Änderung der Senatsrechtsprechung im Eilverfahren zu der Frage, ob einem Kind, das die deutsche und eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzt, eine Ausreise aus dem Bundesgebiet zur Führung der familiären Lebensgemeinschaft im gemeinsamen Heimatland der Familie zugemutet werden kann.
(Amtlicher Leitsatz) (mit Bezug auf OVG NRW, Urteil vom 16.11.2010, 17 A 2434/07, ASYLMAGAZIN 2011, S. 132 ff.)
[...] In der Sache bleibt es bei der erstinstanzlich angeordneten aufschiebenden Wirkung der Klage. Der Senat betrachtet die von der Beschwerde allein erörterte Frage, inwieweit dem Stiefkind des aus Vietnam stammenden Antragstellers, das sowohl die deutsche als auch die vietnamesische Staatsangehörigkeit besitzt, eine Führung der familiären Lebensgemeinschaft gemeinsam mit dem Antragsteller und den übrigen Familienmitgliedern außerhalb des Bundesgebietes - in Vietnam - zugemutet werden kann, nunmehr als offene Rechtsfrage. Dies folgt insbesondere aus dem von dem Verwaltungsgericht angeführten Urteil des OVG Münster vom 16. November 2010 - 17 A 2434/07 -, das die Ausreise eines - auch - deutschen Stiefkindes im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 GG für nicht zumutbar hält. Ob sich der Senat dieser immerhin in einem Berufungsverfahren vertretenen Auffassung anschließt, kann angesichts der mit einer Abschiebung des Antragstellers verbundenen Folgen jedenfalls nicht zu dessen Lasten im vorläufigen Rechtsschutzverfahren beantwortet werden. Dies bedarf vielmehr der abschließenden Klärung in einem Hauptsacheverfahren. Insoweit hält der Senat im vorliegenden vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht mehr an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, die ausschließlich in Beschwerdeverfahren ergangen ist (vgl. z.B. OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 9. Juli 2010 - OVG 3 S 33.10 - und vom 10. Januar 2011 - OVG 3 S 136.10 -). Da das Stiefkind unstreitig die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, kommt es entgegen der Ansicht der Beschwerde - zumal im vorläufigen Rechtsschutzverfahren - nicht auf etwaige Zweifel an der Vaterschaft des deutschen Staatsangehörigen W., der die Vaterschaft anerkannt hat, an. [...]