Aufhebung der Verurteilung zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen wegen Identitätstäuschung und Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung, da die zugrundeliegende Beweiswürdigung lückenhaft ist.
Für den Fall eines Schuldspruchs weist der Senat darauf hin, dass bei der Abfassung der Urteilsformel die Tat konkret zu bezeichnen ist, eine Bezeichnung als "Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz" genügt nicht (§ 260 Abs. 4 StPO). Bei der Strafzumessung wird zu Gunsten der Angeklagten zu berücksichtigen sein, dass die Ausländerbehörde durch die (vergleichsweise kurze) Gültigkeitsdauer der von ihr ausgestellten Duldungsbescheinigungen die Anzahl der angeklagten Einzeltaten maßgeblich mitbeeinflusst hat und die Angeklagten nach dem Beginn der Identitätstäuschung nur eine geringe Hemmschwelle zu überwinden hatten, um ihr strafbares Tun fortzusetzen.
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Das Amtsgericht hat die Angeklagten wegen "Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz in je 14 Fällen" jeweils zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 7 € verurteilt. Mit ihren (Sprung-) Revisionen rügen die Angeklagten jeweils die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge (vorläufig) Erfolg. Auf die Verfahrensrügen braucht deshalb nicht eingegangen zu werden.
Die den Feststellungen in dem angefochtenen Urteil zugrundeliegende Beweiswürdigung hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Die Würdigung der erhobenen Beweise ist nach § 261 StPO grundsätzlich Sache des Tatrichters (Meyer-Goßner, StPO, 54. Auflage [2011], § 337 Rdnr. 26). Das Revisionsgericht kann die Beweiswürdigung aufgrund der Sachrüge nur auf Rechtsfehler überprüfen (Meyer-Goßner, a.a.O.). Ein sachlich-rechtlicher Fehler liegt dann vor, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (BGH, NStZ-RR 2003, 206).
2. Die den Feststellungen zu den den Angeklagten konkret zur Last gelegten 14 Einzeltaten zugrundeliegende Beweiswürdigung ist lückenhaft. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lässt sich zwar noch entnehmen, dass die Angeklagten grundsätzlich eingeräumt haben, bei der Anbringung von Anträgen auf Verlängerung ihrer Duldungen gegenüber der Ausländerbehörde falsche Namen angegeben zu haben. Worauf indes die Feststellungen zur Individualisierung der konkreten Einzeltaten - d.h. die Feststellung, dass die falschen Namensangaben gerade an den im Urteil konkret mit Datum bezeichneten vierzehn Tattagen erfolgten - beruhen, teilt das angefochtene Urteil nicht mit. Der in den Urteilsgründen enthaltene Hinweis darauf, dass der festgestellte Sachverhalt aufgrund der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts feststehe und sich der Hergang der Beweisaufnahme aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergebe, vermag die erforderliche Würdigung der Beweise in den Urteilsgründen nicht zu ersetzen. Auch die Mitteilung, die Angeklagten hätten, soweit überhaupt eine Einlassung erfolgt sei, "nicht bestritten", bei den genannten Antragstellungen falsche Namen verwendet zu haben, genügt nicht. Diese Formulierung lässt nicht erkennen, ob die Angeklagten zu den konkreten Tatdaten eine geständige Einlassung abgegeben haben oder ob sie hierzu keine Angaben gemacht haben und das Gericht insoweit Schlüsse aus dem (Teil-) Schweigen der Angeklagten gezogen und seine diesbezügliche Überzeugungsbildung gegebenenfalls auch auf weitere Beweismittel gestützt hat.
3. Wegen dieses Mangels ist das angefochtene Urteil nach §§ 353, 354 Abs. 2 Satz 1 StPO mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Minden zurückzuverweisen. Anlass für die von den Angeklagten beantragte Zurückverweisung an ein anderes Amtsgericht besteht nicht.
4. Für den Fall eines erneuten Schuldspruches aufgrund der neuen Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
a) Bei der Abfassung der Urteilsformel ist § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO zu beachten. Danach ist in der Urteilsformel die rechtliche Bezeichnung der Tat anzugeben. Hat der Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so ist diese nach § 260 Abs. 4 Satz 2 StPO zur rechtlichen Bezeichnung der Tat zu verwenden. Fehlt es - wie häufig im Nebenstrafrecht - an einer gesetzlichen Überschrift, ist die Tat mit einer anschaulichen und verständlichen Wortbezeichnung so genau wie möglich zu beschreiben (Meyer-Goßner, a.a.O., § 260 Rdnr. 23 m.w.N.). Die Bezeichnung der Tat als "Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz" genügt diesen Anforderungen nicht.
b) Bei der Strafzumessung wird zu Gunsten der Angeklagten zu berücksichtigen sein, dass die Ausländerbehörde durch die (vergleichsweise kurze) Gültigkeitsdauer der von ihr ausgestellten Duldungsbescheinigungen die Anzahl der in dem von der Anklage umfassten Tatzeitraum begangenen Einzeltaten maßgeblich mitbeeinflusst hat und dass die Angeklagten, nachdem sie nach ihrer Einreise nach Deutschland damit begonnen hatten, im Rechtsverkehr falsche Angaben zu ihrer Identität zu machen, auch nach ihrer ersten diesbezüglichen Verurteilung im Jahre 2005 nur eine geringe Hemmschwelle zu überwinden hatten, um ihr strafbares Tun fortzusetzen. [...]