Entscheidend für den Widerruf einer Asylanerkennung ist die Feststellung, dass sich die für die Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse erheblich und nicht nur vorübergehend verbessert haben und deshalb jedenfalls im Falle des konkret betroffenen Flüchtlings keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer erneuten Verfolgung mehr besteht. Hingegen ist für den Widerruf nicht erforderlich, dass im Herkunftsland des betroffenen Ausländers nunmehr umfassender Schutz vor jeglicher Art von Verfolgung gewährt wird oder es zumindest bei allen Angehörigen der Gruppe, der auch der betroffene Ausländer angehört, zu keinen asyl- bzw. flüchtlingsrelevanten Übergriffen mehr kommt.
(Amtlicher Leitsatz)
[...]
Bei bereits erlittener Vorverfolgung durfte ein Widerruf regelmäßig nur erfolgen, wenn sich weitere Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Sicherheit ausschließen ließen, es sei denn, es handelte sich bei der nunmehr drohenden um eine völlig neue und andersartige Verfolgungsgefahr, die in keinem Zusammenhang mit der früheren mehr stand. Bei der Prüfung einer solchen neuen Verfolgungsgefahr war bereits nach der früheren Rechtsprechung das Bundesverwaltungsgericht auf den allgemeinen Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit abzustellen (vgl. etwa Urteile vom 12.6.2007 - 10 C 24/07 - und vom 18.7.2006 - 1 C 15/05 -).
In seiner jüngeren Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht die Anforderungen an den Widerruf einer Flüchtlingsanerkennung jedoch - unter teilweiser Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung - modifiziert und insbesondere in seinen Urteilen vom 1.6.2011 - 10 C 10.10 und 10 C 25.10 - klargestellt, dass die in § 73 Abs. 1 Satz 2 und 3 AsylVfG geregelten Widerrufsvoraussetzungen einer Flüchtlingsanerkennung unionsrechtskonform im Sinne der Art. 11 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates der Europäischen Union vom 29.4.2004 (sog. Qualifikationsrichtlinie) auszulegen sind. Dies gilt auch für Fälle, in denen die zugrunde liegenden Schutzanträge - wie hier - vor dem Inkrafttreten der Richtlinie gestellt worden sind. Die Beendigung der Flüchtlingseigenschaft ist hiernach grundsätzlich das Spiegelbild der Anerkennung: Diese Eigenschaft erlischt, wenn in Anbetracht einer erheblichen (d.h. deutlichen und wesentlichen) und nicht nur vorübergehenden Veränderung der Umstände im Herkunftsland diejenigen Umstände, aufgrund derer der Betreffende begründete Furcht vor Verfolgung aus einem der in Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG genannten Gründe hatte und als Flüchtling anerkannt worden war, weggefallen sind und er auch nicht aus anderen Gründen Furcht vor "Verfolgung" im Sinne des Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG haben muss (§ 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG) (vgl. dazu im Einzelnen BVerwG, Urteil v. 24.2.2011 – 10 C 3/10 –, a.a.O.). [...]
Ist demnach nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung für den Widerruf der Flüchtlingsanerkennung wegen Änderung der politischen Verhältnisse im Herkunftsland bei der Beurteilung der Gefahr künftiger Verfolgung einheitlich auf den Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit abzustellen, erscheint jedoch fraglich, ob dies auch für den Widerruf einer Asylanerkennung gilt. Zu letzterem hat das Bundesverwaltungsgericht bisher keine entsprechende Entscheidung getroffen, vielmehr sind die oben genannten Ausführungen ausschließlich in Fällen des Widerrufs von Flüchtlingsanerkennungen und zwar mit Blick auf die Richtlinie 2004/83/EG ergangen. Dies kann im vorliegenden Fall jedoch dahinstehen.
Denn unabhängig davon, ob für den Widerruf einer Asylanerkennung im Falle eines Ausländers, der sein Heimatland vorverfolgt verlassen hat, nach wie vor darauf abzustellen ist, ob dieser im Falle einer Rückkehr vor entsprechender Verfolgung hinreichend sicher ist oder ob auch insoweit nunmehr –ebenso wie beim Widerruf der Flüchtlingsanerkennung – ein einheitlicher Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anwendbar ist, ist im Falle des Klägers jedenfalls vom Wegfall der der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung zugrunde liegenden Verfolgungsgefahr auszugehen. Der Kläger wurde mit Bescheid vom 26.4.1994 als Flüchtling anerkannt, weil das Verwaltungsgericht Minden in seinem Urteil vom 11.2.1994 - 8 K 2724/93.A - davon ausgegangen war, dass ihm wegen exilpolitischer Aktivitäten in der Bundesrepublik Deutschland im Falle einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung drohe. Am 20.11.1993 habe er an einer Demonstration in Bonn teilgenommen, die sich gegen die Wertung der PKK als terroristische Vereinigung gerichtet habe. Er sei dabei in vorderster Reihe deutlich erkennbar fotografiert worden und auf den Titelbildern mehrerer kurdischer Zeitschriften (Kurdistan-Report, Berxwedan und Jina Serbilind) abgebildet gewesen. Im Hinblick darauf sei davon auszugehen, dass der Kläger den Sicherheitskräften in der Türkei als aktiver Verfechter des Kurdentums bekannt geworden sei. Ihm drohe deshalb in seiner Heimat zumindest eine Bestrafung nach Art. 8 Abs. 1 ATG, welche sich als politische Verfolgung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 GG darstellen würde. Obwohl es sich hierbei um einen sog. subjektiven Nachfluchtgrund handele, rechtfertige dies seine Anerkennung als Asylberechtigter, weil die exilpolitischen Aktivitäten des Klägers sich als konsequente Fortsetzung einer bereits in dem Heimatstaat offenbarten und betätigten politischen Überzeugung darstellten. Der Kläger habe sich bereits in der Türkei in vielfältiger Weise für die Belange der kurdischen Bevölkerung eingesetzt und für die PKK Propaganda betrieben und Zeitschriften verteilt. [...]
Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob der Kläger die Türkei vorverfolgt verlassen hat. Selbst wenn man von einer Vorverfolgung ausgeht und bei der Prüfung des Widerrufs der Asylanerkennung den herabgestuften Maßstab der hinreichenden Sicherheit vor einer Wiederholung heranzieht, sind die Voraussetzungen für den Widerruf sowohl der Asyl- als auch der Flüchtlingsanerkennung zu bejahen. [...]
Die rechtliche Entwicklung der vergangenen Jahre in der Türkei ist gekennzeichnet durch einen tiefgreifenden Reformprozess, der wesentliche Teile der Rechtsordnung (besonders im Strafrecht, aber auch im Zivil- oder Verfassungsrecht) erfasst hat und auf große Teile der Gesellschaft ausstrahlt (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Türkei (Lagebericht) vom 8.4.2011).
Zwischen 2002 und 2005 wurden insgesamt acht Reformpakete zur Änderung der Verfassung, der Strafprozessordnung und weiterer Gesetzte verabschiedet (vgl. ai, Länderbericht Türkei, Stand: Dezember 2010 sowie ai Report 2011: zur weltweiten Lage der Menschenrechte (Türkei)).
Abgesehen von der Beendigung des Notstandsregimes, in dessen Folge die Verfahrensgarantien gegenüber den Sicherheitsbehörden in den hiervon betroffenen Gegenden massiv eingeschränkt waren, sind insbesondere die gesetzlichen Schutzmaßnahmen wie die Regeln über die Verstärkung der Verteidigerrechte, den Zugang zu einem Rechtsbeistand, die zeitlichen Vorgaben bis zur obligatorischen Vorführung eines Festgenommenen vor ein Gericht, die Regeln über die ärztliche Untersuchung eines Festgenommenen und die Straferhöhung für Foltertäter zu nennen (vgl. Fortschrittsbericht der EU vom 6.11.2007; Auswärtiges Amt, Lagebericht Türkei vom 8.4.2011; European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT), Bericht vom 6.9.2006, S. 11 f., www.cpt.coe.int/documents/tur/2006-30-inf-eng.pdf).
Zu dem Reformpaket gehören auch die Ausweitung der Minderheitenrechte vor allem für die Kurden und die Stärkung von Meinungsfreiheit. Die türkische Regierung hat zudem wiederholt betont, dass sie gegenüber Folter eine "Null-Toleranz"-Politik verfolge. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird insoweit gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die entsprechenden zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid vom 22.11.2007 verwiesen.
Das politische System insgesamt hat sich in den letzten Jahren verändert. Die Bedeutung des Militärs und der Sicherheitskräfte ist zurückgegangen (vgl. AA Lagebericht Türkei vom 8.4.2011).
Im Jahr 2010 fand ein Verfassungsreferendum statt, das weitere Fortschritte vorsieht. Insbesondere wurde eine Individualbeschwerdemöglichkeit vor dem Verfassungsgericht eingeführt. Das Verfassungsgericht wurde zudem mit der Gerichtsbarkeit auch gegenüber den Oberbefehlshabern des Militärs, welche bislang vor den Zivilgerichten fehlte, betraut (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Türkei vom 8.4.2011).
Auch hat sich die allgemeine Sicherheitslage in den Kurdengebieten im Südosten der Türkei verbessert. Das Notstandsregime, das in 13 Provinzen galt, wurde mit der Aufhebung des Notstands in den letzten Notstandsprovinzen Diyarbakir und Sirnak im November 2002 beendet. Ein Teil der abgewanderten oder infolge der militärischen Maßnahmen zur Bekämpfung der PKK zwangsevakuierten Bevölkerung hat danach begonnen, in die Heimat zurückzukehren (vgl. Auswärtiges Amt, Lageberichte Türkei vom 11.1.2007 und vom 3.5.2005).
Die türkische Regierung hat erkannt, dass die Probleme im Südosten nicht allein mit militärischen Mitteln überwunden werden können. So wurden außer der geplanten wirtschaftlichen Aufbauhilfe für die strukturschwachen Gebiete im Südosten im Rahmen des Programms zur demokratischen Öffnung, das derzeit allerdings zum Stillstand gekommen ist, der kurdischen Bevölkerung kulturelle Rechte in Bezug auf die kurdische Sprache eingeräumt, wie Fernsehsendungen auf kurdisch und Lehr- und Studienangebote für die kurdische Sprache (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Türkei vom 8.4.2011).
Allerdings wird in den dem Senat vorliegenden Erkenntnissen übereinstimmend nach wie vor von Defiziten, insbesondere im rechtsstaatlichen Bereich, im Bereich der Meinungs- und Pressefreiheit sowie im Bereich der Achtung der Menschenrechte durch die Sicherheitsbehörden berichtet. Der türkischen Regierung ist es bislang nicht gelungen, Folter und Misshandlung vollständig zu unterbinden. Vor allem beim Auflösen von Demonstrationen kam es bis in jüngste Zeit zu übermäßiger Gewaltanwendung.Es gibt zudem Anzeichen dafür, dass die im Falle einer Festnahme vorgesehenen gesetzlichen Schutzinstrumentarien zuweilen unbeachtet bleiben. Die Ahndung von Misshandlung und Folter ist noch nicht zufriedenstellend (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8.4.2011, S. 7 ff.; Schweizer Flüchtlingshilfe, Helmut Oberdiek, Türkei, update: Aktuelle Entwicklungen, 9.10.2008; Fortschrittsbericht Türkei der EU vom 6.11.2007; ai, Länderbericht Türkei, Stand: Dezember 2010; U.S. Departement of State, 2010, Human Rights Report: Turkey vom 8.4.2011, www.state.gov/g/drl/rls/hrrtt/2010/eur/154455.htm).
So berichtet etwa das Auswärtige Amt, dass Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Meinungs- und Pressefreiheit, welche verfassungsrechtlich garantiert seien, nach wie vor aufgrund verschiedener, teils unklarer Rechtsbestimmungen Einschränkungen unterlägen. Ehemalige Tabuthemen, etwa die Kurdenfrage betreffend, könnten jedoch mittlerweile offener diskutiert werden. Auch lägen weiterhin Hinweise vor, dass die verfassungsrechtlich verankerte Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz sowie die rechtsstaatlichen Garantien im Strafverfahren nicht immer konsequent eingehalten würden (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Türkei vom 8.4.2011).
Des Weiteren sei es der türkischen Regierung trotz zahlreicher gesetzgeberischer Maßnahmen zur Verhinderung von Folter (etwa auch der Erhöhung der Strafandrohung) und trotz nachweisbarer Verbesserungen bislang nicht gelungen, Folter und Misshandlung vollständig zu unterbinden. Seit 2008 habe sich jedoch die vormals zögerliche Haltung bezüglich der Verfolgung von Soldaten, Gendarmen und Polizeibeamten nachweisbar verbessert, wenn es auch vor allem mangels Kooperation der Behörden bei der Tatsachenfeststellung nur in Einzelfällen tatsächlich zu Verurteilungen gekommen sei. Nach Angaben von Menschenrechtsverbänden sei jedoch die Zahl der Beschwerden und offiziellen Vorwürfe, die in Zusammenhang mit mutmaßlichen Folter- und Misshandlungsfällen stehen, 2010 landesweit zurückgegangen. So seien bis Ende November 2010 insgesamt 161 (2009: 252, 2008: 269) Personen registriert worden, die im selben Jahr gefoltert oder unmenschlich behandelt worden seien. Hinsichtlich der Folter in Gefängnissen habe sich die Situation in den letzten Jahren erheblich verbessert; es würden weiterhin Einzelfälle zur Anzeige gebracht, vor allem in Gestalt von körperlicher Misshandlung und psychischem Druck wie Anschreien und Beleidigungen. Straflosigkeit der Täter in Folterfällen sei weiterhin ein ernst zu nehmendes Problem. Auch kämen nach wie vor willkürliche kurzfristige Festnahmen, etwa im Rahmen von Demonstrationen vor, die von offizieller Seite regelmäßig mit dem Hinweis auf die angebliche Unterstützung einer terroristischen Vereinigung bzw. Verbreitung von Propaganda einer kriminellen Organisation gerechtfertigt würden. Des Weiteren sei es 2010 zu über 27 sog. extra-legalen Tötungen durch Sicherheitskräfte gekommen (vgl. AA, Lagebericht
Türkei vom 8.4.2011). [...]
Zusammenfassend ist demnach festzuhalten, dass in der Türkei seit der Flüchtlingsanerkennung des Klägers tiefgreifende Reformen stattgefunden haben und die gesetzgeberischen und politischen Maßnahmen der letzten 10 Jahre im Hinblick auf die Menschenrechtslage deutliche Veränderungen zum Positiven bewirkt haben, auch wenn, wie dargelegt, die erreichten Standards in verschiedener Hinsicht nicht denen Westeuropas entsprechen. Der Reformprozess dauert inzwischen schon ca. ein Jahrzehnt an und wird prinzipiell weitergeführt. Die Türkei strebt nach wie vor eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union an und hat sich daher den sog. Kopenhagener Kriterien unterworfen. Der Reformprozess unterliegt insofern einer Kontrolle, als die Europäische Union turnusgemäß über die erreichten Fortschritte berichtet und den Fortschrittsbericht veröffentlicht. Von daher sind die seit der Flüchtlingsanerkennung des Klägers in der Türkei stattgefundenen Veränderungen durchaus als dauerhaft einzustufen, auch wenn es – wie ai und Helmut Oberdiek anmerken – in Einzelpunkten im Laufe der Jahre auch Rückschritte gegeben hat und der Reformprozess, was die Lösung der Kurdenfrage betrifft, seit Mai 2010 stagniert. [...]
Zwar droht bei einem aktiven Eintreten für die PKK auch heute noch eine strafrechtliche Verfolgung, wenn auch nach anderen Vorschriften, etwa wegen "Unterstützung einer bewaffneten Organisation" ( Art. 314 i.V.m. Art. 220 TStGB) oder "Propaganda für eine terroristische Organisation" (Art. 7/2 ATG) (vgl. Helmut Oberdiek für die Schweizerische Flüchtlingshilfe, Türkei, Zur aktuellen Situation – Oktober 2007).
Derartiges ist im Falle des Klägers jedoch nicht anzunehmen. Die früheren exilpolitischen Aktivitäten des Klägers entsprechen bereits vom Profil her in keiner Weise einem heute von Maßnahmen türkischer Behörden bedrohten exilpolitischen Verhalten. Eigenen Angaben zufolge hatte er Anfang der 90er Jahre an zahlreichen Demonstrationen teilgenommen, Zeitschriften verteilt, Stände mit aufgebaut und ähnliche Tätigkeiten verrichtet. Darüber hinaus habe er bei Jugendlichen Propaganda gemacht und eine Gruppe Jugendlicher "unterwiesen". Im Jahr 1997 sei es jedoch zu einem Bruch mit den Leuten der PKK in Deutschland gekommen; seither habe er keinen Kontakt mehr zu diesen. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, danach noch einmal exilpolitisch tätig gewesen zu sein.
Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes geht aber in Übereinstimmung mit der weiteren obergerichtlichen Rechtsprechung davon aus, dass derzeit nur eine exponierte exilpolitische Betätigung, d.h. eine Tätigkeit in herausgehobener oder erkennbar führender Position für eine in der Türkei verbotene Organisation bzw. besonders publizitätsträchtige Aktivitäten im Falle einer Rückkehr eine beachtlich wahrscheinliche Verfolgungsgefahr begründen (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Urteile vom 3.4.2008 - 2 A 312/07 - und vom 28.9.2005 - 2 R 1/05 - m.w.N., juris; Beschluss vom 21.12.2009 - 3 A 275/09 -; OVG Münster, Beschluss vom 5.4.2004 - 15 A 4327/02.A -; OVG Berlin, Urteil vom 20.11.2003 - 3 B 11.03, juris).
Neuere Erkenntnisse, die Anlass zu einer anderen Beurteilung böten, liegen dem Senat nicht vor und wurden vom Kläger auch nicht benannt. Vielmehr führt etwa das Auswärtige Amt in seinen jüngeren Lageberichten aus, dass (nur) türkische Staatsangehörige, die im Ausland in herausgehobener oder erkennbar führender Position für eine in der Türkei verbotene Organisation tätig sind und sich nach türkischen Gesetzen strafbar gemacht haben, Gefahr laufen, dass sich die Sicherheitsbehörden und die Justiz mit ihnen befassen, wenn sie in die Türkei einreisen. Insbesondere Personen, die als Auslöser von als separatistisch oder terroristisch erachteten Aktivitäten und als Anstifter oder Aufwiegler angesehen würden, müssten mit strafrechtlicher Verfolgung durch den Staat rechnen (vgl. etwa Auswärtiges Amt, Lageberichte Türkei vom 8.4.2011, 11.4.2010 und vom 11.1.2007). [...]