Einem weiblichen Kleinkind aus Eritrea droht bei Rückkehr Genitalverstümmelung, weshalb ihm Flüchtlingsschutz zu gewähren ist.
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Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisquellen ist das Gericht davon überzeugt, dass der Klägerin in Eritrea weibliche Genitalverstümmelung (FGM) droht. Diese ist zwar seit dem 20. März 2007 verboten. Trotzdem werden nach Regierungsangaben, die mit den Zahlen anderer Quellen übereinstimmen, immer noch 60 % der Mädchen dieser Praxis unterworfen (AA, Lagebericht vom 25. Oktober 2010). Auch nach der von der Klägerseite mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2010 auszugsweise vorgelegten Information des Informationszentrums Asyl und Migration des Bundesamtes zum Thema "Geschlechtsspezifische Verfolgung in ausgewählten Herkunftsländern" vom April 2010 ist FGM in Eritrea noch immer weit verbreitet. Danach liegen verlässliche Angaben über den Umfang weiblicher Genitalverstümmelung in Eritrea nicht vor. Nach letzten Erhebungen (2003) sind 89 % der weiblichen Bevölkerung beschnitten. 1995 waren es noch 95 %. FGM wird in Eritrea danach grundsätzlich von Christen wie auch von Muslimen unabhängig von der sozialen Schicht und der ethnischen Zugehörigkeit vorgenommen. In Großstädten und bei Töchtern von Teilnehmerinnen des Unabhängigkeitskrieges kommt es weniger zu FGM. Die Beschneidung findet in der Regel im Kleinkindalter statt. Da sie meist als gesellschaftliches Erfordernis betrachtet wird, ist der familiäre und soziale Druck sehr hoch. Grund für die anhaltende Praktik ist, dass unbeschnittene Frauen noch immer als "unmoralisch" stigmatisiert werden. Eine Eheschließung ist dann häufig nicht möglich.
Es ist beachtlich wahrscheinlich, dass auch die Klägerin dieser Praxis unterworfen würde. Dies umso mehr, als aufgrund der äthiopischen Staatsangehörigkeit ihrer Mutter und dem Umstand, dass sich ihr Vater erlaubt als Flüchtling in Italien aufhält, nicht unterstellt werden kann, dass die Klägerin in Eritrea von Familienangehörigen umgeben wäre, die sie vor dieser Behandlung bewahren könnten. [...]