OVG Berlin-Brandenburg

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Zitieren als:
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.03.2012 - 5 N 24.11 - asyl.net: M19620
https://www.asyl.net/rsdb/M19620
Leitsatz:

Ein Einbürgerungsanspruch besteht dann nicht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Einbürgerungsbewerber Organisationen unterstützt, welche Bestrebungen zeigen, die auswärtigen Belange der Bundesrepublik zu gefährden (vorliegend Al-Aqsa e.V. und Hamas).

Schlagwörter: Einbürgerung, Palästinenser, Hamas, terroristische Vereinigung, Unterstützungshandlungen, Unterstützung, Al-Aqsa, Gefährdung der auswärtigen Belange der Bundesrepublik
Normen: StAG § 11 S. 1 Nr. 1, StAG § 8, StAG § 9, StAG § 10
Auszüge:

[...]

1. Die Antragsbegründung zeigt mit ihren auf eine fehlerhafte Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht zielenden Rügen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf.

Im Hinblick darauf, dass das Verwaltungsgericht gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet, kann die Rüge einer fehlerhaften Sachverhalts- oder Beweiswürdigung ernstliche Richtigkeitszweifel an der angegriffenen Entscheidung nur begründen, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder gedankliche Lücken oder Ungereimtheiten aufweisen. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung des vorliegenden Tatsachenmaterials oder das Ziehen anderer Schlussfolgerungen rechtfertigt die Zulassung der Berufung hingegen nicht (vgl. Beschluss des Senats vom 22. März 2010 - OVG 5 N 13.08 -, juris Rn. 9, mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung).

Das Verwaltungsgericht ist auf der Grundlage der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse des Verfassungsschutzes sowie der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der Überzeugung gelangt, dass u.a. die Muslimbruderschaft, die HAMAS, der Al-Aqsa e.V. und das IKEZ auswärtige Belange gefährdende Bestrebungen im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 StAG verfolgt haben. Diesen Verdacht, den das Verwaltungsgericht auf eine Vielzahl von Indizien gestützt hat, vermag die Antragsbegründung nicht ansatzweise zu erschüttern. Weder der Hinweis, dass es anerkannten Regeln des Völkerrechts widerspreche, eine Organisation insgesamt als terroristisch einzustufen, ohne "zwischen militärischen Aktionen gegen militärische und paramilitärische Ziele und der Zivilbevölkerung zu unterscheiden", noch der Umstand, dass unter seriösen Wissenschaftlern schon mindestens seit 2005 klar sei, dass die Muslimbruderschaft weder terroristisch noch islamistisch-fundamentalistisch sei, und ähnliches für die HAMAS gelte, stellt substantiiert die auf der Grundlage langjähriger Beobachtungen gewonnenen Erkenntnisse des Verfassungsschutzes in Frage, dass die beiden Organisationen jedenfalls bis in die jüngste Vergangenheit Bestrebungen verfolgt haben, die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdeten. Der vor diesem Hintergrund von dem Verwaltungsgericht gezogene Schluss, dass es angesichts der Gesetzesformulierung in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ("verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat") nicht darauf ankommt, ob die beiden Organisationen gegenwärtig als terroristisch gelten, begegnet, anders als die Antragsbegründung meint, nicht deshalb ernstlichen Zweifeln, weil "alleine einzelne politische und humanitäre oder sonstige Ziele einer Organisation unterstützt" worden seien. Denn dabei hat es die Klägerin nicht belassen. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr festgestellt, dass auf Grund ihrer Aktivitäten und Verhaltensweisen tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie die auswärtigen Belange gefährdenden Bestrebungen der genannten Organisationen, insbesondere des Al-Aqsa e.V. und damit mittelbar der HAMAS unterstützt hat. Hierzu verhält sich die Antragsbegründung nicht.

Soweit die Antragsbegründung beanstandet, dass von der Klägerin nicht verlangt werden könne, die frühere Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen einzuräumen, sondern ihr ausdrückliches Einräumen der zu Grunde liegenden Tatsachen für ein Abwenden im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ausreichend sein müsse, zeigt sie ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils auf. Das Verwaltungsgericht hat beanstandungsfrei angenommen, dass ein Abwenden zunächst erfordert, dass der Einbürgerungsbewerber zumindest nicht bestreitet, früher Bestrebungen der in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG genannten Art unterstützt zu haben, weil die erforderliche innere Abkehr nämlich nur dann erfolgen bzw. glaubhaft sein kann, wenn eine Einsicht bezüglich des früheren Verhaltens und seiner Neubewertung besteht. Eine solche innere Abkehr hat es bei der Klägerin nicht feststellen können, weil diese ihre früheren Unterstützungshandlungen bagatellisiert hat. Die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Feststellung wird durch die Antragsbegründung nicht in Zweifel gezogen. Denn diese beschränkt sich nicht darauf, Tatsachen einzuräumen, sondern versucht die tatbestandliche Unterstützung selbst in Abrede zu stellen, indem sie meint, dass die Klägerin "mit ihrer damaligen Unterstützung auch die anerkannten gemeinnützigen Ziele des Vereins unterstützt hat und nicht etwa irgendwelche terroristischen". Angesichts dessen kann von einer Einsicht der Klägerin in ihr früheres Verhalten keine Rede sein. [...]