OVG Hamburg

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Zitieren als:
OVG Hamburg, Urteil vom 29.03.2012 - 4 Bf 210/09 - asyl.net: M19708
https://www.asyl.net/rsdb/M19708
Leitsatz:

Aus dem Diskriminierungsverbot gemäß Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 ergibt sich jedenfalls dann kein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht, wenn der türkische Arbeitnehmer nach einer Arbeitslosigkeit nicht in angemessener Zeit ein neues Arbeitsverhältnis begründet hat und deshalb nicht mehr dem regulären Arbeitsmarkt angehört.

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Diskriminierungsverbot, Türkischer Arbeitnehmer, Arbeitslosigkeit, assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht, Aufenthaltsrecht, Assoziationsratsbeschluss EWG/Türkei, Assoziationsberechtigte, unbefristete Aufenthaltserlaubnis, ehebezogene Aufenthaltserlaubnis, EuGH, vorübergehende Beschäftigungslosigkeit, arbeitsunfähig, Integrationskurs, Deutschkenntnisse, mangelnde Deutschkenntnisse, angemessener Zeitraum, tatsächliche Verbindung zum Arbeitsmarkt,
Normen: ARB 1/80 Art. 10 Abs. 1, AufenthG § 4 Abs. 5 S. 2, ARB 1/80 Art. 6 Abs. 1,
Auszüge:

[...]

Ihm steht auch kein Anspruch auf Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis aus § 4 Abs. 5 Satz 2 AufenthG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 oder Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 zu (dazu b). [...]

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 4 Abs. 5 Satz 2 AufenthG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 oder Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80.

Die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt – das ist der Zeitpunkt, für den der Kläger die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis beantragt hat (s. hierzu EuGH, Urt. v. 26.10.2006, Rs. C-4/05, Güzeli, Slg. 2006, I-10279, Rn. 27 u. 50) – nicht vor. Denn vor dem 10. Februar 2007 war der Kläger nur in der Zeit von November 2004 bis Mai 2005, und damit unter einem Jahr beschäftigt gewesen.

Er kann sich auch nicht im Hinblick auf die ihm im September 2004 erteilte unbefristete Arbeitserlaubnis auf Art. 10 Abs. 1 ARB berufen.

Ob das in Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 niedergelegte Diskriminierungsverbot dem Inhaber einer sog. überschießenden - also einer die Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis übersteigenden - Arbeitserlaubnis, Aufenthaltsrechte einräumt, ist nicht geklärt (bejahend OVG Hamburg, Urt. v. 29.5.2008, 4 Bf 232/07, juris; aufgehoben durch BVerwG, Urt. v. 8.12.2009, 1 C 16/08, BVerwGE 135, 334). Der Senat hat mit Beschluss vom 19. Mai 2011 in der Sache 4 Bf 88/10 (EzAR-NF 98 Nr. 48) den Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: EuGH, Gerichtshof) um eine Vorabentscheidung zu dieser Frage ersucht. Im Falle des Klägers kommt es auf die Klärung dieser Frage jedoch nicht an. Denn auch wenn man zugunsten des Klägers annimmt, aus Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 ließen sich Aufenthaltsrechte für Inhaber sog. überschießender Arbeitserlaubnisse ableiten, könnte sich der Kläger nicht darauf berufen.

Der Kläger, der aufgrund der ihm erteilten Arbeitserlaubnis und der von ihm von November 2004 bis Mai 2005 ausgeübten Beschäftigung bei der Firma L... ein etwaiges Aufenthaltsrecht nach Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 erworben haben könnte, hätte ein derartiges Recht zum maßgeblichen Zeitpunkt jedenfalls wieder verloren. Er gehörte nämlich zum Zeitpunkt des Ablaufs seiner ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis am 10. Februar 2007 nicht (mehr) dem regulären Arbeitsmarkt an. Der Senat kann insoweit von einer Vorlage an den Gerichtshof absehen und selbst entscheiden, weil die maßgeblichen Rechtsfragen bereits in der Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt sind.

Aus dem Wortlaut von Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 ergibt sich, dass die Ansprüche nach dieser Vorschrift - ebenso wie die sich aus Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 ergebenden Rechte - die Zugehörigkeit des Betroffenen zum regulären Arbeitsmarkt voraussetzen (EuGH, Urt. v. 26.10.2006, Rs. C-4/05, Güzeli, Slg. 2006, I-10279, Rn. 48). Der reguläre Arbeitsmarkt bezeichnet die Gesamtheit der Arbeitnehmer, die den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des betroffenen Staats nachkommen und somit das Recht haben, eine Berufstätigkeit in seinem Hoheitsgebiet auszuüben (vgl. EuGH, Urt. v. 26.11.1998, Rs. C-1/97, Birden, Slg. 1998, I-07747, Rn. 51).

Für die Frage, ob der Kläger dem regulären Arbeitsmarkt noch angehört, ist auf die Maßstäbe abzustellen, die der Gerichtshof für den Verlust des Rechts nach Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich ARB 1/80 entwickelt hat. Denn zugunsten des Klägers kann davon ausgegangen werden, dass ein von ihm nach Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 erworbenes Aufenthaltsrecht denselben Umfang hätte wie das weitreichendste Recht nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 (vgl. zur möglichen Reichweite eines aus Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 abgeleiteten Rechts OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2011, EzAR-NF 98 Nr. 48, juris Rn. 71). Damit würde die sich aus Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 ergebende Aufenthaltsberechtigung die gleiche Position auf dem Arbeitsmarkt vermitteln wie das Recht nach Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich ARB 1/80, also den freien Zugang zu jeder gewählten Beschäftigung. Diese durch Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 vermittelte Position würde demgemäß in Bezug auf die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt auch unter denselben Voraussetzungen verlorengehen wie ein nach Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich ARB 1/80 erworbenes Aufenthaltsrecht.

aa) Dem regulären Arbeitsmarkt gehört ein türkischer Arbeitnehmer nicht (mehr) an, wenn er den Arbeitsmarkt des Mitgliedstaats endgültig verlassen hat (EuGH, Urt. v. 6.6.1995, Rs. C-434/93, Bozkurt, Slg. 1995, I-01475, Rn. 39 für den Fall einer vollständigen und dauerhaften Arbeitsunfähigkeit). Hiervon ist erst auszugehen, wenn das von ihm begehrte Aufenthaltsrecht keinerlei Bezug zu einer – ggf. auch künftigen – Beschäftigung im Lohn- und Gehaltsverhältnis aufweist (EuGH, Urt. v. 10.2.2000, Rs. C-340/97; Nazli, Slg. 2000, I-00957, Rn. 37; vgl. auch EuGH, Urt. v. 6.6.1995, Rs. C-434/93, Bozkurt, Slg. 1995, I-01475, Rn. 39). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger den Arbeitsmarkt in diesem Sinne endgültig verlassen haben könnte, liegen nicht vor.

bb) Der Kläger gehört dem regulären Arbeitsmarkt aber deshalb nicht mehr an, weil er den angemessenen Zeitraum zur Eingehung eines neuen Arbeitsverhältnisses nach einer vorübergehenden Beschäftigungslosigkeit überschritten hat.

Eine Unterbrechung der Beschäftigung führt allerdings nicht automatisch zum Verlust der Rechtsposition aus Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich ARB 1/80 (EuGH, Urt. v. 10.1.2006, Rs. C-230/03, Sedef, Slg. 2006, I-00157, Rn. 46; Urt. v. 19.11.2002, Rs. C-188/00, Kurz, Slg. 2002, I-10691, Rn. 58; s. auch Urt. v. 10.2.2000, Rs. C-340/97, Nazli, Slg. 2000, I-00957, Rn. 40, 41 zu 13 Monaten Untersuchungshaft; Urt. v. 23.1.1997, Rs. C-171/95, Tetik, Slg. 1997, I-00329, Rn. 27, 31). Auch die freiwillige Aufgabe des Arbeitsplatzes führt nicht notwendig dazu, dass der türkische Arbeitnehmer den Arbeitsmarkt endgültig verlassen hat (EuGH, Urt. v. 23.1.1997, Rs. C-171/95, Tetik, Slg. 1997, I- 00329, Rn. 40). Die praktische Wirksamkeit des Rechts aus Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich ARB 1/80 auf freien Zugang zu jeder Beschäftigung setzt nämlich voraus, dass der türkische Arbeitnehmer berechtigt ist, seine derzeitige Beschäftigung aufzugeben und eine andere Beschäftigung aufzunehmen. Dies erfordert es, dem Betroffenen einen angemessenen Zeitraum einzuräumen, damit er sich eine neue Tätigkeit suchen kann (EuGH, Urt. v. 23.1.1997, Rs. C-171/95, Tetik, Slg. 1997, I-00329, Rn. 27, 31 unter Hinweis auf das Urt. v. 26.2.1991, Rs. C-292/89, Antonissen zu Art. 48 EWG-Vertrag, Slg. 1991, I-00745). Das nach der Aufgabe der Beschäftigung weiter bestehende Aufenthaltsrecht des Betroffenen dient der Ausübung seines Rechts auf freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis, indem er sich nicht nur um tatsächlich angebotene Arbeitsstellen bewirbt, sondern auch eine neue Beschäftigung innerhalb eines angemessenen Zeitraums sucht (EuGH, Urt. v. 19.11.2002, Rs. C-188/00, Kurz, Slg. 2002, I-10691, Rn. 59 m.w.N.). Dieser Zeitraum muss lang genug sein, um das durch Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich ARB 1/80 gewährte Recht nicht wirkungslos zu machen und die Chancen des türkischen Arbeitnehmers auf eine neue Beschäftigung tatsächlich nicht zu beeinträchtigen (EuGH, Urt. v. 23.1.1997, Rs. C-171/95, Tetik, Slg. 1997, I-00329, Rn. 32). Enthalten die nationalen Rechtsvorschriften keine Regelung für einen solchen Zeitraum, ist es Sache des nationalen Gerichts, diesen Zeitraum im Lichte der Umstände des ihm vorliegenden Einzelfalles zu bestimmen (EuGH, Urt. v. 23.1.1997, Rs. C-171/95, Tetik, Slg. 1997, I-00329, Rn. 33).

Dabei haben Zeiten außer Betracht zu bleiben, in denen der Betreffende an der Ausübung einer Beschäftigung gehindert war. Dies gilt unabhängig davon, welchen Grund die Abwesenheit des Betroffenen vom Arbeitsmarkt hat, sofern die Abwesenheit vorübergehend ist (EuGH, Urt.v. 7.7.2005, Rs. C-383/03, Dogan, Slg. 2005, I-06237, Rn. 20). Dementsprechend hat der Gerichtshof (Urt. v. 7.7.2005, Rs. C-383/03, Dogan, Slg. 2005, I-06237, Rn. 22) es als unbeachtlich angesehen, dass eine Inhaftierung den Betroffenen – u.U. auch mehrere Jahre – an der Ausübung einer Beschäftigung hindert, wenn sie nicht seine weitere Teilnahme am Erwerbsleben ausschließt. Allerdings verliert auch dieser Betroffene sein Aufenthaltsrecht, wenn er nach dem Ende seiner Inhaftierung den Zeitraum überschreitet, der angemessen ist, um eine neue Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis zu finden (EuGH, Urt. v. 7.7.2005, Rs. C-383/03, Dogan, Slg. 2005, I-06237, Rn. 23).

Das Fortbestehen des Rechts auf freien Zugang zu jeder gewählten Beschäftigung im Falle einer Unterbrechung der Arbeitstätigkeit setzt voraus, dass der türkische Arbeitnehmer tatsächlich eine neue Arbeit sucht und dabei alle Formalitäten erfüllt, die im betreffenden Mitgliedstaat ggf. vorgeschrieben sind, sich also beispielsweise arbeitslos meldet und der Arbeitsverwaltung zur Verfügung steht (EuGH, Urt. v. 7.7.2005, Rs. C-383/03, Dogan, Slg. 2005, I-06237, Rn. 19; Urt. v. 23.1.1997, Rs. C-171/95, Tetik, Slg. 1997, I-00329, Rn. 41). Mit diesen Anforderungen wird sichergestellt, dass der türkische Staatsangehörige innerhalb des angemessenen Zeitraums, der ihm zur Eingehung eines neuen Arbeitsverhältnisses einzuräumen ist, sein Aufenthaltsrecht in dem betreffenden Mitgliedstaat nicht missbraucht, sondern tatsächlich eine neue Beschäftigung sucht (Urt. v. 23.1.1997, Rs. C-171/95, Tetik, Slg. 1997, I-00329, Rn. 42).

Nach diesen Maßstäben hat der Kläger den angemessenen Zeitraum zur Eingehung eines neuen Arbeitsverhältnisses überschritten.

Der Kläger hat in der Zeit zwischen Beendigung der Tätigkeit bei L... Ende Mai 2005 und dem Ablauf seiner ehegattenbezogenen Aufenthaltserlaubnis am 10. Februar 2007 nicht gearbeitet. Er hat erst am 1. März 2007 wieder eine Beschäftigung aufgenommen. Nach den Umständen, wie sie sich aus dem Vorbringen des Klägers, den Sachakten und der beigezogenen Akte des Jobcenters "team.arbeit.hamburg" 0225619 ergeben, hat er infolge dieses langen Zeitraums ohne Beschäftigung die Zugehörigkeit zum Arbeitsmarkt verloren. Dabei geht der Senat davon aus, dass von diesem Zeitraum von gut 20 Monaten ca. zwei Monate außer Betracht zu bleiben haben, weil der Kläger in dieser Zeit vorübergehend an der Ausübung einer Beschäftigung gehindert war. Der Senat nimmt nämlich zu Gunsten des Klägers - der sich selbst nicht ausdrücklich darauf beruft und auch keine entsprechenden Belege eingereicht hat – an, dass dieser nach seinem Unfall am 15. November 2005, bei dem er offenbar einen Schlüsselbeinbruch erlitten hat, für die Dauer von ca. zwei Monaten bis zum nachgewiesenen (Bl. 197 d. A.) Abschluss seiner ambulanten ärztlichen Behandlung arbeitsunfähig war.

Dagegen war der Kläger nicht durch den Besuch des zehnmonatigen Integrationskurses an der Aufnahme einer Beschäftigung gehindert. Der Kurs fand täglich in der Zeit von 8 Uhr bis 12 Uhr statt. Der Kläger hätte demnach ohne weiteres nachmittags oder abends einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen können. Überdies hätte er – wie sich aus der vorgelegten Bescheinigung ergibt (Bl. 195 d. A.) – den Kurs grundsätzlich auch nachmittags oder abends absolvieren können. [...]

Der danach noch verbleibende Zeitraum ist nicht mehr als angemessen zur Suche einer neuen Beschäftigung anzusehen. Der angemessene Zeitraum zur Eingehung eines neuen Arbeitsverhältnisses ist hier in Anbetracht der nicht ausreichenden Bemühungen des Klägers um einen Arbeitsplatz mit einer Dauer von insgesamt 18 Monaten überschritten. Dieser Zeitraum war ausreichend, um bei entsprechenden Bemühungen eine Beschäftigung zu finden. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dies im Hinblick auf die Situation auf dem bundesdeutschen Arbeitsmarkt anders zu beurteilen wäre. Der Kläger hat jedoch keine hinreichenden Bemühungen um einen Arbeitsplatz angestrengt.

Der Kläger hat sich nach seinen eigenen Angaben (Schriftsatz vom 12.3.2012, Bl. 188 d. A.) nicht arbeitslos gemeldet. Er hat damit auch nicht den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung gestanden (vgl. § 119 Abs. 5 SGB III). Bereits aus diesem Grund erfüllt er nicht die Anforderungen, die – wie ausgeführt – an angemessene Bemühungen um Arbeit zu stellen sind.

Unabhängig hiervon sind die Anforderungen auch sonst nicht erfüllt. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, sich in hinreichendem Maße selbst um Arbeit bemüht zu haben. So hat er lediglich eine schriftliche Bewerbung zur Akte gereicht. Er hat zwar angegeben, es handele sich insoweit lediglich um ein Beispiel. Weitere, umfangreiche Bewerbungsbemühungen hat der Kläger aber nicht plausibel dargelegt. [...]

Mit dem Einwand, er sei aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse an der Ausübung einer Beschäftigung gehindert gewesen, kann der Kläger seine mangelnden Bemühungen um einen Arbeitsplatz nicht rechtfertigen. Da er nach seinem eigenen Vorbringen bereits in der Zeit von August 2004 bis Juni 2005 einen Deutschkurs besucht und ab Oktober 2005 an einem Integrationskurs mit täglich fünf Stunden Deutschunterricht teilgenommen hat, ist der Einwand wenig überzeugend. Darüber hinaus kommt es auf den Umfang der Deutschkenntnisse des Klägers nicht an. Denn maßgeblich ist, ob der Zeitraum, der dem Kläger zur Suche einer neuen Beschäftigung zur Verfügung stand, noch als angemessen anzusehen ist. Wird dieser Zeitraum überschritten, geht seine Position auf dem Arbeitsmarkt verloren. Dies gilt auch, wenn es dem Betreffenden aufgrund individueller Qualifikationsmängel nicht gelingt, in einem angemessenen Zeitraum eine Beschäftigung zu finden. Der angemessene Zeitraum wird dem türkischen Arbeitnehmer zugebilligt, weil er das Recht hat, sich frei auf dem Arbeitsmarkt zur Arbeitssuche zu bewegen. Kann er dieses Recht im Ergebnis aufgrund von Qualifikationsmängeln nicht wahrnehmen, geht es verloren. Nach Ablauf eines angemessenen Zeitraums ist davon auszugehen, dass eine begründete Aussicht auf Erfolg der Arbeitssuche nicht mehr besteht (vgl. EuGH, Urt. v. 26.2.1991, Rs. C-292/89, Antonissen zu Art. 48 EWG-Vertrag, Slg. 1991, I-00745, Rn. 21).

2. An der Rechtmäßigkeit der Ausreiseaufforderung und der Abschiebungsandrohung bestehen gemäß §§ 59 Abs. 1, 58 Abs. 2 Satz 2, 50 Abs. 1 AufenthG keine Zweifel. [...]