Die Erstattung der Auslagen in einem haftrechtlichen Verfahren durch die Ausländerbehörde entspricht der Billigkeit auch dann, wenn das Haftgericht ohne Mitwirkung der Ausländerbehörde einen grundlegenden Verfahrensfehler begeht, der zur Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung führt, also wenn die Ausländerbehörde "schuldlos" ist, da es unbilliger wäre, den betroffenen Ausländer trotz Verletzung seiner Rechte die eigenen Auslagen selbst tragen zu lassen.
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Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass neben einer Kostenerstattungsanordnung nach § 430 FamFG auch eine Ermessensentscheidung über die Kostenlast nach § 81 FamFG in Betracht kommt. Ist ein Betroffener durch eine seine Freiheit entziehende richterliche Anordnung in seinen Rechten verletzt worden, entspricht es unter Berücksichtigung der Regelung in Art. 5 Abs. 5 EMRK billigem Ermessen, wenn er die eigenen Auslagen nicht selbst zu tragen hat (vgl. BGH, 29.04.2010 - V ZB 218/09; 06.05.2010 - V ZB 223/09; 18.11.2010 - V ZB 165/10). Für eine Kostenerstattungsanordnung gegen die Landeskasse im laufenden Verfahren fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage; sie scheidet deshalb aus. Als Kostenträger ist deshalb diejenige am Verfahren beteiligte Körperschaft heranzuziehen, die aufgrund des Haftantrags ihrer Ausländerbehörde für die Verletzung der Rechte mit ursächlich geworden ist. Die Beteiligte ist auch nicht Dritter im Sinne von § 81 Abs. 4 FamFG, so dass es auf die Frage groben Verschuldens auf Seiten der Ausländerbehörde nicht weiter ankommt.
Die Entscheidung, der Beteiligten die Erstattung der notwendigen Auslagen des Betroffenen aufzuerlegen, entspricht nicht allein dann der Billigkeit, wenn die Ausländerbehörde einen den gesetzlichen Anforderungen nicht genügenden Haftantrag gestellt hat, sondern auch dann, wenn das Haftgericht ohne Mitwirkung der Ausländerbehörde einen grundlegenden Verfahrensfehler begeht, der zur Rechtswidrigkeit der Freiheitsanordnung führt, also wenn die Ausländerbehörde "schuldlos" ist. Der Bundesgerichtshof hat dies für Fälle entschieden, in denen es das Haftgericht versäumt hatte, den Ausländer über sein Recht zu belehren, die konsularische Vertretung seines Heimatlands von seiner Inhaftierung zu unterrichten (BGH, 06.05.2010 - V ZB 223/09) bzw. in denen weder dokumentiert ist, dass der Ausländer auf dieses Recht ausdrücklich verzichtet hat, noch dass die Unterrichtung sofort erfolgt ist (BGH, 18.11.2010 - V ZB 165/10).
Soweit diese Rechtsprechung in Teilen der Literatur kritisiert wird (Keidel/Budde, FamFG, 17. Aufl., § 430 Rn. 14), sind die gegen die Rechtsprechung des BGH vorgebrachten Bedenken nicht durchgreifend. Zwar ist es verständlich, wenn es als unbillig angesehen wird, den Rechtsträger der antragstellenden Behörde kostenbezogen für Verfahrensfehler des Gerichts haften zu lassen, obwohl die Behörde den Verfahrensfehler nicht zu verantworten hat. Eine solche Betrachtungsweise reicht aber nicht weit genug. Weitaus unbilliger wäre es, den betroffenen Ausländer trotz der Verletzung seiner Rechte die eigenen Auslagen selbst tragen zu lassen oder ihn darauf zu verweisen, gesondert Entschädigungsansprüche gegenüber dem Land Niedersachsen geltend zu machen. Insbesondere in Fällen der durchgeführten Abschiebung wäre es dem Ausländer praktisch kaum möglich, seine Rechte hinreichend zu verfolgen. Zudem ist zu bedenken, dass sowohl Ausländerbehörde als auch das die Freiheitsentziehung anordnende Gericht der öffentlichen Hand angehören und aus Sicht des Ausländers vielfach als Einheit ("der Staat") angesehen werden.