OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 28.11.2011 - 4 ME 316/11 - asyl.net: M19273
https://www.asyl.net/rsdb/M19273
Leitsatz:

Es besteht ein Abschiebungshindernis gem. § 60a Abs. 2 Satz 1 für den ausländischen Vater eines deutschen Kindes, wenn der Vater seine Bereitschaft, die elterliche Verantwortung zu übernehmen, durch sein Verhalten in der Schwangerschaft manifestiert hat, obschon er wegen seiner zwischenzeitlichen Haft noch keine persönliche Beziehung zu dem Kind aufbauen konnte.

Schlagwörter: aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen, ausländischer Elternteil, Eltern-Kind-Verhältnis, Kindeswohl, Umgangsrecht, elterliche Erziehungs- und Beteuungsverantwortung
Normen: GG Art. 6 Abs. 1, GG Art. 6 Abs. 2, AufenthG § 60a Abs. 2 S. 1
Auszüge:

[...]

Die aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen des Art. 6 Abs. 1 und 2 GG entfalten sich nicht erst dann, wenn zwischen dem ausländischen Elternteil und seinem sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhaltenden Kind bereits eine tatsächliche persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist. Die Schutzwirkungen können sich vielmehr auch bereits auf die Phase des Aufbaus der elterlichen Beziehung zu dem Kind erstrecken, wenn sich der ausländische Elternteil zur Wahrnehmung seiner elterlichen Verantwortung für sein Kind ernsthaft um den Umgang mit diesem bemüht oder wenn aufgrund des Verhaltens des ausländischen Elternteils vor der Geburt des Kindes davon auszugehen ist, dass er zur Übernahme der elterlichen Erziehungs- und Betreuungsverantwortung bereit ist und diese auch wahrnehmen wird. Ein solcher Fall dürfte hier vorliegen, weil die durch die eidesstattliche Versicherung der Kindesmutter vom 21. November 2011, das Attest der diese behandelnden Frauenärztin Dr. ... vom 5. September 2011 und die Stellungnahme der Hebamme ... vom 29. Oktober 2011 glaubhaft gemachte Unterstützung der Kindesmutter während der Schwangerschaft durch den Antragsteller, insbesondere dessen Anwesenheit bei jeder Schwangerschaftsvorsorge und seine Teilnahme an einem Paarkurs zur Geburtsvorbereitung, für seine Bereitschaft und seinen Willen sprechen, seine elterliche Verantwortung gegenüber seinem am 18. Oktober 2011 geborenen Sohn aktiv wahrzunehmen und seine elterlichen Erziehungs- und Betreuungsaufgaben zu erfüllen. Da sich gegenwärtig aber noch nicht hinreichend sicher beurteilen lässt, ob der Antragsteller, der sich zurzeit in Haft befindet, seinen väterlichen Pflichten auch aus der Haft heraus und nach seiner Haftentlassung kontinuierlich nachkommen wird und ob er im Falle einer längeren Haft dazu überhaupt in der Lage sein wird, ist die Duldung bis zum 31. März 2012 zu befristen. [...]