OVG Rheinland-Pfalz

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Zitieren als:
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.02.2000 - 12 A 11834/99.OVG - asyl.net: M1991
https://www.asyl.net/rsdb/M1991
Leitsatz:

In Kamerun besteht keine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit allein wegen Mitgliedschaft in SDF; generell keine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit wegen Aktivitäten in Exilorganisationen (hier: HRDG, DUOC).

Schlagwörter: Kamerun, Sozialdemokratische Front, SDF, Mitglieder, Demonstrationen, Haft, Strafverfolgung, Glaubwürdigkeit, Nachfluchtgründe, Subjektive Nachfluchtgründe, Exilpolitische Betätigung, Human Rights Defence Group, Offener Brief, Organisation Democratic Union of Oppressed Cameroonians, DUOC, Demonstrationen, Überwachung im Aufnahmeland, Antragstellung als Asylgrund
Normen: AuslG § 51 Abs. 1
Auszüge:

Der Beigeladene kann Abschiebungsschutz auf der Grundlage des § 51 Abs. 1 AuslG nicht beanspruchen.

Der Beigeladene kann nicht als vorverfolgt angesehen werden, weil seine diesbezüglichen Angaben nicht glaubhaft sind. Es kann dem Beigeladenen nicht abgenommen werden, dass er in seinem Heimatland wegen seiner Aktivitäten für die Sozialdemokratische Front (SDF) und der Teilnahme an einem Protestmarsch verhaftet und zu einer mehrjährigen Freiheits- sowie einer Geldstrafe verurteilt wurde. Selbst wenn man von einer Mitgliedschaft des Beigeladenen in der SDF ausgeht, kann eine Vorverfolgung allein deswegen nicht angenommen werden.

Das Auswärtige Amt weist in seiner dem Verwaltungsgericht Augsburg erteilten Auskunft vom 1. März 1996 darauf hin, dass die SDF eine in Kamerun legale politische Partei ist; eine Verfolgung ihrer aktiven sowie passiven Mitglieder allein wegen der Parteizugehörigkeit sei sehr unwahrscheinlich. Dies bestätigt das Auswärtige Amt in seiner Auskunft vom 17. September 1999 (an VG Karlsruhe), wonach die SDF-Mitgliedschaft für sich gesehen keine Verfolgungsmaßnahmen auslöst. Dass eine Mitgliedschaft in der SDF nicht pauschal als Verfolgungsgrund angeführt werden kann, bekräftigt das Institut für Afrika-Kunde in seiner Auskunft vom 14. Juli 1999 (an VG Karlsruhe). Nach der dem Verwaltungsgericht Hannover unter dem 30. Dezember 1999 erteilten Auskunft von amnesty international ist es zwar zu Verhaftungen von Mitgliedern der SDF gekommen, allerdings im Zusammenhang mit - im Falle des Beigeladenen nicht gegebenen - gewalttätigen Auseinandersetzungen.

Die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG kann der Beigeladene aber auch nicht mit Rücksicht auf die geltend gemachten Nachfluchtgründe beanspruchen.

Zunächst wird seine Asylantragstellung im Rückkehrfalle nicht beachtlich wahrscheinlich zu Verfolgungsmaßnahmen führen. Den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes zufolge (vgl. nur Auskunft vom 17. April 1996 an VG Magdeburg) löst ein im Ausland gestellter Asylantrag bei der Rückkehr nach Kamerun nämlich keine Verfolgung aus.

Ebenso wenig sind dem Auswärtigen Amt (Auskunft vom 26. August 1998 an VG Mainz) bisher Fälle bekannt geworden, in denen Kameruner, die in Exilorganisationen im Ausland tätig waren, aufgrund dieser Tätigkeit nach ihrer Rückkehr nach Kamerun politisch verfolgt wurden. In diesem Zusammenhang liegen dem Auswärtigen Amt nicht einmal konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass kamerunische Stellen oppositionelle Gruppierungen von Kamerunern in Deutschland beobachten und infiltrieren. Bestätigt wird diese Einschätzung vom Bundesministerium des Innern (Auskunft vom 14. Mai 1998 an VG Mainz). Das Institut für Afrika-Kunde (Auskunft vom 17. April 1998 an VG Mainz) schließt zwar nicht aus, dass im Ausland besonders aktive Oppositionsaktivisten den kamerunischen Behörden auffallen und wie in Kamerun aktive Regierungsgegner in Abhängigkeit von der politischen "Konjunktur" verfolgt werden; eine beachtliche Verfolgungsgefahr für in Exilverbänden der SDF tätige Kameruner verneint es jedoch. Dem steht die Auskunft von amnesty international vom 4. Juli 1997 (an VG Hannover) nicht entgegen, die sich erkennbar auf im konkreten Einzelfall gegebene Besonderheiten bezieht, Präzedenzfälle für eine stattgefundene Verfolgung im Rückkehrfall aber nicht zu benennen vermag. Daraus kann auf eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit im Falle der Rückkehr des Beigeladenen deshalb nicht geschlossen werden.

Etwas hiervon Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem Engagement des Beigeladenen in der Human Rights Defence Group. Dabei handelt es sich der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 11. November 1999 (an VG München) zufolge um eine nicht-staatliche Menschenrechtsorganisation, die 1995 gegründet wurde und ihren Hauptsitz in Bamenda hat. Zwar trägt der Beigeladene vor, auf dem Kopfbogen dieser Organisaiton einen offenen Brief an den Präsidenten der Republik Kamerun gerichtet zu haben, der einer kamerunischen Zeitung zum Zwecke der Veröffentlichung zugefaxt worden sei. Eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit ergibt sich daraus aber schon deshalb nicht, weil dieser Brief - nach der vom Beigeladenen vorgelegten Kopie - lediglich dessen Vornamen enthält, nicht aber auch den Familiennamen. Dass der Beigeladene unter diesen Umständen als Verfasser oder sonstwie für diesen Brief Verantwortlicher identifiziert werden könnte, ist nicht ersichtlich.

Auch die Mitarbeit des Beigeladenen in der Democratic Union of Oppressed Cameroonians (DUOC) lässt eine Verfolgung nicht beachtlich wahrscheinlich befürchten. Denn bei dieser Organisation handelt es sich um eine hauptsächlich im Raum Düsseldorf/Köln/Bonn aktive Gruppierung regierungskritisch eingestellter Kameruner in Deutschland, deren Hauptzweck - nach der Vermutung oppositioneller Kreise Kameruns - in der Stützung von Asylbegehren kamerunischer Staatsangehöriger besteht, die aber mit der SDF weder personell noch organisatorisch zusammenhänge und deren Aktivitäten in der kamerunischen Öffentlichkeit nicht wahrgenommen würden (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 24. Juli 1998 an VG Stuttgart). Die politische Bedeutungslosigkeit dieser Organisation in Kamerun bedeute jedoch nicht, dass deren Mitglieder automatisch von Verfolgungsmaßnahmen durch die Regierung unbehelligt bleiben; dem Auswärtigen Amt sei aber von einer Verfolgung von Mitgliedern der DUOC nichts bekannt.