfen die Freibeträge für Erwerbstätige (ab 1. April 2011: § 11 b Abs. 2 und 3 SGB II) nicht zu Lasten der Klägerin berücksichtigt werden, weil es um die möglichst effektive Durchsetzung der Arbeitnehmerfreizügigkeit aufgrund unionsrechtlicher Vorschriften geht (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 16. November 2010, InfAuslR 2011, 144). Der Anteil der wöchentlichen Arbeitszeit ist mit rund 14 % der Arbeitszeit eines voll Erwerbstätigen zwar sehr gering, aber ebenfalls noch nicht völlig untergeordnet. Beides ist - vor allem im Hinblick auf das Einkommen - gerade noch ausreichend, um der Klägerin die Arbeitnehmereigenschaft zu vermitteln. Es lässt sich auch nicht sagen, dass die Arbeitsleistung der Klägerin für ihren Arbeitgeber, ein Reinigungsunternehmen, nicht von wirtschaftlichem Wert ist.

Dies gilt erst recht, wenn man die weiteren Kriterien hinzunimmt, die der Rechtsprechung des EuGH zufolge für das Vorliegen eines echten und tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisses und gegen eine völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeit sprechen können. Die Klägerin ist dem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis über einen Zeitraum von mehreren Jahren hinweg nachgegangen. Im Arbeitsvertrag wurde Tariflohn vereinbart, und die Klägerin hatte einen tarifvertraglichen Anspruch auf Urlaub, Urlaubsgeld und Lohnfortzahlung.

Im Übrigen sind geringfügige Beschäftigungsverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt weit verbreitet und in bestimmten Branchen wie dem Reinigungsgewerbe geradezu typisch. Sie sind zudem politisch erwünscht, weil dadurch Schwarzarbeit bekämpft und Erwerbslose oder nicht (hinreichend) qualifiziert Beschäftigte wie die Klägerin, die weder über eine abgeschlossene Schul- noch über eine Berufsausbildung verfügt und bei ihrer Einreise nicht alphabetisiert war und kein Deutsch sprach, zumindest in Teilzeit-Arbeit vermittelt werden sollen. So lag die Anzahl der ausschließlich geringfügig entlohnt Beschäftigten im Bundesgebiet in den Jahren 2006 bis 2008 bei jeweils rund 4,8 Mio., die sich - bezogen auf die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der jeweiligen Branche – weit überdurchschnittlich vor allem im Reinigungsgewerbe, der Gastronomie, in Kantinen und bei Caterern sowie in privaten Haushalten fanden (vgl. Bundesagentur für Arbeit, Analytikreport der Statistik, Arbeitsmarkt in Deutschland, Zeitreihen bis 2008, Juli 2009, S. 18; Bundesagentur für Arbeit, Mini- und Midijobs in Deutschland, Bericht der Statistik der BA, Mai 2007, S. 4 und S. 12).

Soweit der Beklagte der Klägerin verfahrensangepasstes Verhalten vorhält (u.a. Aufstockung des Minijobs auf 10 Stunden, Umzug in die Wohnung des Bruders, freiwilliger Verzicht auf den Bezug von SGB-II-Leistungen, behauptete zusätzliche Tätigkeit im Reisebüro), ist dies hinsichtlich einer Antwort auf die Frage, ob die Klägerin die 2. Verfestigungsstufe des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 erreicht hat, nicht entscheidungserheblich. Das beanstandete Verhalten fällt im Wesentlichen in den Zeitraum, der nach Ablauf der Drei-Jahres-Frist des Art. 6 Abs. 1, 2. Spiegelstrich ARB liegt.

Während des gerichtlichen Verfahrens hat die Klägerin auch die 3. Verfestigungsstufe im Sinne von Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 und das ihr danach zustehende Assoziationsrecht erreicht. Die Regelung gewährt einem türkischen Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehört in diesem Mitgliedstaat nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, weil die Klägerin weiterhin als Arbeitnehmerin bei der L.-GmbH tätig war und sie – wie ausgeführt – während des Verwaltungsrechtsstreites nicht nur eine vorläufige Rechtsposition innehatte und ihrer Klage zudem stattgegeben worden ist. [...]

Die Klägerin hat das Assoziationsrecht aus Art. 6 Abs. 1 ARB 1/809 nicht wieder verloren, weil sie im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung weiterhin - bei der L. GmbH - erwerbstätig war. Zudem steht sie seit 15. Oktober 2010 in einem – allerdings - befristeten Arbeitsverhältnis bei der P. GmbH als Reinigungskraft mit einer Arbeitszeit von 18 Wochenstunden und einem Stundenlohn von 8,40 Euro. Nach alledem ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin seit Juli 2007 endgültig aus dem Arbeitsmarkt ausgeschieden ist oder während eines längeren Zeitraumes nicht Arbeitnehmerin war.

Ebenso wenig kann der Klägerin Rechtsmissbrauch entgegengehalten werden. Dies zeigt auch die Beantwortung der zweiten Vorlagefrage durch den EuGH. Die Auffassung des Beklagten, dass sich die Klägerin mit dem Ziel im Bundesgebiet aufhalte, öffentliche Leistungen zu beziehen, trifft insoweit nicht zu, als sie erst nach der Trennung von ihrem Ehemann – mehr als vier Jahre nach der Einreise – ergänzende öffentliche Mittel beantragt hat. Im Übrigen kann einem türkischen Staatsangehörigen, der aufgrund seiner tatsächlichen und echten Tätigkeit Arbeitnehmer im Sinne von Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 ist, nicht zugleich vorgehalten werden, dass er ergänzende öffentliche Mittel in Anspruch nehme, obwohl er seinen Lebensunterhalt bei weiteren Arbeitsbemühungen vollständig bestreiten könne. Es ist vielmehr Aufgabe der Jobcenter, Leistungen nach dem SGB II bei unzureichenden Arbeitsbemühungen zu mindern bzw. einzustellen (vgl. §§ 31 ff. SGB II).

Der Aufenthalt der Klägerin war in formeller und materieller Hinsicht legal. Es ist nicht erkennbar, dass sie über den Aufenthaltszweck – Nachzug zu ihrem Ehemann – oder in sonstiger Weise rechtsmissbräuchlich getäuscht hat (vgl. auch EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 - Rs. C-303/08 -, Bozkurt, NVwZ 2011, 483, Rn. 50 ff.; EuGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - Rs. C-285/95 -, Kol, NVwZ 1998, 50). Im Übrigen wäre das Tatbestandsmerkmal einer ordnungsgemäßen Beschäftigung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 selbst dann nicht entfallen, wenn die Klägerin die Trennung von ihrem Ehemann gegenüber dem Beklagten nicht angegeben hätte (vgl. dazu VGH Kassel, Beschluss vom 17. November 2009, AuAS 2010, 88).

Dem Beklagten dürfte allerdings bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis am 1. August 2005 bekannt gewesen sein, dass die eheliche Lebensgemeinschaft zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bestand, obwohl die Verlängerung auf § 30 AufenthG und nicht auf § 31 AufenthG gestützt wurde (vgl. dazu Vermerk vom 7. August 2007, Ausländerakte, Bl. 84). Auch dem anlässlich des Verlängerungsantrags von der Klägerin vorgelegten Bescheid des Jobcenters Friedrichshain-Kreuzberg vom 24. Juni 2005 konnte der zuständige Sachbearbeiter des Beklagten ohne weiteres entnehmen, dass zwischen ihr und ihrem Ehemann keine Bedarfsgemeinschaft mehr bestand, was nur mit einer Trennung der Eheleute erklärt werden konnte. Im Übrigen hat die Klägerin, die seinerzeit der deutschen Sprache nicht mächtig und nicht alphabetisiert war, auch bei der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II Ende September 2004 gegenüber dem Jobcenter angegeben, von ihrem Ehemann getrennt zu leben. Allerdings spricht alles dafür, dass die Klägerin auch bei einer Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 31 Abs. 4 AufenthG ein Recht nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 und danach die weiteren Verfestigungsstufen erworben hätte, weil sie die erste Verfestigungsstufe bereits im Juni 2005 erreicht hatte und es danach nicht mehr entscheidungserheblich darauf ankam, ob der Lebensunterhalt im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gesichert war. [...]