Die Überstellung nach Italien eines Asylbewerbers ist nicht im Rahmen des vorläufigen Rechtschutzes auszusetzen, da eine verfassungskonforme Reduktion des Anwendungsbereichs des § 34a Abs. 2 AsylVfG nicht geboten ist.
[...]
Der Antrag nach § 123 VwGO ist unzulässig. [...]
b) Eine verfassungskonforme Reduktion des Anwendungsbereichs des § 34a Abs. 2 AsylVfG ist vorliegend nicht geboten.
An die Darlegung eines Ausnahmefalles des Konzeptes normativer Vergewisserung sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfG vom 14.5.1996, Az. 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 <juris> RdNrn. 179 ff.; ausführlich z.B. auch VG Berlin vom 11.4.2011, Az. 23 L 84.11 A <juris> RdNrn. 6 ff.). Dass die Voraussetzungen hierfür angesichts der Verhältnisse in Italien vorliegen, kann das Gericht im vorliegenden Fall nicht erkennen.
aa) Nachdem es sich bei Italien als Mitgliedsstaat der Europäischen Union um einen sicheren Drittstaat im Sinne von Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG handelt, ist davon auszugehen, dass in Italien die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention (GK) und der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) sichergestellt ist. Trotz der Schwierigkeiten in Italien im Hinblick auf die überlastete Aufnahmekapazität besteht kein Anlass zur Annahme, Italien sei kein sicherer Drittstaat mehr oder gewähre dem Antragsteller keinen Schutz nach Maßgabe des einschlägigen Gemeinschaftsrechtsrechts. Das Gericht ist nach wie vor der Auffassung, dass die Mindeststandards des Europäischen Flüchtlingsschutzes in Italien eingehalten werden. Dies beruht maßgeblich darauf, dass Organisationen wie UNHCR und IOM die Lage in Italien beobachten und dort vor Ort sind. Auch die möglicherweise vorliegenden Defizite bei der Unterbringung und der gesundheitlichen Versorgung reichen nicht als Anhaltspunkte dafür aus, dass Italien generell nicht mehr als sicherer Drittstaat angesehen werden könnte, zumal diese sicherlich nicht zu verharmlosenden Probleme nicht unmittelbar den Zugang zum Asylsystem an sich betreffen. Auch aus anderen in der Kürze der Zeit zugänglichen Quellen (vgl. etwa Bericht von Pro Asyl vom 28. Februar 2011 "Zur Situation von Flüchtlingen in Italien", abrufbar unter www.proasyl.de) kann zumindest gefolgert werden, dass bei Rückführungen nach Italien im Rahmen des "Dublin-II-Abkommens" am Flughafen in Rom eine Aufnahme der Asylbewerber möglich ist. Auch ist zwischen der Situation von Flüchtlingen, die in Booten über das Mittelmeer nach Italien gelangen und solchen, die unter behördlicher Aufsicht nach Italien überstellt werden, zu differenzieren (so auch VG Düsseldorf vom 7.1.2011 Az 21 L 2285/10.A <juris> RdNr. 32). So ist dem Bericht der Schweizerischen Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht (http://www.beobachtungsstelle.ch/fileadmin/upload/pdfdivers/berichte/bericht-dublinII-italien.pdf) zu entnehmen, dass "Dublin-II-Rückkehrer" betreffend der Vergabe von Aufnahmeplätzen bevorzugt behandelt werden. Im Regelfall werden Asylsuchende, die zurückgeführt werden, am Flughafen von der Polizei in Empfang genommen. Die entsprechende Rechtsprechung zum Drittstaat Griechenland ist auf Italien jedenfalls nicht pauschal übertragbar, weil die Ausgangssituation nicht vergleichbar ist (vgl. VG Ansbach vom 26.1.2011, Az. AN 9 E 10.3522 <juris> RdNr. 28).
bb) Auch ein sonstiger, in verfassungskonformer Auslegung des § 34a Abs. 2 AsylVfG zu berücksichtigender Sonderfall ist im Fall des Antragstellers nicht gegeben. Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit beispielhaft Sonderfälle gebildet, wie etwa die drohende Todesstrafe im Drittstaat, sonstige Ausnahmesituationen, aber auch, dass der Drittstaat sich des Flüchtlings ohne jede Prüfung des Schutzgesuches entledigen könnte. An die Darlegung eines solchen Sonderfalles sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfG vom 14. Mai 1996 BVerfGE 94, 49 ff.; VG Augsburg vom 23.11.2010, Az. Au 7 E 10.30603 <juris> RdNr. 17). Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller in Italien von vorgenannten oder vergleichbaren Maßnahmen bzw. Gefahren bedroht wäre, sind weder hinreichend konkret vorgetragen noch im Übrigen ersichtlich. Es bestehen keine hinreichenden Zweifel daran, dass dem Antragsteller als alleinstehenden jungen Mann die Durchführung seines Asylverfahrens in Italien möglich sein wird. Auch wenn dies möglicherweise mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung verbunden sein kann, ist nicht erkennbar, dass dem Antragsteller darüber hinaus in Italien ein erheblicher Schaden im oben beschriebenen Sinne droht. [...]
aa) Der Antragsteller hat keinen Anspruch darauf, dass sein Asylverfahren in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt wird.
Von einem Selbsteintritt der Bundesrepublik i.S. des Art. 3 Abs. 2 Satz 1 EGAsylZustVO ist nicht auszugehen. Die Anhörung des Antragstellers am 1. September 2011 zu seinem Asylbegehren bringt noch nicht zum Ausdruck, dass die Bundesrepublik Deutschland bereits den Entschluss gefasst habe, von ihrem Recht Gebrauch zu machen, das Asylverfahren abweichend vom Regelfall in seiner "Gesamtheit" in eigener Verantwortung durchzuführen. Dies gilt zumal dann, wenn das Bundesamt, wie hier, den Vorgang im Anschluss an die Anhörung nicht sachlich weiter bearbeitet, sondern unmittelbar die Rückübernahme durch den nach der "Dublin-II-Verordnung" zuständigen Mitgliedsstaat in die Wege geleitet hat (s. hierzu auch BayVGH vom 3.3.2010, Az. 15 ZB 10.30005 <juris> RdNr. 5). Die Anhörung diente ausschließlich der ordnungsgemäßen Abwicklung eines aus damaliger Sicht noch möglicherweise durchzuführenden Asylverfahrens im Bundesgebiet, bietet jedoch keinen Anlass, von einer Ausübung des Selbsteintrittsrechts auszugehen. [...]