VG Bremen

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Zitieren als:
VG Bremen, Gerichtsbescheid vom 08.06.2012 - 4 K 1512/11 - asyl.net: M19980
https://www.asyl.net/rsdb/M19980
Leitsatz:

Eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 4 Abs. 5 AufenthG ist auf Antrag zu erteilen. Lediglich bei Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt entfällt die Pflicht, eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 4 Abs. 5 AufenthG auszustellen.

Schlagwörter: Niederlassungserlaubnis, Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG, Daueraufenthaltsberechtigte, Daueraufenthalt, türkische Staatsangehörige,
Normen: ARB 1/80 Art. 6 Abs. 1 1. Spiegelstrich, AufenthG § 4 Abs. 5 S. 1, AufenthG § 4 Abs. 5 S. 2, AufenthG § 98 Abs. 2 Nr. 1,
Auszüge:

[...]

Die Kammer geht ebenso wie die Beteiligten davon aus, dass dem Kläger ein Aufenthaltsrecht aufgrund seines Rechts aus Art. 6 Abs. 1 1. Spiegelstrich ARB Nr. 1/80 EWG/Türkei zusteht. Infolgedessen ist der Kläger gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 AufenthG "verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG besitzt". Nach § 4 Abs. 5 Satz 2 AufenthG "wird die Aufenthaltserlaubnis auf Antrag ausgestellt". Schon der Gesetzeswortlaut ergibt, dass ein nach dem ARB Nr. 1/80 EWG/Türkei Berechtigter dieses Recht durch den entsprechenden Aufenthaltstitel nachweisen muss. Mit dieser Pflicht ist die entsprechende Mitwirkung der Ausländerbehörde verbunden, die mithin die Aufenthaltserlaubnis auszustellen hat. Ihr steht dabei kein Ermessen zu. Die Pflicht zur Ausstellung entfällt nur beim Vorhandensein einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG, welche im Fall des Klägers nicht vorliegen. Dass nur beim Vorhandensein solcher Aufenthaltstitel eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 4 Abs. 5 AufenthG nicht auszustellen ist, belegen auch die Gesetzesmaterialien: Im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum AufenthG 2007, BT-Drs. 16/5065 vom 23.04.2007, S. 159 heißt es: "Es handelt sich um eine redaktionelle Korrektur, wodurch klargestellt wird, dass türkische Inhaber einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG nicht einer Aufenthaltserlaubnis zum Nachweis eines ihnen zustehenden Assoziationsrechts bedürfen". Die Formulierung des OVG Berlin-Brandenburg im Urteil vom 22.02.2011 - 12 B 20.08 -, juris: "Lediglich wer sein Aufenthaltsrecht bereits durch einen konstitutiven Titel nach nationalem Recht nachweisen kann, bedarf naturgemäß keiner (weiteren) deklaratorischen Aufenthaltserlaubnis" erscheint der erkennenden Kammer daher als zu weitgehend, weil sie auch nur befristete konstitutive Titel einschließt, die in § 4 Abs. 5 Satz 1 AufenthG aber nicht aufgeführt werden.

Im Übrigen spricht gegen die ablehnende Haltung der Beklagten auch, dass gem. § 98 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG derjenige Ausländer ordnungswidrig handelt, der entgegen § 4 Abs. 5 Satz 1 AufenthG einen Nachweis nicht führt. Der Ausländer ist mithin gehalten, in den Besitz der Aufenthaltserlaubnis als Nachweis zu gelangen, um nicht dem Vorwurf der Ordnungswidrigkeit ausgesetzt zu sein. Dabei hat die Ausländerbehörde ihren Teil beizutragen.

Hieran ändern auch die von der Beklagten angeführten technischen Schwierigkeiten bei der Erteilung mehrerer Aufenthaltserlaubnisse nebeneinander nichts. Sie sind zudem nicht weiter konkretisiert worden. [...]