Diabetes Mellitus ist in Togo grundsätzlich behandelbar, eine staatliche Übernahme der Behandlungskosten kommt allerdings nicht in Betracht, so dass die Kosten in der Regel privat getragen werden müssen.
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Das Gericht geht auf der Grundlage dieser fachärztlichen Bescheinigungen, an deren Wahrheitsgehalt kein Anlass zu Zweifeln bestehen, davon aus, dass sich bei der Diabetes Mellitus-Erkrankung des Klägers um ein Leiden handelt, welches ohne die regelmäßige Zufuhr von Insulin sowie ohne die weitere erforderliche Medikation innerhalb kurzer Zeit zu schweren körperlichen Schädigungen oder zum Tod führt. Die schwere Schilddrüsenerkrankung und die damit in Zusammenhang stehenden Phasen von Vorhofflimmern kommen in seinem Fall erheblich erschwerend hinzu. Die für dieses komplexe Krankheitsbild lebensnotwendige Behandlung wird für den Kläger im Fall einer Rückkehr nach Togo aller Voraussicht nach nicht erreichbar sein.
Zwar ist Diabetes Mellitus in Togo nach den insoweit übereinstimmenden Stellungnahmen des Auswärtigen Amtes (vgl. zuletzt Lagebericht vom 16.08.2011, Seite 14) und der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (vgl. "Togo: Medizinische Versorgung" vom 16.07.2012, Seite 9) grundsätzlich behandelbar. In beiden Stellungnahmen wird indes berichtet, dass eine staatliche Übernahme der Behandlungskosten nicht in Betracht kommt. So muss nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes in Togo jeder Arztbesuch sofort bezahlt werden. Größere Eingriffe würden nur nach Vorauskasse durchgeführt. Da weniger als 5 % der Bevölkerung krankenversichert sei, müssten die Kosten in der Regel privat getragen werden, was mangels ausreichender finanzieller Mittel für einen großen Teil der Bevölkerung sehr schwierig sei. Wer diese Mittel nicht aufbringen könne, bleibe im Regelfall unbehandelt oder wende sich traditionellen, wenig erfolgreichen Behandlungsmethoden zu. Dies führt nach den Erkenntnissen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe dazu, dass ein großer Teil der Diabetiker in Togo einen ungenügenden Zugang zu Insulin hat.
Vor diesem Hintergrund dürfte der Kläger in Togo angesichts der Umstände des vorliegenden Einzelfalles nach seinen finanziellen Möglichkeiten nicht in der Lage sein, die Kosten der für ihn lebensnotwendigen medizinischen Behandlung aufzubringen. Er wäre angesichts dieser Auskunftslage darauf angewiesen, die nicht unerheblichen Kosten für die Behandlung der Diabetes- und der Schilddrüsenerkrankung durch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit aufzubringen. Dass der Kläger in der Lage wäre, auf diese Weise ausreichende Mittel für die notwendigen Medikamente und Arztbesuche zu erwirtschaften, kann angesichts seines Gesundheitszustandes nicht zugrunde gelegt werden. Hinsichtlich seiner Arbeitsfähigkeit kann der Ausländerakte zwar entnommen werden, dass er in der Bundesrepublik Deutschland mehrfach Erwerbstätigkeiten ausgeübt hat. Insoweit ist angesichts der bereits dargestellten fachärztlichen Stellungnahmen jedoch davon auszugehen, dass seine Arbeitsfähigkeit unter dem Vorbehalt der in diesen Stellungnahmen beschriebenen notwendigen medizinischen und medikamentösen Behandlung steht. Aufgrund des bei ihm vorhandenen komplexen Krankheitsbildes einer Diabetes Mellitus-Erkrankung in Verbindung mit einer schweren Schilddrüsenerkrankung mit Auswirkungen in Form von Vorhofflimmern/-flattern mit tachykardieinduzierter Herzinsuffizienz legt das Gericht zugrunde, dass eine adäquate Versorgung des gesamten Krankheitsbildes notwendig ist, um seine Arbeitsfähigkeit zu gewährleisten. Wie insbesondere der fachärztlichen Stellungnahme vom 08.11.2010 an das Regierungspräsidium Gießen entnommen werden kann, bestünde ansonsten selbst bei adäquater Behandlung seiner Diabetes Mellitus-Erkrankung die Gefahr schwerer Herzrhythmusstörungen. Angesichts dieser nur unter dem Vorbehalt adäquater medizinischer Versorgung eines komplexen Krankheitsbildes gegebenen Arbeitsfähigkeit ist mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Kläger im Fall einer Rückkehr nach Togo nicht in der Lage sein wird, die erforderlichen Voraussetzungen für die Herstellung seiner Arbeitsfähigkeit von sich aus allein zu schaffen. Dies gilt umso mehr unter Berücksichtigung der weiterhin diagnostizierten endoreaktiven Depression. Kann aber von der Arbeitsfähigkeit des Klägers in Togo nicht ausgegangen werden, fehlt bereits die erforderliche Grundlage für die Annahme, er werde die Kosten der für ihn lebensnotwendigen medizinischen Behandlung selbst aufbringen können.
Zudem verfügt der Kläger in seinem Heimatland auch nicht über eine Familie, die ihm ausreichende finanzielle oder sonstige Unterstützung leisten könnte. Nach den insoweit nicht widerlegbaren Angaben des Klägers über seine Familienverhältnisse sind allein noch seine betagten Eltern vorhanden, die ihrerseits auf finanzielle Unterstützung des Klägers hoffen würden.
Die Voraussetzungen für ein krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind daher gegeben. [...]