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VGH Bayern

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Zitieren als:
VGH Bayern, Beschluss vom 27.10.2011 - 13a ZB 11.30190 - asyl.net: M19186
https://www.asyl.net/rsdb/M19186
Leitsatz:

Berufungszulassung zur Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG. Es ist obergerichtlich noch ungeklärt, ob für einen Angehörigen der Zivilbevölkerung allein schon durch die Anwesenheit in der Südregion Afghanistans (insbesondere in der Provinz Kandahar), sofern das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nicht ausgeschlossen werden kann, eine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben anzunehmen ist.

Schlagwörter: Abschiebungsverbot, Afghanistan, innerstaatlicher bewaffneter Konflikt, allgemeine Gefahr, Gefährdungsdichte, Kandahar
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7 S. 2
Auszüge:

[...]

Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 11. April 2011 ist antragsgemäß zuzulassen, weil die Rechtssache insoweit grundsätzliche Bedeutung hat (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG).

Es ist die obergerichtlich noch nicht entschiedene Frage zu klären, ob für einen Angehörigen der Zivilbevölkerung allein schon durch die Anwesenheit in der Südregion Afghanistans (insbesondere Provinz Kandahar), sofern das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nicht ausgeschlossen werden kann, eine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben im Sinn des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG anzunehmen ist. Die hier aufgeworfene Frage betrifft die dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof als Tatsachengericht vorbehaltene Klärung und Würdigung der Größenordnung einer solchen Gefährdung (vgl. BVerwG vom 19.7.2011 - BVerwG 10 B 10.11). Die Frage ist auch klärungsbedürftig, weil das Verwaltungsgericht keine schlüssige Risiko-Abschätzung aufgrund aktueller Zahlen vorgenommen hat und gemäß der vom Kläger angesprochenen Opfer-Statistik der Vereinten Nationen (siehe UNAMA, Afghanistan, Annual Report an Protection of Civilians in Armed Conflict 2010) speziell in Bezug auf die mit einem Gesamtanteil von ca. 50 % bei den landesweit verzeichneten Opfern ohnehin am stärksten von Gewalt betroffene Südregion eine Zunahme von ca. 20 % bei der Zahl der durch Waffengewalt getöteten Zivilisten für das Jahr 2010 zu verzeichnen ist. [...]