Gem. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG wird kein Nachweis der deutschen Sprache durch ein autorisiertes Institut gefordert, sondern die Fähigkeit zur Verständigung in deutscher Sprache auf einfache Art. Diese ist nicht notwendigerweise im Visumsverfahren vor der Einreise nachzuweisen.
Die Rechtsansicht der Behörde, sie sei bei dem eingeräumten Ermessen nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, dass es erlaubt, vom Visumsverfahren abzusehen, insoweit gebunden, dass der Nachweis einfacher Sprachkenntnisse zwingend zur Einreise zu erbringen sei, ist fehlerhaft.
[...]
a) Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Deutschen dürften nach summarischer Prüfung erfüllt sein. Seit dem 28.1.2011 ist der Antragsteller mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet und wohnt mit ihr unter der im Rubrum angegebenen Adresse. Anhaltspunkte für das Fehlen einer ehelichen Lebensgemeinschaft sind nicht ersichtlich. Nach summarischer Prüfung dürfte im vorliegenden Eilverfahren auch davon auszugehen sein, dass der Antragsteller sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann, wie es § 28 Abs. 1 Satz 5 AufenthG durch den Verweis auf § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 AufenthG auch für den Zuzug zu einem deutschen Ehegatten erfordert. Insoweit hat der Antragsteller eine Bescheinigung des Internationalen Diakoniecafés vom 25.3.2011 eingereicht, nach welcher er am 7.3.2010 einen Sprachstandstest gemäß den Richtlinien des Goethe-Instituts abgelegt hat (schriftliches Ergebnis: Niveau A.1.1, mündliches Ergebnis: Niveau A1.1). Diese Bescheinigung hat die Antragsgegnerin auch offenbar zunächst selbst als Nachweis der geforderten Sprachkenntnisse der Stufe A 1 erachtet (vgl. Vermerk vom 9.5.2011, Bl. 55 der Ausländerakte). Ihrer Auffassung im Widerspruchsbescheid vom 31.5.2011, es könne nur ein Sprachnachweis durch ein autorisiertes Institut im Sinne von der anerkannt werden (vgl. Nr. 30.1.2.3.4.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum AufenthG vom 26.10.2009 - AVwV AufenthG), kann im vorliegenden Eilverfahren nach summarischer Prüfung nicht gefolgt werden. Die Anforderung des Nachweises der Sprachkenntnisse durch ein autorisiertes Institut lässt sich dem Gesetzeswortlaut des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG nicht entnehmen. Die Norm setzt in ihrem Tatbestand insoweit voraus, dass der Ehegatte sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann, also zunächst nur, dass tatsächlich entsprechende Sprachkenntnisse vorliegen. In diesem Sinne wird auch in Nr. 30.1.2.3.4,4 AVwV AufenthG kein Sprachnachweis verlangt, wenn bei der persönlichen Vorsprache des Ehegatten offenkundig ist, dass die erforderlichen einfachen Sprachkenntnisse vorliegen. Die von § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG geforderte Fähigkeit der Verständigung auf einfache Art in deutscher Sprache setzt dabei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts voraus, dass der Ehegatte über mündliche und schriftliche Grundkenntnisse der deutschen Sprache auf der Stufe A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens des Europarats für Sprachen (GER) verfügt (BVerwG, Urteil vom 30.3.2010, 1 C 8.09, juris). Entsprechende Sprachkenntnisse dieses untersten Sprachniveaus dürften dem Antragsteller vom Internationalen Diakoniecafé bescheinigt worden sein. Das Internationale Diakoniecafé ist eine Einrichtung, die mit der Diakonie und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zusammenarbeitet und unter anderem Sprachkurse und -prüfungen anbietet (s. www.why-not.org). Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass entgegen der Bescheinigung dieser Einrichtung vom 25.3.2011 der Antragsteller keine ausreichenden Sprachkenntnisse der Stufe A 1 besitzt, liegen nicht vor. Anderenfalls wird im Hauptsacheverfahren weiter aufzuklären sein, inwieweit der Antragsteller tatsächlich das für einen Nachzug erforderliche Sprachniveau erfüllt.
b) Es spricht auch einiges dafür, dass der Antragsteller die regelhaft geforderten allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG erfüllt. Die - bisher von den Beteiligten nicht aufgeworfene - Voraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG wird gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren weiter zu prüfen sein (vgl. hierzu auch § 28 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Es ergibt sich aus den bislang bekannten Umständen nach summarischer Prüfung auch nicht, dass aufgrund eines unerlaubten Aufenthalts des Antragstellers im Bundesgebiet (§ 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) in Abweichung von § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG zu Lasten des Antragstellers ein Ausweisungsgrund offensichtlich vorliegt. In Betracht käme insoweit, dass der Antragsteller durch den illegalen Aufenthalt einen nicht nur geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG begangen hat. Ob der Verstoß vorliegend "nicht nur geringfügig" ist, lässt sich nach summarischer Prüfung nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen. Zwar kann eine vorsätzlich begangene Straftat grundsätzlich nicht als geringfügig angesehen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.9.1996, 1 C 9.94, BVerwGE 102, 63). Allerdings kann es auch bei vorsätzlich begangenen Straftaten unter engen Voraussetzungen Ausnahmefälle geben, in denen auch ein vorsätzlich begangener Rechtsverstoß als geringfügig zu bewerten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.11.2004, 1 C 23.03, InfAuslR 2005, 213). Eine Ausnahme kommt dabei auch im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls zu der Bewertung führen, dass es sich um einen geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften handelt, etwa wenn es sich offenbar um eine erstmalige strafrechtliche Verfehlung handelt, das Strafmaß gering ist und Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr nicht erkennbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2004, a.a.O.) bzw. wenn die Straftat lediglich zu einer Verurteilung bis zu 30 Tagessätzen geführt hat (vgl. Nr. 55.2.2.3.1 AVwV AufenthG; BayVGH, Beschluss vom 22.3.2006, 24 ZB 06/165, juris). Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller, soweit ersichtlich, keine anderen strafrechtlichen Verfehlungen begangen. Es bestehen keine Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr. Eine strafrechtliche Verurteilung existiert nach dem bisherigen Erkenntnisstand (noch) nicht. Ob der Antragsteller wegen illegalen Aufenthalts zu einer beachtlichen Geldstrafe verurteilt werden wird, ist fraglich. Auch dies wird gegebenenfalls im Rahmen des Hauptsacheverfahrens weiter zu prüfen sein. Daneben sprechen nach summarischer Prüfung keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller gegenüber griechischen Behörden im Visumverfahren falsche Angaben gemacht und damit einen Ausweisungsgrund im Sinne von § 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 a) AufenthG erfüllt hat. Zwar geht die Antragsgegnerin im Bescheid vom 10.5.2011 davon aus, es sei "offenkundig, dass die Einreise einzig zu dem Zweck erfolgte, dauerhaft den Aufenthalt im Bundesgebiet zu nehmen und die bereits vor Einreise beabsichtigte und geplante Ehe legalisieren zu lassen" und führt im Widerspruchsbescheid vom 31.5.2011 aus, dass der Antragsteller "offensichtlich bewusst die Einreisevorschriften umgehen und durch die Hochzeit entsprechende Tatsachen schaffen wollte". Ob diese Annahme zutrifft, wird gegebenenfalls weiter aufzuklären sein. Der Antragsteller selbst trägt vor, er habe das Land ansehen und Freunde treffen wollen und sich dann in seine jetzige Ehefrau verliebt. Es bestehen gegenwärtig keine tatsächlichen Erkenntnisse, die diese Angaben des Antragstellers widerlegen. [...]
aa) Der Antragsteller ist mit einem Schengen-Visum für Touristen (§§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG) und damit nicht unerlaubt im Sinne von § 14 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG in das Bundesgebiet eingereist. Für seinen nunmehr beabsichtigten längerfristigen Aufenthalt ist aber gemäß. § 6 Abs. 4 Satz 1 AufenthG ein nationales Visum für das Bundesgebiet erforderlich, das vor der Einreise erteilt wird und der Zustimmung der zuständigen Ausländerbehörde bedarf (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthV). Ein derartiges Visum hatte der Antragsteller vor seiner Einreise nicht eingeholt. Welches Visum im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG als "erforderlich" anzusehen ist, bestimmt sich nach dem Aufenthaltszweck, der mit der im Bundesgebiet beantragten Aufenthaltserlaubnis verfolgt wird. Für diese Auslegung spricht neben der systematischen Stellung der Regelung bei den allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltstiteln auch ihr Sinn und Zweck. Sie dient anders als § 14 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht der Verhinderung oder Sanktion einer unerlaubten Einreise, sondern sie soll die Einhaltung des Visumverfahrens als wichtiges Steuerungsinstrument der Zuwanderung gewährleisten. Diesem Zweck wird eine weite, auch nachträgliche Änderungen des Aufenthaltszwecks erfassende Auslegung am ehesten gerecht. Nur bei einem solchen Verständnis erlangen die in § 39 Nr. 2, 3 und 6 AufenthV vorgesehenen Ausnahmen eine eigenständige Bedeutung. In den dort geregelten Fällen einer nachträglichen Änderung des Aufenthaltszwecks würde andernfalls schon nach § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG die Beantragung eines Aufenthaltstitels im Bundesgebiet zulässig sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2010, 1 C 17.09, juris, Rn. 19; Urteil vom 11.1.2011, 1 C 23.09, juris, Rn. 20).
bb) Die Antragsgegnerin dürfte aber in den angefochtenen Bescheiden vom 10.5. und 31.5.2011 von dem ihr durch § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG eingeräumten Ermessen, von der Einhaltung des Visumverfahrens abzusehen, nicht fehlerfrei Gebrauch gemacht haben. Die Antragsgegnerin geht fehlerhaft davon aus, dass der Nachweis einfacher deutscher Sprachkenntnisse nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG zwingend vor der Einreise zu erbringen sei. Es ist jedoch kein Gesichtspunkt erkennbar, der es im Hinblick auf den Sprachnachweis rechtfertigen könnte, ausgerechnet bei dem unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG stehenden Ehegattennachzug von dem Grundsatz abzuweichen, dass es für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen auf den Zeitpunkt der Erteilung ankommt (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 27.9.2010, 2 Bs 183/10, juris, Rn. 6; OVG Bremen, Beschluss vom 26.4.2010, 1 B 50/10, juris). Die Antragsgegnerin sieht sich dagegen bei der Ausübung ihres Ermessens zunächst durch Nr. 30.0.10 AVwV AufenthG gebunden. Danach hat der "Gesetzgeber ... bei Einführung des Sprachnachweiserfordernisses klargestellt, dass der Sprachnachweis noch vor der Einreise zu erbringen ist (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 173 f.). Die verspätete Erbringung im Inland kann daher nicht die Verwirklichung eines Ausnahmetatbestandes auslösen, der von der bezweckten Integrationsvorleistung entbindet. Sonst würde die mit der Regelung des § 30 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 verfolgte Absicht des Gesetzgebers vollkommen unterwandert. Aus demselben Grund ist in dieser Konstellation auch eine Ausnahme nach § 5 Absatz 2 Satz 2 nicht möglich (vgl. Nummer 5.2.2.1)." Eine Ermessensausübung, die sich durch diese Verwaltungsvorschrift gebunden sieht, dürfte fehlerhaft sein. Denn hat der Gesetzgeber die Voraussetzung einfacher Sprachkenntnisse für den Ehegattennachzug in § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG besonders geregelt, ohne die Fälle, in denen diesem Erfordernis nicht Rechnung getragen worden ist, von dem Anwendungsbereich des Absehensermessens in § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG auszunehmen, hat er damit zugleich entschieden, dass eine Ermessensausübung, die zu einer für den Ausländer positiven Entscheidung führen kann, auch möglich sein soll, wenn diese Voraussetzung nicht erfüllt war. Eine Verwaltungsvorschrift, die gleichwohl eine Ermessensausübung zugunsten der Betroffenen generell ausschließt, ist daher gesetzeswidrig (OVG Bremen, Beschluss vom 26.4.2010, 1 B 50/10, juris). Weiterhin dürfte die Antragsgegnerin bei der Ausübung ihres Ermessens die Fachanweisung der Behörde für Inneres Nr. 1/2010 vom 19.8.2010 verkannt haben. Nach dieser das Ermessen der Antragsgegnerin bindenden Richtlinie ist grundsätzlich "von der Ausnahmemöglichkeit des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG Gebrauch zu machen, wenn die Voraussetzungen eines Rechtsanspruchs nach dem sechsten Abschnitt des AufenthG - Aufenthalte aus familiären Gründen - vorliegen und diesem Rechtsanspruch nicht das Vorliegen eines beachtlichen Ausweisungsgrundes entgegensteht" (Teil A.VI.1; S. 18, 3. Absatz). Hiernach hätte die Antragsgegnerin im Falle des Antragstellers von der Einhaltung des Visumverfahrens absehen müssen, da seinem Anspruch nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Wahrung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft - nach dem derzeitigen Kenntnisstand - kein Ausweisungsgrund entgegensteht. Die in der Fachanweisung Nr. 1/2010 hierzu festgehaltene Ausnahme, auf die sich die Antragsgegnerin im Widerspruchsbescheid vom 31.5.2011 stützt, dass beim Ehegattennachzug von der Ausnahmemöglichkeit des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nur dann Gebrauch zu machen sei, wenn die Durchführung des Visumverfahrens auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles nicht zumutbar sei (Teil A.VI.2; S. 19, 2. Absatz), dürfte im Falle des Antragstellers nicht anzuwenden sein. Diese Ausnahme beruht bereits auf der fehlerhaften Erwägung, dass der Nachweis einfacher deutscher Sprachkenntnisse nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG zwingend vor der Einreise zu erbringen sei. Schließlich lässt sich die Antragsgegnerin bei der Ausübung ihres Ermessens auch von der nach derzeitigem Kenntnisstand fehlerhaften Erwägung leiten, dass der Antragsteller bei Einreise bereits seine Eheschließung geplant habe (s. 11.1.b.), und zieht diese Erwägung als einen Abwägungsgesichtspunkt dafür heran, dass sie die Nachholung des Visumsverfahrens als zumutbar erachtet (vgl. Widerspruchsbescheid vom 31.5.2011, S. 2, 4. Absatz). [...]