Ist eine verbindliche Prüfung, ob eine ausländische Adoption gegen den deutschen ordre public verstößt, bereits im Rahmen des Verfahrens nach dem Adoptionswirkungsgesetz durch das Amtsgericht erfolgt, besteht im aufenthaltsrechtlichen Verfahren kein Raum für eine inzidente Prüfung bezüglich der Anerkennungsfähigkeit, da die Amtsgerichtsentscheidung für und gegen alle wirkt.
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Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Auswärtigen Amtes vom 15. Februar 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten; sie hat einen Anspruch auf Erteilung des begehrten Visums zum Familiennachzug (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Erteilung eines Visums zum Familiennachzug ist § 6 Abs. 3 Satz 1 und 2 AufenthG i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG. Nach § 6 Abs. 3 S. 1 AufenthG ist für längerfristige Aufenthalte ein Visum für das Bundesgebiet (nationales Visum) erforderlich, das vor der Einreise erteilt wird. Die Erteilung richtet sich nach den für die Aufenthaltserlaubnis, die Niederlassungserlaubnis und die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG geltenden Vorschriften (vgl. § 6 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG ist dem ausländischen, minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. In diesem Fall ist sie abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG zu erteilen, der das Gesichertsein des Lebensunterhalts zur Nachzugsvoraussetzung macht (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 2 AufenthG).
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG sind vorliegend erfüllt.
1. Die Klägerin, die zum Zeitpunkt der Beantragung des streitgegenständlichen Visums 15 Jahre alt und damit minderjährig war (vgl. zur Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der Antragstellung Dienelt, in: Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl. 2011, § 28 AufenthG Rn. 9), begehrt die Erteilung eines Visums zum Nachzug zu Herrn Dr. K., dem Bruder ihrer verstorbenen Mutter. Dieser besitzt unstreitig die deutsche Staatsangehörigkeit und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet.
2. Infolge der von dem Friedensgericht in Kinshasa ausgesprochenen Adoption der Klägerin durch Herrn Dr. K., deren Anerkennung das Amtsgericht Stuttgart unter dem 31. Oktober 2008 festgestellt hat, ist zwischen der Klägerin und ihrem Adoptivvater auch wirksam ein Eltern-Kind-Verhältnis im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG begründet worden.
a) Dem steht nicht der Umstand entgegen, dass das Friedensgericht in Kinshasa lediglich eine schwache Adoption ausgesprochen hat. Bei einer Adoption nach kongolesischem Recht handelt es sich deswegen um eine schwache Adoption, weil die Beziehungen zu der leiblichen Familie des Angenommenen weiterhin aufrecht erhalten bleiben, das Eltern-Kind-Verhältnis zu den leiblichen Eltern also nicht erlischt (vgl. Art. 678 Abs. 1 Code de la Famille der DR Kongo, wonach der Adoptierte seine Verwandtschaftsbeziehung zu seiner ursprünglichen Familie behält; vgl. zudem Bundeszentralstelle für Auslandsadoption - BZAA -, "Die rechtlichen Wirkungen einer im Ausland oder nach ausländischem Recht ausgesprochenen Adoption eines minderjährigen Kindes", Staatenliste, DR Kongo, Stand 4/2008, S. 47). Davon geht auch das Amtsgericht Stuttgart in seiner Entscheidung aus, in der ausdrücklich festgehalten worden ist, dass das Eltern-Kind-Verhältnis des angenommenen Kindes zu seinen verstorbenen leiblichen Eltern durch die Annahme als Kind nicht erloschen sei. Dennoch wird durch eine solche schwache Adoption ein dauerhaftes Eltern-Kind-Verhältnis auch zu dem Annehmenden begründet (vgl. BZAA, a.a.O., S. 3). Demgemäß sieht auch Art. 677 Abs. 1 des Code de la Famille der DR Kongo vor, dass der Adoptierte in jeder Hinsicht wie ein Kind des Adoptierenden angesehen werde.
b) Gegen das Vorliegen einer wirksamen Adoption der Klägerin durch Herrn K... kann auch nicht erfolgreich eingewandt werden, dass die kongolesische Adoptionsentscheidung gegen den deutschen ordre public verstoße und nichtig sei, so dass die Anerkennung der Auslandsadoption durch das Amtsgericht Stuttgart ins Leere gehe und daher nicht beachtet werden müsse.
aa) Für eine inzidente Prüfung der Anerkennungsfähigkeit der kongolesischen Adoptionsentscheidung, insbesondere für eine eigenständige Prüfung, ob die ausländische Adoptionsentscheidung gegen den deutschen ordre public verstößt, ist im hiesigen aufenthaltsrechtlichen Verfahren kein Raum. Denn diese Prüfung ist bereits verbindlich im Rahmen des Verfahrens nach dem Adoptionswirkungsgesetz durch das Amtsgericht Stuttgart erfolgt. Dieses hat in seinem Beschluss vom 31. Oktober 2008 ausdrücklich ausgeführt, dass Ausschlussgründe für die Anerkennung nach § 16a Nr. 4 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG, nunmehr § 109 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG -) nicht vorlägen, wonach die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung ausgeschlossen ist, wenn die Anerkennung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar ist. Dementsprechend hat das Amtsgericht Stuttgart festgestellt, dass die Adoptionsentscheidung des Friedensgerichts von Kinshasa anzuerkennen sei. Gleichzeitig enthält die Entscheidung zum Umfang der Wirkung der ausländischen Adoption die Feststellung, dass das Eltern-Kind-Verhältnis des angenommenen Kindes zu seinen verstorbenen leiblichen Eltern durch die Annahme als Kind nicht erloschen sei, dass das Annahmeverhältnis jedoch in Ansehung der elterlichen Sorge und Unterhaltspflicht einem nach deutschem Sachvorschriften begründeten Annahmeverhältnis gleichstehe.
Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AdWirkG wirkt diese Anerkennungsfeststellung für und gegen alle. Diese Vorschrift verdeutlicht den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, auf der Grundlage des Adoptionswirkungsgesetzes eine für alle Seiten verbindliche und Rechtssicherheit vermittelnde Rechtslage zu schaffen.
In diesem Sinne ergibt sich auch aus der amtlichen Begründung des Adoptionswirkungsgesetzes (vgl. BT-Drs. 14/6011 vom 10. Mai 2001), dass das Verfahren der Anerkennungs- und Wirkungsfeststellung ausländischer Adoptionen durch die Vormundschaftsgerichte der Rechtssicherheit dienen soll. In der Begründung heißt es dazu, dass für die Adoptivfamilie, aber auch für andere Teilnehmer am Rechtsverkehr sowie für staatliche Stellen ein Bedürfnis bestehe, Bestand und Inhalt des durch einen ausländischen Adoptionsakt begründeten Kindschaftsverhältnisses verbindlich geklärt zu sehen (vgl. BT-Drs. 14/6011, S. 28). Als Ergebnis eines erfolgreich durchgeführten Verfahrens solle das Kind eine in gleicher Weise endgültig gesicherte Rechtsstellung erhalten ebenso wie nach einer Wiederholung der Adoption im Inland (vgl. BT-Drs. 14/6011, S. 31). Das bedeute, dass das zwischen dem Kind und den Adoptiveltern begründete Rechtsverhältnis - sehe man von einer möglichen Wiederaufhebung ab - durch Fehler des ausländischen Adoptionsakts grundsätzlich nicht mehr in Frage gestellt werde und dass der Wirkungsausspruch ebenso wie ein Annahmeausspruch (…) weder abgeändert noch angefochten werden könnten (vgl. BT-Drs. 14/6011, ebd.). Mit dem Wirkungsausspruch erhalte das Kind eine abgesicherte Rechtsstellung. Diese erschöpfe sich (…) nicht darin, den durch eine ausländische Entscheidung bereits herbeigeführten Wirkungen Geltung im Inland zu verschaffen, sondern beinhalte zusätzlich eine Bestätigung oder - je nach Lage des Falles - Umgestaltung dieser Rechtswirkungen. Diese werde auch nicht dann hinfällig, wenn sich der ausländische Adoptionsakt im Nachhinein als nach dem zugrunde liegenden ausländischen Recht unwirksam herausstelle (vgl. für alles vorstehende BT-Drs. 14/6011, ebd.).
Damit sind die Feststellungen des Amtsgerichts Stuttgart in seinem Beschluss vom 31. Oktober 2008 angesichts der gesetzlich normierten Bindungswirkung im Ergebnis sowohl für die Beklagte als Behörde als auch für die erkennende Kammer verbindlich, soweit es vorliegend auf das Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses als Vorfrage im Rahmen der Prüfung der Nachzugsvoraussetzungen ankommt (vgl. Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 17. November 2011 - OVG 12 B 2.11 -, zit. nach juris). Insbesondere besteht kein Raum für eine eigenständige Prüfung, ob die ausländische Adoptionsentscheidung gegen den deutschen ordre public verstößt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, ebd.).
bb) Darüber hinaus leidet die Entscheidung des Amtsgerichts Stuttgart vom 31. Oktober 2008 auch nicht an einem offensichtlichen und schwerwiegenden rechtlichen Mangel, der rechtfertigen könnte, den Beschluss wegen greifbarer Rechtswidrigkeit als wirkungslos zu behandeln (vgl. zu den Voraussetzungen für eine Durchbrechung der Bindungswirkung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AdWirkG im eng begrenzten Ausnahmefall OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O.; OVG Hamburg, Urteil vom 19. Oktober 2006, - 3 Bf 275/04 -, zit. nach juris).
Das Amtsgericht Stuttgart hat in dem in Rede stehenden Anerkennungsverfahren sowohl eine Stellungnahme der BZAA als auch zwei Stellungnahmen des Kreisjugendamtes des Landratsamts ... sowie eine Stellungnahme der Caritas aus Boma eingeholt. Es hat Herrn Dr. K. zudem persönlich angehört. Dass das Amtsgericht Stuttgart in der Begründung seines Beschlusses dann nicht explizit auf die Vorschriften des kongolesischen Adoptionsrechts und die von der BZAA geäußerten Bedenken eingegangen ist, begründet keinen offensichtlichen schwerwiegenden rechtlichen Mangel im Sinne sorgenannter Maßstäbe. Denn es hat sich ausweislich der Beschlussbegründung jedenfalls mit den Ausschlussgründen des § 16a Nr. 4 FGG auseinandergesetzt und diese verneint. Etwa verbleibende Zweifel daran, ob das Friedensgericht in Kinshasa eine Kindeswohlprüfung vorgenommen hat oder ob überhaupt ein Adoptionsbedürfnis bestand, vermögen die Durchbrechung der Bindungswirkung nicht zu rechtfertigen. Auch eine etwaige inhaltliche Unrichtigkeit des Beschlusses des Amtsgerichts Stuttgart genügt nicht für die Annahme offensichtlicher und schwerwiegender Mängel. Denn die Beurteilung eines Anerkennungshindernisses nach § 16a FGG kann vorliegend allenfalls bei näherer Befassung mit der Sach- und Rechtslage, insbesondere mit den konkreten Umständen des Einzelfalls erfolgen, was eine nochmalige inhaltliche Überprüfung der Anerkennungsfähigkeit zur Folge hätte. Die Beurteilung der Frage, ob ein offensichtlicher und schwerwiegender rechtlicher Mangel vorliegt, darf jedoch angesichts der Bindungswirkung nach § 4 Abs. 2 AdWirkG nicht darauf hinauslaufen, die Anerkennungsfähigkeit der Adoption nochmals vollständig inhaltlich zu prüfen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O.).
Ein offensichtlicher und schwerwiegender rechtlicher Fehler des Anerkennungsbeschlusses des Amtsgerichts Stuttgart vom 31. Oktober 2008 ergibt sich auch nicht daraus, dass eine vermeintlich nichtige ausländische Adoption anerkannt worden ist. Denn selbst dann, wenn der ausländische Rechtsakt nichtig sein sollte, kann daraus nicht automatisch ein offensichtlicher und schwerwiegender rechtlicher Mangel hergeleitet werden, der allein die Durchbrechung der Bindungswirkung nach dem Adoptionswirkungsgesetz rechtfertigen könnte. Der Gesetzgeber geht im Ergebnis vielmehr davon aus, dass Fehler jedweder Art, die der ausländischen Adoptionsentscheidung anhaften, für die Bindungswirkung eines Anerkennungsbeschlusses nach dem Adoptionswirkungsgesetz grundsätzlich unbeachtlich sein sollen. Insoweit hat er in der amtlichen Begründung ausdrücklich festgehalten, dass die Bestätigung oder Umgestaltung der Rechtswirkungen der ausländischen Entscheidung auch dann nicht hinfällig werde, wenn sich der ausländische Adoptionsakt im Nachhinein als nach dem zugrunde liegenden ausländischen Recht unwirksam herausstelle (vgl. für das Vorstehende BT-Drs. 14/6011, S. 31). An anderer Stelle wird in der amtlichen Begründung ausgeführt, dass das Ergebnis eines erfolgreich durchgeführten Verfahrens nach dem Adoptionswirkungsgesetz durch Fehler des ausländischen Adoptionsakts grundsätzlich nicht mehr in Frage gestellt werden könne (vgl. BT-Drs., ebd.). Hierbei wird nicht zwischen rechtlichen Fehlern, die lediglich die Rechtswidrigkeit der Adoption zur Folge haben, oder solchen, die die Nichtigkeit der Adoption begründen, differenziert.
Ein offensichtlicher und schwerwiegender rechtlicher Mangel haftet dem Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 31. Oktober 2008 - entgegen der Sichtweise der Beklagten - auch nicht deshalb an, weil sich dem Gericht die Nichtigkeit der kongolesischen Adoptionsentscheidung hätte aufdrängen müssen, so dass sein Beschluss wegen greifbarer Rechtswidrigkeit keine Wirkungen zeitige. Bereits die drei verschiedenen Stellungnahmen des von der Botschaft Kinshasa beauftragten Vertrauensanwalts verdeutlichen, dass auch für diesen die Begründung der Nichtigkeit der kongolesischen Adoptionsentscheidung mit erheblichem Aufwand verbunden und keineswegs sofort eindeutig und umfassend möglich war. Warum sich die Nichtigkeit der Adoptionsentscheidung deshalb dem Amtsgericht Stuttgart hätte aufdrängen müssen, ist daher nicht erkennbar. Eine greifbare Rechtswidrigkeit des amtsgerichtlichen Beschlusses kann schon deshalb nicht angenommen werden.
Darüber hinaus ist der Beklagten bereits darin nicht zu folgen, dass die Adoptionsentscheidung des Friedensgerichts in Kinshasa nichtig sei, denn die dafür herangezogenen Ausführungen des beauftragten Vertrauensanwalts stellen sich als nicht tragfähig dar.
Zunächst ist der Vertrauensanwalt davon ausgegangen, dass die Adoption schon deshalb nichtig sei, weil Herr Dr. K. als Priester und damit als alleinstehende Person nicht adoptionsberechtigt gewesen sei. Da er nicht verheiratet sei und nicht bereits drei lebende Kinder habe, dürfe er nicht adoptieren, was zur Nichtigkeit des Adoptionsakts führe. Dies ergibt sich aus den kongolesischen Vorschriften jedoch nicht. So regelt Art. 669 Code de la Famille (abgedruckt in: Bergmann/Ferid, Länderteil Kongo, Demokratische Republik) ausdrücklich die Adoption durch Alleinstehende, wonach die Adoption durch eine ledige, verwitwete oder geschiedene Person des anderen Geschlechts nur genehmigt werden kann, wenn die Umstände es rechtfertigen. Zudem sieht Art. 656 Abs. 2 Code de la Famille vor, dass die Adoption nur denjenigen Personen gestattet ist, die am Tag der Adoption weniger als drei lebende Kinder haben. Dass sie mindestens drei Kinder haben müssen, trifft damit ganz offensichtlich nicht zu.
Darüber hinaus kommt der Vertrauensanwalt auch deshalb zu dem Schluss, die Adoptionsentscheidung des Friedensgerichts in Kinshasa sei nichtig, weil bestimmte Verfahrensvorschriften nicht eingehalten worden seien. So hätten weder Herr Dr. K. noch die Klägerin im Verhandlungstermin am 4. Mai 2006 persönlich der Adoption zugestimmt. Aus der Adoptionsentscheidung ergibt sich jedoch, dass die Klägerin bereits zuvor, nämlich am 3. Mai 2006 persönlich in einer Verhandlung des Gerichts, ihre Zustimmung erteilt hatte.
Zudem macht der Vertrauensanwalt Ausführungen zu Art. 662 Abs. 2 Code de la Famille, in dem es um die Zustimmung der Eltern des zu adoptierenden Minderjährigen geht. Auch diese Vorschrift ist jedoch nicht einschlägig, da beide Elternteile der Klägerin im Zeitpunkt der Adoption bereits verstorben waren. Auf den möglicherweise einschlägigen Art. 664 Code de la Famille, in dem es um die Zustimmung des Vormunds für den Fall geht, dass der zu Adoptierende weder Mutter noch Vater hat, wird dagegen nicht eingegangen.
Schließlich ist nicht nachvollziehbar, woraus der Vertrauensanwalt herleitet, dass die Adoptionsentscheidung angesichts der von ihm angenommenen Mängel nichtig sei. Zunächst bezieht er sich lediglich auf Art. 652 Code de la Famille, wonach die Bestimmungen bezüglich der Adoption zwingend seien. Daraus folge, dass ein Verstoß gegen diese Vorschriften zur Nichtigkeit führe. In seiner weiteren Stellungnahme vom 5. März 2010 macht der Vertrauensanwalt darauf aufmerksam, dass die Nichtigkeit aus einer Verletzung von Art. 683 Code de la Famille folge. Danach ist jede Sondervereinbarung, die die gesetzlichen Wirkungen der Adoption abändert, nichtig und gilt als nicht geschrieben. Vorliegend geht es aber nicht um eine Sondervereinbarung, die auf eine Änderung der Wirkungen der Adoption abzielt, sondern um die Rechtmäßigkeit einer gerichtlichen Entscheidung, die diese Wirkungen gerade erst herbeigeführt hat.
Weiter führte der Vertrauensanwalt aus, der Adoptionsbeschluss sei deshalb fehlerhaft, weil in dem Verfahren kein Mitglied der Familie der Klägerin väterlicherseits beteiligt worden sei. Warum dies aber zur Nichtigkeit des Beschlusses führen sollte, ist nicht erkennbar. Schließlich wurde im Verfahren vor dem Amtsgericht Stuttgart eine Geburtsbescheinigung der Klägerin vom 25. Mai 2007, ausgestellt vom Standesamt der Stadt Kinshasa, vorgelegt, in der Herr E... als ihr Vater ausgewiesen wird. Die Adoption ist also entgegen den Angaben des Vertrauensanwalts auch offiziell registriert worden.
Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass Gründe für eine Nichtigkeit der ausländischen Adoptionsentscheidung auf der Grundlage des kongolesischen Code de la Famille nicht erkennbar sind. Es kann auch aus diesem Grund nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 31. Oktober 2008 an einem offensichtlichen und schwerwiegenden rechtlichen Mangel leidet und wegen der Unwirksamkeit der anzuerkennenden Adoptionsentscheidung ins Leere geht.
3. Die Klägerin hat schließlich durch die wirksame schwache Adoption nicht nach § 6 Satz 1 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) die deutsche Staatsangehörigkeit erworben, so dass es sich bei ihr um ein ausländisches Kind eines deutschen Staatsangehörigen im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG handelt.
Nach § 6 Satz 1 StAG erwirbt das Kind, das im Zeitpunkt des Annahmeantrags das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, mit der nach den deutschen Gesetzen wirksamen Annahme als Kind durch einen Deutschen die deutsche Staatsangehörigkeit. Wie oben ausgeführt wurde, ist angesichts des Beschlusses des Amtsgerichts Stuttgart vom 31. Oktober 2008 davon auszugehen, dass eine wirksame Adoption gegeben ist. Die Bindungswirkung des Anerkennungsbeschlusses nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AdWirkG bezieht sich jedoch nicht auf staatsangehörigkeitsrechtliche Folgen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Juli 2007, 5 B 4/07; Renner/Maaßen, in: Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl., § 6 StAG Rn. 24). Maßgeblich ist insoweit allein § 6 StAG, der dahingehend auszulegen ist, dass eine Adoption, die die Rechtswirkungen des § 6 StAG auslöst, voraussetzt, dass die Adoption in ihrer rechtlichen Ausgestaltung einer Minderjährigen-Adoption nach deutschem Recht im Hinblick auf den Erwerb der Staatsangehörigkeit gleichwertig ist. Für diese Gleichwertigkeit ist eine rechtliche Gleichstellung des angenommenen Kindes mit dem leiblichen Kind des Annehmenden vonnöten. Weiter ist erforderlich, dass die Aufhebung des Annahmeverhältnisses nur unter ähnlich eingeschränkten Voraussetzungen zulässig ist, wie sie in §§ 1759, 1761, 1763 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) normiert sind. Dem Erwerb der Staatsangehörigkeit steht schließlich nicht entgegen, dass einzelne rechtliche Beziehungen zu den leiblichen Eltern bestehen bleiben (für alles Vorstehende vgl. Renner/Maaßen, ebd.).
Von einer Gleichwertigkeit der (schwachen) Adoptionsentscheidung des Friedensgerichts in Kinshasa mit einer Minderjährigen-Adoption nach deutschem Recht kann jedoch vorliegend nicht ausgegangen werden. Denn das Verwandtschaftsverhältnis der Klägerin zu ihrer ursprünglichen Familie bleibt nach dem Code de la Famille vollständig aufrechterhalten. Nach Art. 650 Code de la Famille schafft die Adoption von Gesetzes wegen zwar ein von der ursprünglichen Abstammung des Adoptierten abweichendes Abstammungsverhältnis. Nach Art. 677 Code de la Famille wird der Adoptierte auch in jeder Hinsicht wie ein Kind des Adoptierenden angesehen und tritt in die Familie des Adoptierenden ein. Nach Art. 678 Abs. 1 Code de la Famille behält der Adoptierte jedoch zugleich seine Verwandtschaftsbeziehung zu seiner ursprünglichen Familie, wobei in allen Fällen, in denen eine Wahl zwischen der Adoptivfamilie und der ursprünglichen Familie getroffen werden muss, die Adoptivfamilie vorzuziehen ist, es sei denn, das Gesetz bestimmt etwas anderes. Auch wenn es dem Erwerb der Staatsangehörigkeit nicht entgegensteht, dass einzelne rechtliche Beziehungen zu den leiblichen Eltern bestehen bleiben (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 19. Oktober 2006, Az.: 3 BF 275.04, zit. nach juris), kann eine Gleichwertigkeit nach Auffassung der erkennenden Kammer jedenfalls dann nicht bejaht werden, wenn das Verwandtschaftsverhältnis zur leiblichen Familie ohne Einschränkungen zur Gänze bestehen bleibt (vgl. insoweit auch VG Augsburg, Urteil vom 15. April 2008, Az.: Au 1 K 08.169, zit. nach juris). Es handelt sich dann gerade nicht um die Aufrechterhaltung nur einzelner rechtlicher Beziehungen.
Die Möglichkeiten, nach denen eine Adoption nach deutschem Recht aufgehoben werden kann, sind zudem wesentlich detaillierter geregelt (vgl. §§ 1759, 1760, 1761, 1763 BGB). Das kongolesische Recht sieht zwar eine Widerrufsmöglichkeit auch nur im Ausnahmefall aus schwerwiegenden Gründen auf Antrag des Adoptierenden oder des Adoptierten vor (vgl. Art. 691 Code de la Famille), nennt aber keine näheren Voraussetzungen. Eine Vergleichbarkeit der rechtlichen Vorschriften kann deshalb auch in diesem Punkt nicht angenommen werden. [...]