Für einen Angehörigen des Clans der Shansi, der von der Al Shabaab-Miliz zwangsrekrutiert wurde und von ihr desertiert ist, besteht in Somalia Verfolgungsgefahr. Eine interne Fluchtalternative besteht nicht.
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Die Voraussetzungen von § 60 Abs. 1 AufenthG liegen in der Person des Klägers vor.
Denn für den Fall seine Abschiebung nach Somalia wären Leben und Freiheit des Klägers wegen seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe und in Anknüpfung an politische Merkmale bedroht. Dabei geht in Somalia die Verfolgung von einer Organisation aus, der Al Shabaab, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrscht bzw. von nichtstaatlichen Akteuren, da der somalische Staat oder staatsähnliche Kräfte nicht in der Lage sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, ganz unabhängig davon, dass in Somalia eine staatliche Herrschaftsordnung ohnehin nicht vorhanden ist. Eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht für den Kläger nicht.
Der Kläger hat zunächst glaubhaft dargestellt, dass sein Vater und er zur Gruppe der Shanshi gehört, welche in Somalia als Minderheit Übergriffen ausgesetzt ist. Das Gericht nimmt insoweit Bezug auf die Veröffentlichung bei www.ecoi.net zur Situation somalischer Minderheiten, insbesondere der Gruppe der Shanshi, einer Untergruppe der Benadiri. Unter Bezugnahme auf andere Quellen ist dort ausgeführt, dass die Shanshi keinen Schutz durch einen großen Clan hätten. Die Obergruppe der Benadiri hätte während des Bürgerkrieges in den Jahren 1991 und 1992 schwer gelitten. Die Angehörigen hätten keine Tradition in der Kriegsführung und seien oft Plünderungen durch Milizen ausgesetzt, welche sie gezielt angegriffen hätten, weil die Minderheit vergleichsweise reich sei. Benadiri-Frauen seien vergewaltigt oder zur Ehe gezwungen worden. Viele hätten Somalia verlassen müssen, nachdem sie aus ihren Häusern vertrieben worden seien. Aus Angst kämen sie aus dem Ausland nicht zurück. U.a. die Gruppe der Benadiri hätte nur einen begrenzten Zugang zu sozialen Diensten, zum Gesundheits- und Bildungswesen. Ihre Mitglieder seien als Minderheit weiterhin von Mordtaten, Einschüchterungen und Missbrauch durch Bewaffnete unterworfen. Aufgrund der Tatsache, dass sie als Händler und Fischer vergleichsweise in guten Verhältnissen lebten, würden sie von den anderen Somalis mit Argwohn und Neid betrachtet. Nach diesem glaubhaften Bericht hält das Gericht die Darstellung des Klägers durch seinen Vater für überzeugend, dass die Familie des Klägers schon 1995 Opfer eines Überfalls mit Plünderung und schweren Verletzungen für den Vater des Klägers war. Es ist deshalb auch glaubhaft, dass die Familie des Klägers sich gegen eine Zwangsrekrutierung durch die Al Shabaab nicht wehren kann und der Kläger tatsächlich im August 2010 zwangsweise rekrutiert worden ist. Da er seine Einheit unerlaubt verlassen hat bzw. unerlaubt nicht zurückgekehrt ist, muss er mit brutaler Rache rechnen. [...] Der Kläger ist daher als Angehöriger einer Minderheit und aufgrund der Tatsache, dass er sich der Al Shabaab-Miliz und deren Anordnungen widersetzt, von Verfolgung im Sinne von § 60 Abs. 1 AufenthG bedroht. [...]