VG Frankfurt a.M.

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Zitieren als:
VG Frankfurt a.M., Beschluss vom 25.03.2002 - 12 G 937/02.AF(1) - asyl.net: M1970
https://www.asyl.net/rsdb/M1970
Leitsatz:

Aus einem sicheren Drittstaat reist grundsätzlich auch derjenige ein, der bei einer

Zwischenlandung in einem sicheren Drittstaat im Transitbereich des Flughafens verbleibt oder das Flugzeug erst gar nicht verlässt (§§ 26 a, 18 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG).

Die Verweigerung der Einreise gem. § 18 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Asylsuchende vom Bundesgrenzschutz zur Durchführung des Asylverfahrens an das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge weitergeleitet worden ist.(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: D (A), Verfahrensrecht, Flughafenverfahren, Einreiseverweigerung, Drittstaatenregelung, Transitaufenthalt, Bundesgrenzschutz, Bundesamt, Weiterleitung
Normen: AsylVfG § 18a; AsylVfG § 18 Abs. 2 Nr. 1; AsylVfG § 26a
Auszüge:

 

Der Antrag, die Antragsgegnerin unter Aufhebung ihres Bescheides vom 12.03.2002 - 3210450-020302 - zu verpflichten, dem Antragsteller die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland zu gestatten, ist unbegründet.

Der Bundesgrenzschutz hat dem Antragsteller zu Recht mit Bescheid vom 12.03.2002 die Einreise in das Bundesgebiet verweigert. Dem Antragsteller steht kein Anspruch auf Einreise in die Bundesrepublik Deutschland zum Zwecke der Durchführung eines Asylverfahrens zur Seite. Dem Antragsteller ist gem. § 18 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG die Einreise zu verweigern, weshalb der Bescheid der Antragsgegnerin vom 12.03.2002 im Ergebnis nicht zu beanstanden ist. Gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG ist dem Ausländer die Einreise zu verweigern, wenn er aus einem sicheren Drittstaat (§ 26 a AsylVfG) einreist. Dies ist bei dem Antragsteller der Fall, denn er hielt sich, bevor er auf dem Flughafen in Frankfurt am Main landete, auf dem Flughafen in Amsterdam und damit in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft, der gem. § 26 a Abs. 2 AsylVfG ein sicherer Drittstaat ist, auf.

Unerheblich ist, dass der Antragsteller nicht in die Niederlande eingereist ist und im Transitbereich des Flughafens in Amsterdam verblieb und das Flugzeug nicht verließ. Entscheidend für den Ausschluss vom Asylgrundrecht ist die objektiv bestehende Möglichkeit für den Ausländer, in einem der von ihm auf seiner Flucht berührten Drittstaaten einen ausreichenden Schutz vor politischer Verfolgung zu erlangen, derentwegen er geflohen ist (BVerwG, Urteil vom 02.09.1997, BVerwG 9 C 5.97, AuAS 1998, 67). Hieraus ergibt sich, dass es für die Anwendung der Drittstaatenregelung in erster Linie darauf ankommt, ob der Ausländer - entsprechend dem Verlauf seiner Reise - tatsächlich Gebietskontakt zu dem sicheren Drittstaat gehabt hat (BVerwG a.a.O.). Einen solchen tatsächlichen Gebietskontakt hat der Antragsteller gehabt, denn er hielt sich im Transitbereich des Flughafens in Amsterdam auf. Darauf, ob er im Rechtssinne in den

Drittstaat "eingereist" und von dort in die Bundesrepublik "ausgereist" ist, kommt es nicht an. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bleiben vom Ausländer selbst zu verantwortende Hindernisse, ein Schutzgesuch anzubringen, außer Betracht (BVerfG 94, 49, 87, 94). Denn die Drittstaatenregelung geht davon aus, dass der Ausländer den im Drittstaat möglichen Schutz in Anspruch nehmen muss. Hat ein Ausländer bei einem Transitaufenthalt in einem sicheren Drittstaat Gebietskontakt, so ist er auch gehalten, bei den dortigen Grenzbehörden um Asyl nachzusuchen. Die Ausführung des BVerfG in der zitierten Entscheidung, für die Anwendung der Drittstaatenregelung genüge es nicht, wenn der Ausländer den Drittstaat mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchfahren habe, ohne dass es einen Zwischenaufenthalt gegeben habe, steht dem nicht entgehen. Diese bezieht sich auf die Konstellation, dass ein Drittstaat mit dessen Einverständnis in einem öffentlichen Verkehrsmittel ohne Zwischenaufenthalt durchfahren worden ist. Dann besteht unter dem Gesichtspunkt der gerechten Lastenverteilung, die die Drittstaatenregelung herbeiführen will, kein Grund, diesen durchquerten Staat als verantwortlich heranzuziehen (BVerwG a.a.O.). Weshalb es dem Antragsteller nicht möglich gewesen sein soll, das Flugzeug in Amsterdam zu verlassen, hat er nicht dargelegt.

Die Verweigerung der Einreise gem. § 18 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Antragsteller vom Bundesgrenzschutz zur Durchführung des Asylverfahrens an das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge weitergeleitet worden ist. Die Einreiseverweigerung gem. § 18 Abs. 2 AsylVfG soll zwar vor einer Weiterleitung an das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge erfolgen. Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn des Gesetzes ergeben sich aber Anhaltspunkte für einen Ausschluss der Einreiseverweigerung bei einer Weiterleitung. Die Einreiseverweigerung nach § 18 Abs. 2 AsylVfG ist zwingend. Die Behörde, der Bundesgrenzschutz, kann hierüber nicht disponieren. Deshalb wird der Bundesgrenzschutz durch seine Entscheidung, den Ausländer an das Bundesamt weiterzuleiten, nicht aus seiner gesetzlichen Pflicht, ihm die Einreise zu verweigern, entlassen. Nichts anderes ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des vom Gesetzgeber vorgesehenen Verfahrens. Die Einreiseverweigerung nach § 18 Abs. 2 AsylVfG soll ohne Durchführung eines Asylverfahrens und damit vor der Weiterleitung an das Bundesamt erfolgen, weil es sich um einfach feststellbare Sachverhalte, die nicht der besonderen Fachkenntnis des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge bedürfen, handelt. Auf die Missachtung dieses rein verfahrensökonomischen Grundes kann sich der Ausländer, der um Asyl nachsucht, nicht berufen, denn es handelt sich um ein öffentliches Interesse. Ein subjektives Recht des Asylsuchenden ist damit nicht verbunden.