Besteht bezüglich der Identität eines Visumsbewerbers keine Gewissheit, ist die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG nicht erfüllt.
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Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung des begehrten Visums, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
Sie erfüllt nicht die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG. Hiernach setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass die Identität des Ausländers geklärt ist. Dies ist in Bezug auf die Klägerin nicht der Fall.
Die Klärung der Identität setzt die Gewissheit voraus, dass ein Visumbewerber die Person ist, für die er sich ausgibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. September 2011 - 5 C 27.10 -, InfAuslR 2012, 27 = juris Rn. 12, zur Klärung der Identität zum Zwecke der Einbürgerung nach § 10 StAG 2005), mithin Verwechslungsgefahr nicht besteht (vgl. Bäuerle, in: GK-AufenthG, Stand November 2006, § 5 Rn.80). Dabei haben nationale Reisepässe wie der von der Klägerin vorgelegte ghanaische Reisepass als öffentliche, internationale Anerkennung genießende staatliche Urkunden nach internationaler Übung grundsätzlich eine Identifikationsfunktion, indem sie in der Regel den Nachweis erbringen, dass der Inhaber die in dem Pass genannte, beschriebene und abgebildete Person ist und die dort enthaltenen Angaben mit deren tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen übereinstimmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2004 - 1 C 1.03 -, BVerwGE 120, 206 = juris Rn. 24, zur Ausstellung eines Reiseausweises nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GFK). Dieser Nachweis ist erforderlich, um eine einreisewillige Person jederzeit den sie betreffenden Verwaltungsvorgängen zuzuordnen, was die Grundvoraussetzung einer effektiven Ein- und Ausreisekontrolle darstellt.
Zuordnungskriterien sind in erster Linie der Name und Vorname sowie der Tag und Ort der Geburt. Nur wenn mit einer Person stets diese Zuordnungskriterien verbunden sind, kann sie zuverlässig von anderen Personen unterschieden werden (vgl. zu allem VG Berlin, Urteil vom 20. Mai 2005 - VG 28 V 14.04 -, juris Rn. 17).
Dabei vermag der Senat die Auffassung nicht zu teilen, da § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG die Rückkehrberechtigung sicherstellen wolle, sei die Identität des Ausländers im Zweifel auch dann geklärt, wenn seine Daten (lediglich) von dem passausstellenden Staat anerkannt werden (vgl. Bäuerle, a.a.O., Rn. 73, 80). Eine dahingehende Feststellung werden die Beklagte und die zuständige Ausländerbehörde im Visumverfahren ohnehin nicht zuverlässig treffen können. Im Übrigen ist zu bedenken, dass die Beeinträchtigung der mit persönlichen Daten verbundenen Identifikationsfunktion ein erhöhtes Risiko von Missbrauchsfällen, Straftaten sowie der Umgehung der Personenfahndung nach sich zieht (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2004, a.a.O., Rn. 26 f.).
Unabhängig von der allgemeinen Frage der Zuverlässigkeit des ghanaischen Urkundswesens hat die Klägerin ihre Identität hier nicht belegt. Dabei wäre aus den oben genannten Gründen schon die Feststellung nicht ausreichend, sie trage jedenfalls einen der von ihr im Verwaltungsverfahren angegebenen Vor- und Zunamen. Darüber hinausgehend kann aber nicht einmal eine solche Feststellung getroffen werden. Die insoweit darlegungspflichtige Klägerin hat sich nämlich wechselnd und widersprüchlich eingelassen. Auch die Amtsermittlungen der Beklagten haben ihre Identität nicht klären können.
Unglaubhaft ist schon ihre Behauptung, sie könne die Namen und Adressen der von ihr besuchten Schulen nicht aufschreiben und auch keine Zeugnisse vorlegen, da sie überall nur kurz zur Schule gegangen sei bzw. die Schule abgebrochen habe. Dem steht zum einen ihre Bekundung im Asylverfahren entgegen, sie sei zehn Jahre in K. zur Schule gegangen, ihre Schulzeugnisse befänden sich in Ghana. Zum anderen hatte sie gegenüber der deutschen Botschaft zunächst detailliert angegeben, sie habe die Vorschule in D., die Z. in K. und die S. in A. besucht. Erst als sie gebeten wurde, die Anschriften der Schulen anzugeben, was die Befragung des Schulleiters und damit die Überprüfung der Identität der Klägerin ermöglicht hätte, konnte sie keine sachdienlichen Angaben mehr machen. Im Remonstrationsverfahren trug sie andererseits vor, Herr K… habe ihr durch Zahlung der Schulgebühren den Schulbesuch ermöglicht. Nach alledem muss es in Ghana Schulunterlagen zu ihrer Identität geben, die sie aber offenbar nicht vorweisen möchte. Dies geht zu ihren Lasten.
Angesichts des von ihr eingeräumten Schulbesuchs in D., K. und A. ist auch ihre weitere Behauptung nicht nachvollziehbar, sie sei nicht imstande, sonstige Dokumente zu ihrer Person vorzulegen, da sie die gesamte Teenagerzeit in ihrem Heimatort verbracht habe.
Die Angaben zu ihrem Namen sind ebenfalls unschlüssig. Sie bezeichnete sich im Visumverfahren zunächst wie im Asylverfahren als A. Erst als der Vertrauensanwalt der Beklagten ermittelt hatte, dass sie in ihrem Heimatort bei allen Befragten außer ihrer Mutter als A. bekannt sei - was sich die Klägerin und ihre Mutter nicht erklären konnten -, machte sie Angaben zu diesem Namen. Sowohl die Klägerin als auch ihre Mutter behaupteten einerseits, der Name sei nie gebraucht worden. Andererseits berichteten beide dem Vertrauensanwalt, sie habe den Namen verwendet und zu einem ihnen allerdings nicht erinnerlichen Zeitpunkt abgelegt. Im gerichtlichen Verfahren hat die Klägerin lediglich bestritten, dass die in dem Bericht des Vertrauensanwalts genannten Personen sie "ausschließlich" mit dem Namen O. kennten. Bei ihrer Befragung durch die deutsche Botschaft am 19. März 2008 fügte die Klägerin an, ihr biologischer Vater habe ihr (wieder anders) den Namen A. gegeben.
Was die bei der Mutter der Klägerin aufgewachsene P. ("M.") angeht, vermerkte die Klägerin in einer von ihr für die deutsche Botschaft gefertigten Aufstellung "travel to unknown". Mehrere Bewohner des Heimatorts der Klägerin gaben jedoch an, die Klägerin sei von P. nach Deutschland mitgenommen worden. Dass die Klägerin P. Verbleib nicht kenne, ist in diesem Lichte unglaubhaft. Das Gleiche gilt für die pauschale Angabe ihrer Mutter, die P. immerhin aufgezogen hat, sie wisse nicht, wohin diese verreist sei.
Zu ihrem Geburtsort gab die Klägerin zunächst an, sie glaube, sie sei in A. geboren. Auf Nachfrage der deutschen Botschaft, ob ihre Mutter seinerzeit in A. gelebt habe, wechselte sie ihren Vortrag und behauptete, in D. geboren zu sein, es habe dort jedoch kein Krankenhaus gegeben, weswegen im Geburtenregister am 3. Juni 2004 A. (das dortige K.-Krankenhaus) als Geburtsort eingetragen worden sei. Welche Bedeutung indes diesem Umstand bei der Beurkundung der Geburt im Jahre 2004 noch zugekommen sein soll, erschließt sich nicht, zumal der Geburtseintrag vom 9. April 2008 D. als Geburtsort nennt.
Der biologische Vater der Klägerin soll gemäß der Angabe der Klägerin vom 19. März 2008 I. geheißen haben. Nach dem Auszug aus dem Geburtenregister vom 9. April 2008 sowie der Bekundung der Mutter der Klägerin von Oktober 2009 lautet sein Name indes I.
Während die Klägerin im Asylverfahren Ende 2003 angegeben hatte, ihr Vater (K., demnach ihr Stiefvater) sei 51 Jahre alt und Rentner, und bei ihrer Befragung durch die deutsche Botschaft im August 2004 mitteilte, sie habe bis zu ihrer Ausreise aus Ghana (zum Zwecke der Asylantragstellung) bei ihren Eltern - mithin unter anderem ihrem Stiefvater - gewohnt, bekundete sie gegenüber der deutschen Botschaft im März 2008, der Stiefvater sei bereits vor acht bis zehn Jahren verstorben.
Nicht nachvollziehbar ist ferner die Argumentation der Klägerin, sie trage den Wochentagsnamen A., weil sie an einem M. geboren sei. Wie die Beklagte zutreffend vorträgt, ist ... auf einen D. gefallen. Zudem leuchtet nicht ein, warum ihre vermeintliche Geburt an einem Montag gegen den Vornamen A. sprechen soll, ist er ihr von ihrem biologischen Vater doch nach ihrem eigenen Vorbringen so gegeben worden.
Die Kritik der Klägerin an dem Bericht des Vertrauensanwalts, dieser sei oberflächlich, teilt der Senat nicht. Dass er keine nachvollziehbare Untersuchungs- und Befragungsmethodik erkennen lasse, ändert im Übrigen nichts an den oben dargestellten, erheblichen Widersprüchen im Vortrag der Klägerin und ihrer Mutter, die ihrerseits schon nicht den Schluss zulassen, ihre Identität sei geklärt. Dies gilt gleichermaßen für die im Berufungsverfahren vorgelegte Taufbescheinigung.
Eine Eintragung der Klägerin in die Ausländerdatei nach § 64 AufenthV kommt nicht in Betracht, da hierdurch eine Klärung der Identität nicht eintritt.
Ein atypischer Fall im Sinne von § 5 Abs. 1 AufenthG, der ausnahmsweise einen Verzicht auf die Klärung der Identität geboten erscheinen ließe, ist nicht gegeben. Es liegt im eigenen Verantwortungsbereich der Klägerin, dass ihre Identität angesichts ihres nicht glaubhaften Vorbringens ungeklärt ist. [...]